Durch Lettlands Sonne IV: Končar-Flut in Liepāja

Für diesen Teil des Reiseberichts steht ein ganzer Tag Liepāja auf dem Programm. Dabei erwarten uns jede Menge Končar-Bilder entlang des gesamten Streckennetzes. Aber auch KT4D haben sich in den Bericht geschlichen, obwohl diese nicht mehr im Planverkehr laufen.


Dienstag, 9. Mai 2023: Končar-Flut in Liepāja

Der Tag begann mit dem Klingeln des Weckers um 6 Uhr für meine Begriffe viel zu früh. Doch dies war notwendig, um den Bus um 7:05 Uhr ab Riga Autoosta zu bekommen. Und so wurde sich schnell in Schale geschmissen. Das Frühstück musste heute bedauerlicherweise ausgelassen werden, denn der Frühstücksraum öffnete erst ab 6:30 Uhr und das war leider ein wenig zu spät um dann noch den Bus um 7 Uhr zu bekommen. Daher wurde das Hotel direkt Verlassen und es ging mit der nächsten Bahn von der Haltestelle Grēcinieku iela bis zum Centrāltirgus, an dem sich der Autoosta Rigas befindet. Dort wurde einer der vielen Narvesen angelaufen. Im Gegensatz zu den anderen Narvesen in der Nähe des Centrāltirgus handelte es sich bei dem direkt am Busbahnhof aber um den einzigen, der so früh schon seine Pforten geöffnet hat. Und so wurde etwas Essbares für die Busfahrt und als Ersatz fürs entgangene Frühstück gekauft. Natürlich durfte auch der übliche große Kaffee aus dem Kaffeevollautomaten nicht fehlen, die es anständigerweise in jedem Narvesen gibt. Mit genügend Proviant für den ersten Teil des Tages bewaffnet, ging es dann zum Busbahnhof und es wurde auf den Bus gewartet, der uns nach Liepāja bringen sollte.

Dieser kam auch pünktlich in Form eines Mercedes Intouro vorgefahren. Bei diesem Modell handelte es sich immer noch um das Gleiche, mit welchem auch schon auf der Reise von 2021 nach Liepāja geritten wurde. Und so kramte der Busfahrer auch noch bei unserer Reise die Liste in Form eines Zettels heraus und hakte jeden Fahrgast einzeln ab. Muss ja auch alles seine Ordnung haben. Wir hatten den Premiumplatz genau hinter dem Busfahrer. Dieser hatte einerseits den Vorteil, dass dort mehr Beinfreiheit vorhanden war, als auf den anderen Sitzplätzen, andererseits konnte man so auch gemütlich durch die große Fensterscheibe vorne herausgucken. Kurz nach dem Einsteigen wurde der Motor angeschmissen und der Bus begann sich durch die Baustelle am Centrāltirgus zu kämpfen. Als er dort heraus gehuppelt war, ging es relativ schnell auf die Landstraße, die uns nach Liepāja bringen sollte. Auf einer Straßenkarte hatte ich schon im Voraus festgestellt, dass es sich dabei um die einzige Straße nach Liepāja handelt und nach kurzer Zeit verstand ich auch warum. Denn aus dem Frontfenster heraus war weit und breit nur Pampa zu erkennen. Und so fuhren wir die ersten 1,5 Stunden durchgängig über Land, ohne durch einen Ort zu kommen. Die Straße war dafür trotzdem in einem sehr guten Zustand und es fuhr sich sehr ruhig. Aber neben dieser Straße gab es auch nur Feldwege, die von der Straße abgingen und von denen kein einziger gepflastert war. Trotz des Umstandes, dass es nur durch die lettische Landschaft ging, war es keineswegs so, dass der Bus nicht hielt. Immer wieder ging einer der Fahrgäste nach vorne zum Fahrer und plötzlich hielt der Bus mitten im Nichts an. Bei einigen dieser Halte waren zumindest noch ein oder zwei Häuser in der Umgebung zu erkennen, bei anderen Halten fehlte aber jeder Anhaltspunkt, wo die aussteigende Person denn hinwollte. Nach den eben angesprochenen 1,5 Stunden erreichten wir dann den ersten ernsthaften Ort. Um diesen zu erreichen, mussten wir die Hauptstraße aber auch verlassen und einen kleinen Umweg fahren. In Saldus angekommen wurde eine kurze Pause eingelegt, bevor es 2 weitere Stunden, mit Ausnahme eines ernsthaften Ortes, wieder durchs absolute Nichts ging.

