Heute geht es zu einem der jüngsten Straßenbahnbetriebe Europas in Finnlands drittgrößte Stadt: Tampere. Eröffnet erst vor gut einem Jahr im August 2021.
Dienstag, 30. August 2022: Tampere
Da der Wetterbericht sich nicht ganz einig darüber war, wie es denn heute am Morgen so werden sollte, hatte ich mich erst für halb neun in einen IC eingebucht, welcher am Pasilan asema einen Halt einlegt. Ohnehin war praktisch für den ganzen Tag wechselhaftes Wetter zwischen Regenschauer und Sonne angesagt. Da brauchte ich jetzt nicht vor dem Frühstück losfahren. Also nochmal ordentlich zugeschlagen beim Frühstück und dann hinüber zum Bahnhof. Am Pasilan asema legt doch eine nennenswerte Zahl von IC’s und Pendolinos nur wenige Minuten nach Beginn der Fahrt am Rautatieasema schon wieder einen Halt ein und sammelt die Fahrgäste aus dem Norden Helsinkis ein. Noch kurz beim Alepa auf paar Getränke vorbeigeschaut und schon ging es auf den Bahnsteig, wo noch ein paar Minuten verblieben, um das Treiben zu beobachten.
Ein Regionalzug legt in Pasila einen Halt ein. Wie alle Züge in diese Richtung wird er anschließend noch die wenigen Minuten zum Rautatieasema im Zentrum von Helsinki weiterfahren.
Dann rauschte auch schon auf die Minute pünktlich mein IC 23 in Pasila ein. Ein klassischer “Schweizer” mit Lok 2000 und Doppelstockwagen. Ich hatte mir einen schönen Fensterplatz im Oberdeck reserviert und auch der Nachbarplatz blieb frei. Übrigens kostet weder die bei der Online-Buchung obligatorische Reservierung, noch die Platzwahl einen Aufpreis. Das Ganze ging auch via iPhone völlig problemlos über die VR-Website mit Bezahlung per Kreditkarte. Keine App, kein Kundenkonto, kein Wust an zu hinterlegenden Daten. Könnte das nicht in einem gewissen Land in Mitteleuropa genauso einfach sein wie scheinbar im Rest der Welt? Auch besonders teuer kam mir das Ganze mit 21 € nicht vor, bezogen auf das sonstige Preisniveau hier und in Anbetracht dessen, dass ich keinerlei Frühbucher oder sonstigen Rabatt mitgenommen hatte.
Die Fahrt verlief unspektakulär: Es geht halt nach dem Großraum Helsinki einfach durch den Wald. Hin und wieder mal paar Holzhäuser oder ein See. Der einzige Halt des IC bis Tampere lag mit Tikkurila auch noch mehr oder weniger im Dunstkreis der Hauptstadt. Im Gegensatz zu meiner gut 1 1/2-stündigen Mitfahrt, legt der IC 23 einen beachtlichen Weg zurück und wird erst um kurz vor fünf sein rund 800 km entferntes Ziel Rovaniemi erreichen. Und auch Rovaniemi liegt noch lange nicht ganz im Norden Finnlands, was die Dimensionen dieses Landes eindrücklich verdeutlicht. Nur ist dort Oben eben auch nicht mehr viel, schließlich ist die drittgrößte Stadt mit Tampere schon nach knapp 180 km erreicht. Die zweitgrößte Stadt ist übrigens Espoo, was man im Grunde aber noch zur Metropolregion von Helsinki zählen kann.
Für die Straßenbahn in Tampere kaufte ich mir während der Zugfahrt dann auch gleich noch eine Tageskarte. Das Ticketsystem wurde mit der Einführung der Straßenbahn komplett auf digital umgestellt. Also schnell die App heruntergeladen und eine Tageskarte erstanden. Wieder völlig problemlos per Kreditkarte und ohne irgendein Konto oder sonstigen Quatsch erstellen zu müssen.