Nach den veranschlagten 3,5 Stunden kamen wir pünktlich in Liepāja am Bahnhof an. Dieser wird im Übrigen größtenteils vom Güterverkehr genutzt, weshalb die Option der Bahnfahrt zwischen Liepāja und Riga wegfiel. Vorherige Recherchen hatten ergeben, dass es in Bahnhofsnähe einen Laden geben sollte, in dem man Tageskarten erwerben könnte. Der Laden war schnell gefunden und so gingen wir an die Kasse und fragten auf Englisch nach einer Tageskarte. Fehlanzeige! Weder sprach die Kassiererin auch nur ein Wort Englisch, noch war sie in der Lage uns eine Tageskarte auszuhändigen. Und so wurden mit Händen und Füßen zumindest vier Einzelfahrscheine erworben, sodass wir strategisch günstig zumindest zwei Mal die Straßenbahn nehmen konnten. Als erstes Motiv hatten wir die Straße ins Auge gefasst, welche vom Bahnhof weg in Richtung Endschleife Brīvības iela führte.


Končar 256 ist der erste Wagen, der sich in unser Bild verirrt hat. Hier begibt er sich die Straße vom Bahnhof herunter in Richtung der Endschleife Brīvības iela.


258 durchschlurft die Kurve am Bahnhof. An diesem ist auch der Autoosta von Liepāja zu erkennen, an dem uns der Bus von Riga abgesetzt hat. In Mitten der Kurve befindet sich auch die dazugehörige Haltestelle der Straßenbahn.

Jetzt wollten wir uns in die andere Richtung die Straße herunterarbeiten, die vom Bahnhof weg in Richtung Innenstadt verläuft. Wir kamen aber nur einige hundert Meter bis zum Depot, bis wir aufgehalten wurden. Denn bei dem flotten 7-Minuten-Takt sieht man fast schon zwei Kurse, die einem auf der langen Straße entgegenkommen und so wollten wir den nächsten auch gleich mal am Depot ablichten, wenngleich das Licht nicht perfekt stand.


Končar 261 hat sich die lange Straße von der Innenstadt herunter gearbeitet und passiert nun die Depot-Einfahrt in Richtung Bahnhof.

Kurz nach diesem Bild hielt der Wagen aber mitten auf der Straße an und ein Mann, der vorher noch mit dem Fahrer gesprochen hatte, stieg aus und kam geradewegs auf uns zu. Dann fragte er uns auf Englisch, wo wir denn herkämen und was wir hier so machten. Als er hörte, dass wir aus Deutschland seien, wurden wir prompt zu einer Depot-Führung eingeladen, denn die KT4 stammen ja zu großen Teilen aus deutschen Städten und damit waren wir als Deutsche qualifiziert genug für eine Depot-Führung. Der scheinbare Chef des Depot, der uns angesprochen hatte, musste allerdings weiter arbeiten, weswegen er uns an den Werkstattmeister weiter vermittelte, der uns herumführen sollte. Dieser sprach leider nur ein paar Fetzen Englisch und so wurde sich fortan mit Händen und Füßen verständigt. Neben der Werkstatt und einem nicht ganz fahrfähigen Končar wurde uns der Schneeschub präsentiert, der dem Jahre 1899 entstammt und damit ein Alter von stolzen 124 Jahre vorweisen kann. Trotz des Alters ist er noch betriebsfähig. Dann ging es zur Hinterseite aus der Werkstatt heraus und dort standen alle noch vorhandenen Tatras, die aber wohl nicht mehr zum Einsatz kommen werden. Lediglich zwei von ihnen sind als Reserve vorgesehen, bei 14 vorhandenen Končars und einem planmäßigen Umlauf von 10 Wagen werden aber auch diese nicht mehr auf übermäßig viel Fahrzeit kommen.


KT4D 240 und 245 werden wohl nicht mehr zum Einsatz kommen. Dabei macht KT4D 240 sogar Werbung für den heimischen Fußballverein. Bei KT4D 245 fehlt derweil schon der Stromabnehmer. Bei diesem Bild wird es sich wohl auch um das letzte handeln, welches von diesem Wagen in dem Zustand entstanden ist. Nur drei Tage nach unserem Besuch wurde die Werbung von dem Wagen entfernt, wieder ein Stromabnehmer montiert und er wurde als Denkmal an den Ziemeļu mols, den längsten Pier Lettlands, der sich in Liepāja befindet, gestellt.

Nach diesem Bild ging es an der Seite der Werkstatt entlang, an der sich zwei weitere Abstellgleise befanden. Dort stand, neben weiteren Tatras, auch ein Končar abgestellt, der scheinbar technische Probleme hat. Auch diesen durften wir uns von innen angucken und ich wurde sogar auf den Fahrersitz gebeten. Danach verließen wir das Depot wieder und bedankten uns für die Führung. Nun wollten wir aber wirklich die Straße herunter zur Innenstadt laufen. Und so wurde der Fußmarsch angetreten und immer wenn gerade eine Bahn kam und ein Motiv in Sicht war, wurde die Kamera gezückt.


Der erste Wagen begegnete uns in Form von 261 direkt beim Depot. Dieser hatte es in der Zeit der Depot-Führung bis zur Endschleife und zurück geschafft und fährt gerade an einem der typischen Backsteinhäuser entlang.


Ein Stück weiter die Straße herunter folgt mit Končar 253 der nächste Kurs vom Bahnhof und präsentiert sich neben einem der Holzhäuser, die sich die gesamte Straße herunter an der Straßenbahn entlang ziehen.


Auch 263 zeigt sich unweit der Haltestelle Esperanto iela neben einem dieser Holzhäuser. An diesem steht auch ein etwas neuer anmutendes Haus, bei dem der Besitzer scheinbar zu viel Geld für Farben übrig hatte.


Nun waren wir an der Brücke angekommen, die die Innenstadt von dem Teil der Stadt trennt, in dem sich neben dem Bahnhof vor allem viel Industrie befindet. Der Kanal unter der Brücke verbindet derweil das Meer mit einem großen See, der sich landeinwärts östlich neben Liepāja befindet. Somit wird Liepāja von beiden Seiten von Wasser eingeschlossen. Končar 254 überquert diese Brücke gerade, um in die Innenstadt zu gelangen.


Nur kurz hinter der Brücke bietet sich das erste echte Innenstadtmotiv. Hier folgt eine kurze Häuserzeile an der Straße, in der sich einige Läden aneinanderreihen. Auch bei Brillen scheint man sich hier in guten Händen zu befinden. 252 hat soeben die Haltestelle Koncertzāle verlassen und begibt sich in Richtung des Stadtkerns.

Nachdem wir uns die Strecke vom Bahnhof bis hierhin zu Fuß runter gearbeitet hatten, hatten wir uns nun erstmal einen Kaffee verdient. Dieser wurde in einem Narvesen erworben, der sich an der eben abgelichteten Straße befand. Mit Blick auf die weitere Strecke stellten wir fest, dass Riga nicht der einzige Straßenbahnbetrieb war, der uns Baustellen zu bieten hatte. Und so bestand der folgende zu überblickende Teil der Strecke aus einer riesigen Baustelle. Diese Aussicht, gepaart mit dem langen Gehen, veranlasste uns dazu, nun eine der beiden Fahrmöglichkeiten zu nutzten und bis zu Endhaltestelle zu fahren. Diese war noch ein gutes Stück entfernt und so konnten wir uns erst einmal ein wenig ausruhen. Nach einiger Zeit hatten wir die Endhaltestelle Mirdzas Ķempes iela erreicht und entschieden uns, von dieser die Strecke wieder zurück zu laufen. Bei dem Blick aus dem Fenster war uns aber schon ein Problem an dem Stück kurz vor der Endhaltestelle aufgefallen: An diesem gab es die Fahrdrahtmasten wohl im Sonderangebot, weshalb diese im Abstand von 10 Metern fein säuberlich die Strecke heruntergepflastert wurden. Da es sich hierbei um Außenmasten handelte, war es ein Ding der Unmöglichkeit, die Wagen ohne Mast zu fotografieren.


Zugegebenermaßen gibt auch die Umgebung mit den Betonklötzen nicht sonderlich viel Anlass, mehr als ein Bild zu schießen. Gut zu erkennen ist trotzdem der etwas übertrieben kurze Abstand zwischen den einzelnen Masten, weshalb sich Wagen 259 hinter einem dieser zeigt.