Seit dem 8. August 2021 wird man auf dem Bahnhofsvorplatz direkt von den Straßenbahnen der beiden Linien 1 und 3 empfangen. Bedient werden derzeit gut 16 km Strecke, wobei es aus der Innenstadt auf der kurzen Linie 1 von Sorin aukio zum Krankenhaus geht, und mit der deutlich längeren Linie 3 in den südlichen Vorort Hervanta. Beide Linien werden im 7 1/2-Minuten-Takt bedient, womit vor dem Bahnhof praktisch ständig eine Bahn kommt. Zum Einsatz kommen 19 Fahrzeuge vom Typ ForCity Smart Artic X34. Der Artic wurde ja bekanntlich ursprünglich von Transtech für Helsinki entwickelt, bevor Transtech schließlich von Skoda übernommen wurde und schon alle Serienfahrzeuge für Helsinki unter der Regie von Skoda ausgeliefert wurden. Der Artic X34 erhielt also noch den von Skoda stammenden Beinamen ForCity Smart zu der von Transtech geerbten Bezeichnung Artic X34. Von der Grundkonfiguration entspricht der Artic X34 mit einem vierachsigen Mittelwagen und zwei aufgesattelten Endwagen dem Artic aus Helsinki. Ansonsten haben die Wagen aber nicht allzu viel gemein, sind die Dimensionen des Artic X34 doch in allen Belangen deutlich mächtiger: Die auf Regelspur laufenden Wagen bringen es auf eine beachtliche Länge von 37,3 m bei einer Breite von 2,65 m. Zum Vergleich: Der Artic aus Helsinki ist fast 10 m kürzer und 25 cm schmaler. Da bleibt trotz Zweirichtungsbauweise ein großzügiger Innenraum mit ausreichend Sitzplätzen, die über den Drehgestellen in Viereranordnung konfiguriert sind. Für die geplanten Streckenerweiterungen bestehen bei Skoda noch Optionen auf weitere dieser Raumwunder.
Kaum aus dem Bahnhof getreten, wird man direkt von der neuen Straßenbahn empfangen. Von hieraus folgt die Linie 3 der zentralen Hämeenkatu auf ganzer Länge, wobei der östliche Teil zum Bahnhof bis zum Abend im Schatten liegt. In der hinteren Zielanzeige wird nur die Liniennummer angezeigt, was Nachschüsse doch etwas kompromissbehaftet macht.
Den schattigen Teil der Hämeenkatu übersprang ich gleich mal und fuhr zwei Haltestellen bis Koskipuisto, wo die Linie 1 abzweigt. Für den Innenraum der X34 wurde der Begriff “großzügig” wohl einst erfunden. Durch die schiere Länge der Wagenkästen gibt es im Gegensatz zum Artic in Helsinki riesige Mehrzweckbereiche und zahlreiche Sitzplätze, die ohne Podeste auskommen. Über den Drehgestellen sind dann jeweils Vierergruppen auf einem einstufigen Podest angeordnet, der Durchgang bleibt aber auf ganzer Länge ebenerdig. Ansonsten wirkt die Wahl der Farben und Materialien auf mich einfach nur einladend und die vernünftig bezogenen Sitze werden auch auf der längeren Fahrt nach Hervanta nicht unbequem.
Für’s erste blieb es aber bei einer sehr kurzen Mitfahrt, denn auf der Brücke zwischen den Haltestellen Koskipuisto und Keskustori gab es schon reichlich Sonne. Hier zweigt von hinten kommend die Linie 1 zur nur eine Station entfernten Endhaltestelle Sorin aukio ab. Der hier zu sehende Abzweig wird im Regelbetrieb nicht befahren. Die Linie 3 fährt geradeaus weiter zum zentralen Keskustori mit dem Rathaus und dem Theater, beide schon auf dieser Aufnahme zu erkennen, auf der Artic X34 12 gerade die Hämeensilta überquert hat.
Wovon die Farbe der Wagen inspiriert sein dürfte, wird in der Innenstadt sehr deutlich, die noch heute, über 20 Jahre nach der Schließung von Tampella, von den alten Industriekulissen geprägt ist. Tampella stellte einst den größten Betrieb in Tampere dar und so ziemlich alles her, was die Schwerindustrie so herstellt und war mitten im Zentrum von Tampere angesiedelt. Seit der Schließung werden die alten Komplexe aufwendig zu Kulturstätten und Museen umfunktioniert oder abgerissen.