In der nächsten Nebenstraße angelangt, wird der Mastenwahnsinn zwar nicht wirklich besser, diese stehen nun aber am Straßenrand und stören somit das Bild nicht. Dafür sind es hier gleich doppelt so viele, da sie auf beiden Seiten der Straße positioniert sind. Irgendwie mussten sie die Masten wohl loswerden. Končar 253 schafft es gerade noch vor dem Auto in unser Bild. An dieser Stelle ist dies eine etwas größere Hürde, da die Haltestelle Vaiņodes iela die einzige Haltestelle ist, an der die Straße erhöht ist und die Fahrgäste über diese laufen, um einzusteigen. Daher folgt jeder Bahn eine Schlange von Autos, bei der man hoffen muss, dass sie nicht schneller fährt als die Bahn.


Nur ein paar Meter weiter befinden wir uns immer noch vor der Haltestelle. Diese hat Wagen 263 soeben ohne Halt durchquert. Hier scheint sich die etwas reichere Wohngegend Liepājas zu befinden. Die Häuser werden größtenteils von Mauern oder Zäunen umgeben und nicht selten steht auch mehr als ein nicht ganz billiges Auto vor der Tür.


Inzwischen hatten wir das Stück Neubastrecke wieder verlassen, welches ab der Haltestelle Tukuma iela begonnen hatte, und befinden uns an einem Streckenabschnitt, welcher sich an einer der Hauptstraßen auf einem Rasengleis entlangzieht. An diesem Stück hätte man zehn Bilder machen können, die alle gleich gewesen wären, daher nur ein exemplarisches Bild von Končar 262 in der Nähe der Haltestelle Ventas iela.


Kurz nach Verlassen der Hauptstraße wird es schon wieder ein bisschen romantischer und die Strecke führt entlang alter Holz- und Steinhäuser. Trotz des Versuches es zu verstecken, erkennt man auch bei diesem Haus, dass es sich um ein Holzhaus handelt. 258 ist im Begriff, das romantische Stück zu verlassen und begibt sich nach Verlassen der Haltestelle Līvas laukums in Richtung der Hauptstraße.


Etwas weiter in Richtung Innenstadt gelaufen, gelangt man zu dieser Straße, an der die Straßenbahn auf einer Sandpiste verkehrt, die wie viele andere in dieser Zeit der dauerhaften Sonne und den hohen Temperaturen geschuldet war. Im Gegensatz zu Riga kann Liepājas Straßenbahn diesem nicht einmal entgegenwirken, da sie keinen Wassersprengwagen besitzt. So muss sich Končar 261 auch die nächsten Runden über diese Sandpiste quälen und auf den nächsten Regen warten.


Immer noch in der gleichen Straße ist nun auch im Hintergrund zu erkennen, wie sehr ein solcher Untergrund stäuben kann. Fairerweise muss man sagen, dass dieser Staub von dem LKW und nicht von der Bahn verursacht wurde, trotzdem wäre ein Rasengleis doch deutlich angenehmer. 259 zeigt sich neben einem der Steinhäuser, dass auf jeden Fall mal wieder einen neuen Anstrich vertragen könnte.


Nun sind wird nach dem langen Weg von der Endhaltestelle endlich wieder in der Innenstadt angekommen. Dieses Bild entstand nach einer halben Stunde Pause auf einer Schattenbank, um das Licht herum wandern zu lassen. Dadurch präsentiert sich Wagen 250 in gutem Licht vor der imposanten Kirche, von der leider nur der größte Turm zu sehen ist. Dafür hat sich ein weiteres Holzhaus in unser Bild geschlichen, bei dem das Geld zum Neuanstrich offenbar nur für die untere Hälfte des Hauses gereicht hat.

Kurz nach diesem Punkt begann die Baustelle der Straßenbahn, die sich durch einen großen Teil des Innenstadtstücks zieht und einige schöne Motive behindert hat. Dies sollte uns nicht davon abhalten, diese trotzdem umzusetzen und so durchliefen wir auch noch die gesamte Baustelle bis zu der Haltestelle, an der wir vorhin die Bahn genommen hatten. So hatten wir schon zu diesem Zeitpunkt, ausgenommen das Stück vom Bahnhof bis zur anderen Endhaltestelle, das gesamte Netz zu Fuß bereist, was bei der Größe des Netzes aber auch kein Kunststück darstellte.


Aufgrund der Baustelle verkehrte die Straßenbahn hier nur eingleisig und für dieses Motiv leider auf der falschen Seite. Trotzdem wollte ich diese kreative Wandmalerei nicht außen vorlassen und lichtete daher Končar 252 auch in der Baustelle ab. Kurz nach diesem Bild wechselt die Straßenbahn wieder auf die andere Seite und verkehrt weiter im Rechtsverkehr. Neben der Straßenbahn wird hier auch direkt die ganze Straßenkreuzung erneuert. Dies bedeutet aber keinesfalls, dass keine Autos mehr verkehren. Eher muss man als Fußgänger aufpassen, dass man, wenn man illegaler Weise das Fußgänger-verboten-Schild passiert, nicht von einem der Autos umgefahren wird, die für den Untergrund eine bedenkliche Geschwindigkeit draufhaben.


Durch die Baustelle wird eines der schönsten Motive mit der Kirche im Hintergrund zerstört. Hier ist dafür die grundlegende Erneuerung der Schienen zu erkennen. Nebenbei wird auch die Umgebung der Straßenbahn komplett verändert. 256 kämpft sich durch das eingleisige Stück in Richtung der Haltestelle Pētertirgus.


Končar 260 ist soeben über den Gleiswechsel gerumpelt. Dieser hätte ein schönes Motiv mit der Kirche erlaubt, leider wurden genau an diesem Stück Warnbarken aufgestellt, die ein Bild verhinderten. Hier zu erkennen ist etwas für die lettischen Betriebe scheinbar typisches bei Baustellen. Statt einer Kletterweiche, wie wir diese aus Deutschland kennen, ist ein richtiger Gleiswechsel vorhanden, bei dem auf der einen Seite eine Weiche ist und auf der anderen Seite ein Stück der ursprünglichen Schiene herausgeschnitten wurde und die Strecke in einer Kurve zur anderen Schiene führt.

Jetzt hatten wir aber erstmal wieder genug vom Laufen und so stiegen wir, wie bereits vorhin, wieder an der Station Koncertzāle ein und nutzten damit unsere zweite Straßenbahnreise. Dieses Mal fuhren wir aber in die andere Richtung zurück zum Bahnhof. Da wir die lange Straße zum Bahnhof bereits vorhin abgearbeitet hatten, sahen wir kein Grund dort auszusteigen und verließen die Bahn erst eine Station vor dem Bahnhof wieder. Dort befand sich das Depot, in dem auch einiges an Betrieb war. Neben einem Končar, der sich rückwärts aus dem Depot arbeitete, in Richtung Bahnhof bis zur Endschleife Brīvības iela fuhr und dann wieder einrückte, waren es generell mehr Končars im Depot geworden. Zudem konnten wir beobachten, wie ein Kurs kurz nach Verlassen der Haltestelle am Bahnhof vor dem Depot direkt wieder anhielt. Die Fahrerin verließ den Wagen, verschwand im Depot und kam erst nach einigen Minuten wieder heraus. Dadurch war fast schon der nächste Kurs am Depot angelangt und so musste die Fahrerin zusehen, dass sie die Strecke schleunigst räumte und weiterfuhr. Sowas erlebt man auch wirklich nur bei solchen Kleinbetrieben. Was die Fahrerin im Depot machte, blieb im Übrigen ein Rätsel, die Fahrgäste dürften davon zumindest nicht allzu erfreut gewesen sein.


Eben jener Kurs, der vor dem Depot eine kurze Pause einlegte, zeigt sich jetzt in meinem Bild in Form von Wagen 253. Leider passte der Wagen nicht in die Baumlücke, weshalb nur der Kopf von diesem hinter den Bäumen hervorguckt.


Das Depot, inzwischen um einige Končars reicher als noch bei unserer Depot-Führung, ist auch von außen gut einsehbar. Der Wagen 255 hat es nicht so richtig weit ins Depot rein geschafft, aber muss ja auch so reichen. Mit den vier Končars die hier zu sehen sind, zeigt sich auch schon die gesamte Betriebsreserve an Končars, die es gibt. Je nachdem wie hoch die Ausfallquote dieser Wagen ist, haben die letzten beiden verbliebenen Tatras für den Planverkehr ja vielleicht doch noch eine Chance auf Einsatzzeiten.