So würde man auch den Blick von der Hämeensilta nicht unbedingt mitten in einer Großstadt vermuten. Warum die Stadt auch “Manchester des Nordens” genannt wird, dürfte auf der Hand liegen.
Weiter geht es auf der Hämeenkatu zum Keskustori, dem zentralen Platz der Stadt mit Rathaus und Theater. Ersteres ist hier in der Vormittagsansicht des Platzes neben Artic X34 10 zu sehen. Eine ganze Reihe von Fahrzeugen trägt verschiedene Vollwerbungen, wobei Fenster und die schwarze Front, der Fahrzeug-Silhouette folgend, ausgespart werden.
Deutlich schöner sind natürlich die ziegelroten Fahrzeuge, über deren Farbe die Einwohner in einer Umfrage entscheiden konnten. Die Metallic-Lackierung wirkt einfach nur edel, lässt sich allerdings nur bei Sonne so schön fotografieren, wie hier mit Artic X34 02. Ohne direktes Sonnenlicht wirkt die Lackierung in Verbindung mit der schwarzen Front gerade auf Bildern schnell sehr düster.
Auf dem Keskustori gab es gleich noch eine Überraschung in Sachen Straßenbahn: Der in Helsinki ausgemusterte Valmet Sechsachser Nummer 39 vom Typ I, dient hier nun in neuer Funktion als Café. Ob die Lackierung der Ursprungslackierung dieser Fahrzeugreihe nachempfunden ist? Wenn ja wäre das ursprüngliche grau/orange der Valmet-Gelenkwagen in Helsinki jedenfalls nicht übermäßig gut getroffen.
Ansonsten ist in der Vormittagsansicht auf dem Keskustori natürlich auch immer das Rathaus eine Aufnahme wert.
Zwei Haltestellen führt die Linie 3 hinter dem Keskustori noch weiter, eine auf der Hämeenkatu, bevor es in einer S-Kurve an der Aleksanterin kirkko vorbei geht und das derzeitige Streckenende an der Haltestelle Pyynikintori erreicht wird. Dort wartet nach der Kehrfahrt Artic X34 08 auf die Abfahrtszeit.
Nach einem Kaffee an der Hämeensilta geht es gleich mal zur Endhaltestelle der Linie 1 hinüber. Nur eine Station ist es hierher nach Sorin aukio vom Abzweig auf der Hämeenkatu. Artic X34 07 erreicht die Endstation und fährt anschließend gleich weiter in die Kehranlage, aus der in meinem Rücken gerade der Wagen 06 zur Haltestelle vorrückt.
Artic X34 06 hat die Haltestelle Sorin aukio verlassen und wird schon an den Bäumen im Hintergrund auf die Strecke der Linie 3 auf der Hämeenkatu treffen.
Mit dem Auftritt der Straßenbahn verschwand auch der MIV endgültig aus der Innenstadt, sofern diese nicht schon vorher zufahrtsbeschränkt war. So teilen sich die Artics die Fahrbahn heute nur noch mit unzähligen Bussen, in deren Tarif die Straßenbahn voll integriert ist. Die großzügige Radinfrastruktur braucht man hier wohl nicht extra zu erwähnen.
Artic X34 06 ist gerade von der Hämeenkatu abgebogen und rollt auf die Endstation zu.
Schon ist wieder die Hämeensilta mit der Linie 3 erreicht. Auch Tampere ist von Wasser geprägt, auch wenn es im Gegensatz zu Helsinki nicht am Meer liegt. Dafür liegt es zwischen den beiden großen Seen Näsijärvi und Pyhäjärvi, die hier von den Tammerkoski-Stromschnellen verbunden werden, über die sich die Hämeensilta spannt. Mit gut 240.000 Einwohnern und 330.000 im Ballungsraum ist Tampere die größte Binnenstadt der nordischen Länder.