Nun blieben uns noch knapp 3 Stunden, bis der Bus zurück nach Riga ablegen sollte. Daher wollten wir nun auch noch den letzten Teil des Netzes erkunden, den wir bisher noch nicht kannten. Da wir keine Fahrkarten mehr hatten, aber auch keine Lust hatten, den Hin- und Rückweg zu laufen, wurde noch einmal der Laden angelaufen, in dem es die Fahrkarten zu erwerben gab und es wurden zwei weitere Fahrkarten gekauft. Dann ging es zu Fuß in Richtung Endschleife, sodass wir den Rückweg mit der Bahn fahren konnten. Zuerst sollte die Straße, welche heute Morgen unser erstes Motiv dargestellt hatte, nun von der anderen Seite abgelichtet werden.


Wagen 262 hat die Haltestelle Stacija am Bahnhof verlassen und begibt sich nun in Richtung der Endschleife Brīvības iela. Im Hintergrund ist wieder das imposante Portal des Bahnhofs zu erkennen, welches bei dem Verkehr an Personenzügen allerdings keine Daseinsberechtigung besitzt. Man sollte das Portal aber auch nicht zu nah unter die Lupe nehmen, sonst fallen einem doch so einige Mängel auf, die dem Bahnhof schon eher gerecht werden.


Inzwischen befinden wir uns wieder an der großen Straße, die einmal quer durch Liepāja verläuft, die Straßenbahn dabei einmal quert und hier ein Stück begleitet. Die Končars 252 und 256 haben hier gerade gekreuzt und jagen jetzt in verschiedene Richtungen die schnurgerade Strecke entlang.


Jetzt haben wir die Endschleife erreicht, die so einige Motive zu bieten hat. Diese befindet sich direkt neben einem alten Industriegelände, welches nicht mehr betrieben wird. Hier quert Wagen 256 gerade die Straße. Trotz des vielen Autoverkehrs besteht das Gleisbett der Straßenbahn immer noch aus Kopfsteinpflaster, wodurch die Autos und LKW über das Kopfsteinpflaster humpeln müssen. Was das Durchfahrt-verboten-Schild dort verloren hat, sowie die 20 weiteren, die sich die Straße herunter befinden, blieb uns ein Rätsel. Denn auf dieser Seite der Straße war das Fahren sehr wohl erlaubt und so erschloss sich uns der Sinn der Schild nicht.


Die Schleife selber befindet sich im Grünen und bietet einen wunderschönen Kontrast zur dahinterliegenden Industriebrache. Der Fahrer von Končar 260 entschied sich, seine Pause in Mitten der Schleife zu machen und ermöglichte dadurch dieses Bild.


Kurze Zeit später setzt der Wagen die Schleifendurchfahrt fort. Dafür muss er erst diese romantische Baumdurchfahrt durchqueren, bevor er sich über die Straße arbeitet und das lange Rasengleis herunter in Richtung Bahnhof fährt.


Der nächste Kurs hat es bis zur Schleife geschafft. Anders als der Fahrer eben, entschied sich dieser Fahrer dafür, Wagen 258 hier stehen zu lassen und seine Raucherpause zu machen. Generell scheint ein Einstellungskriterium als Bahnfahrer das Rauchen zu sein. Bei jedem Fahrer ging der erste Griff in der Pause zur Zigarettenschachtel.


Auch dieser Kurs wurde in der Schleife abgelichtet. Bei diesem Bild kam uns die Kürze des Wagens zu Gute, wodurch er super ins Bild passte.

Nach diesem Bild wurde der nächste Kurs zum Bahnhof genommen. Jetzt kannten wir das gesamte Netz und uns blieben immer noch knapp 2 Stunden, bevor der Bus nach Riga kommen sollte. Daher wurde sich der Bahnhof von Liepāja genauer angeguckt. Dafür gingen wir auf eine Fußgängerbrücke, die über den Bahnhof führte. Mit Personenverkehr rechneten wir nicht, denn heute sollte hier kein Zug nach Riga fahren. Dafür rangierte eine Diesellok den nächsten Güterzug zusammen und ein Baufahrzeug durchfuhr den Bahnhof. Generell war bis auf das Bahnhofgleis jedes Gleis mit einer Menge an Güterwagen zugestellt. Die Strecke hatte also eine gewisse Bedeutung, nur kam diese nicht durch den Personenverkehr zu Stande. Danach wurde noch einmal der Laden aufgesucht, um sich mit Essen für die Rückfahrt einzudecken und auf den Bus gewartet.


Während dieser Wartezeit wurde noch ein Abschiedsbild aus Liepāja geschossen. Dafür präsentiert sich Končar 250 neben dem tollen “mini top”, der wahrscheinlich nur so gut besucht ist, weil es der einzige Laden auf dieser Seite der Brücke ist.

Nach einiger Wartezeit kam wieder ein Mercedes Intouro angefahren. Nachdem das Prozedere mit der Fahrgastliste hinter sich gebracht wurde, ging es flott los in Richtung Riga. Und in diesem Fall meine ich wirklich flott. Man merkte dem Fahrer sichtlich an, dass er nach dieser Tour Feierabend hatte und diesen auch schnellstmöglich erreichen wollte. So überholte er alles, was nicht mindestens 90 gefahren ist. Dabei waren auch einige wilde Manöver dabei. So hingen wir hinter zwei LKWs fest, die mit 85 vor uns her “schlichen”. Ein dritter LKW befand sich hinter diesen und setze zum Überholen an. Kurzerhand setzte auch unser Busfahrer zum Überholen an und hing sich hinter den überholenden LKW, sodass sich gleichzeitig zwei Fahrzeuge auf der rechten Spur und zwei Fahrzeuge auf der Gegenfahrbahn befanden. Dieses Manöver fand statt, ohne dass der Busfahrer sehen konnte, ob etwas entgegen kam. Und so merkte er auch glücklicherweise, dass dies nicht die schlauste Idee war und ließ sich wieder hinter die beiden LKWs fallen. Diese wurden natürlich kurze Zeit später trotzdem überholt und auch der LKW, der vorher überholt hatte, war zu langsam und wurde ebenfalls überholt. In Saldus angekommen, hatte der Fahrer dann endlich seinen herbeigesehnten Feierabend und eine andere Fahrerin übernahm das Steuer. Alles was der Fahrer an Zeit herausgeholt hatte, wurde von dieser Fahrerin im Folgenden durch langsame Fahrweise wieder verloren und auch sonst wurde im Ort des Öfteren ein Bordstein mitgenommen oder doch sehr abrupt auf die Bremse getreten. Daher waren wir froh, als wir mit einer Viertelstunde Verspätung um 20:45 Uhr in Riga eintrafen und uns von dieser ruppeligen Tour verabschieden durften. Noch immer war, wie die letzten Tage, noch Licht auf der Brücke über die Daugava. Aber nachdem wir die dortigen Motive schon die letzten Tage abgearbeitet hatten und doch auch relativ fertig waren, wurde von weiteren Bildern abgesehen. Die einzige Frage, die auch heute wieder zu klären war, war die Essensfrage. Nachdem wir die letzten Tage herumprobiert hatten, suchten wir heute im Reisebericht von 2021 nach Empfehlungen und erhielten als Antwort das Golden Coffee, welches sich in der Innenstadt befindet. Dieses wurde aufgesucht und nach Probe als sehr gut befunden. Neben dem inzwischen zum Standard gewordenen Bier auf beiden Seiten, gab es auf Seiten meiner Reisebegleitung einen Caesar-Salat, der im Gegensatz zu dem am ersten Abend auch eine angemessene Größe besaß, und auf meiner Seite gab es mal wieder Burger. Dieser stellte sich als bester Burger heraus, den ich in diesem Urlaub essen sollte. Nach dem Essen spazierten wir gut gestärkt durch die schön beleuchtete Innenstadt zurück zum Hotel. Nach diesem anstrengenden Tag mit viel Reisen schlossen sich die Augen noch schneller, als an den anderen Tagen.

Morgen steht noch einmal ein ganzer Tag Riga auf dem Programm. Wieder hatte der Wetterbericht nichts als Sonne zu bieten. Dies sollte auch der erste Tag sein, an dem sich die Wege der Reisegruppe trennten und jeder seinen eigenen Tagesplan verfolgte. Dabei bestand einer der großen Unterschiede darin, dass mein Tag erst eine Stunde später startete, als der meiner Reisebegleitung. Es war also ausschlafen angesagt. Trotzdem sollten noch einige Lücken gefüllt werden. Doch diese Bilder warten im nächsten Teil von “Durch Lettlands Sonne”.

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