Nachdem die Vormittagsansichten hier in der Innenstadt soweit abgegrast waren, war es an der Zeit, einmal “auf Strecke” zu gehen. Zunächst nahm ich mir den langen Ast Richtung Hervanta vor. An der Haltestelle Uintikeskus befindet sich Artic X34 12 schon zwei Haltestellen hinter der Teilung der beiden Linien. Es geht durch recht unspektakuläre Wohnsiedlungen. Die Strecke ist dabei großzügig in einer neuen Allee in Mittellage auf Rasengleis angelegt.
Die Ansicht der Straße hat sich mit dem Bau der Straßenbahntrasse grundlegend gewandelt: Zuvor befand sich anstelle der Straßenbahn die Durchgangsstraße und rechts und links davon jeweils noch eine einspurige Anwohnerstraße. Im Gegensatz zu den gut besetzten Bahnen, konnte ich auf der Straße kaum Verkehr feststellen, sodass die vorherige Asphaltwüste wohl maßlos überdimensioniert gewesen sein dürfte. Artic X34 13 befindet sich hier zwischen den Haltestellen Kalevanrinne und Uintikeskus.
An der Haltestelle Kalevanrinne enterte ich dann wieder die nächste Bahn, mit Artic X34 mal wieder ein Werbewagen. An der nächsten Haltestelle knickt die Strecke dann nach der West-Ost-Richtung scharf nach Süden ab. Nachdem ein großes Einkaufszentrum passiert ist, ändert sich der Charakter zur Überlandstrecke. Mit bis zu 70 Sachen jagen die Bahnen weiterhin alle 7 1/2 Minuten in den Vorort Hervanta hinaus, wobei sich unweit der beiden Haltestellen auf dem Weg nach Hervanta, jeweils noch weitere größere Wohnsiedlungen befinden.
An der zweiten der beiden Stationen nach Hervanta legte ich eine kurze Pause ein. Die Idylle an der Haltestelle Hallila täuscht: Im Innenbogen der Strecke befindet sich ein großes Kleeblatt der parallel verlaufenden und der hier kreuzenden Schnellstraße. Rechts von meinem Stein grenzt hinter dem kleinen Hang und Büschen eine größere Wohnsiedlung an. Artic X34 05 bremst aus voller Fahrt nach dem Überqueren der Schnellstraße in die Haltestelle Hallila.
Eine Station später ist mit der Haltestelle Pohjois-Hervanta im Hintergrund der Vorort Hervanta erreicht. Artic X34 14 ist auf dem Weg zurück nach Tampere.
Nach kurzer Talfahrt ist das Ortszentrum an der Haltestelle Hervantakeskus erreicht. Hier gibt es eine Umsteigeanlage auf den Bus, der Richtung Endstation an der gleichen Bahnsteigkante wie die Straßenbahn hält. Richtung Tampere wird ein Mittelbahnsteig zwischen Bussen und Straßenbahn bedient, wodurch beide direkt nebeneinander am gleichen Bahnsteig halten und den Umstieg ermöglichen. Die Tram öffnet daher an dieser Haltestelle ein einziges Mal die Türen in Fahrtrichtung links. Artic X34 11 erreicht aus Tampere kommend die Haltestellenanlage.
Die andere Seite der Haltestelle Hervantakeskus neben dem Einkaufszentrum. Neben Artic X34 02 ist noch die Spitze des für die Straßenbahn linkseitigen Bahnsteiges zu erkennen.
Drei Haltestellen später ist die Endstation Hervantajärvi in einem Neubaugebiet im Grünen erreicht, wo vor wenigen Jahren noch nichts als Wald war. Zwischendurch wurde an der Haltestelle Hervannan kampus auch der Betriebshof passiert, der über eine kurze Betriebsstrecke angeschlossen ist.
Nachdem die Linie 3 nun in weiten Teilen abgearbeitet war, sollte es gleich noch zum letzten Streckenast gehen, der Linie 1 nach Kaupin Kampus. Wie fast den ganzen Tag, waren auch jetzt die Bahnen aus Hervanta zurück nach Tampere sehr gut gefüllt, sodass für zahlreiche Fahrgäste nur mehr Stehplätze blieben. Und das bei dieser Gefäßgröße und einem 7 1/2-Minuten-Takt – schon beachtlich! An der Haltestelle Sammonaukio, zwei Stationen vom Bahnhof entfernt, trennen sich die beiden Linien. Aus Hervanta kommend stieg ich hier in die Linie 1 um und fuhr bis zur vorletzten Station, direkt vor dem Haupteingang des Krankenhauses mit. Hier gibt es eine interessante Dachkonstruktion über den Bahnsteigen, so richtig darstellen ließ sich das allerdings nicht, sodass ich bis zur Endstation am Rande des riesigen Klinikgeländes weiterlief. Ein weiteres Motiv hatte ich unweit der Haltestelle Hippos erspäht, das ich auf dem Rückweg auch gleich noch umsetzte, bevor der erste große Schauer des Tages durchzog.
Artic X34 verbringt an der Endstation Kaupin Kampus seine kurze Pause, bevor es zurück Richtung Innenstadt geht. Auch hier besteht direkter Umstieg zum Bus.
Nachdem über einen Schwenk die Haltestelle TAYS direkt am Haupteingang des Klinikums angebunden wird, geht es über eine Brücke zurück an die Hauptstraße nach Tampere hinein. Artic X34 06 ist soeben über die neu errichtete Brücke gesprungen.
15 Uhr war inzwischen erreicht und damit war es langsam Zeit für die Nachmittagsansichten in der Innenstadt. Dort verbrachte ich dann auch die letzten vier Stunden meines Besuches in Tampere. Immer wieder zogen dabei heftige Schauer durch, nach denen es aber ebenso schnell wieder sonnig wurde, was vermehrt zu genialem Theaterlicht führte. Die Schauer konnten derweil für einen kleinen Imbiss beim Burgerbräter und einem Besuch in einem der zahlreichen Cafés genutzt werden. Gegen 17 Uhr drehte die Sonne dann allmählich auch ganz in die Hämeenkatu Richtung Bahnhof hinein und tauchte die zentrale Einkaufsstraße in schönstes Abendlicht.
Um 15 Uhr liegt nun am zentralen Keskustori die Hauptfront des Theaters gegenüber dem Rathaus im Licht. Bei der ersten Aufnahme die funktionierte, kam natürlich erstmal der Werbewagen 10 des Weges. Störfaktoren sind hier in erster Linie die im Sichtabstand verkehrenden Busse, die dann an den verschiedenen Haltepositionen das Motiv zustellen. Daneben wurde es natürlich auch mit der Sonne zunehmend zur Lotterie.
Zeit, sich nochmal einem Fahrzeug zu widmen, dass geduldig auf die Sonne wartet: Valmet 39 aus Helsinki auf dem Keskustori.
Neben Rathaus und Theater ist die Tampereen vanha kirkko das dritte prägende Bauwerk auf dem Keskustori.
Auch der Abzweig der Linie 1 von der Hämeenkatu hinter der Haltestelle Koskipuisto liegt am späten Nachmittag schön im Licht. Mit der Länge der Fahrzeuge verschätzt man sich an solchen Motiven doch gern mal, Artic X34 07 passt soeben halbwegs an die angedachte Stelle. Immerhin sind diese Artic X34 noch einmal fast 5 Meter länger, als ihre konstruktiven Urahnen vom GT8 Typ Freiburg, der mit seinen “nur” 32,8 m für dreiteilige Fahrzeuge schon als raumschiffartig galt.
Nach dem nächsten Schauer gab es dann Theaterlicht am Theater, dass das Ziegelrot von Artic X34 02 zum Strahlen brachte.
Der Takt war im Laufe des Nachmittages irgendwie arg durcheinandergeraten, obwohl es erstmal gar nicht die großen Störfaktoren an der Strecke zu geben scheint. Neben dem Theater folgt in einem Pulk aus drei Fahrzeugen in sechs Minuten auf den Artic X34 02 vom letzten Bild der Werbewagen 11.
Bei diesem Licht konnte ich mir auch eine Totale auf die Theaterfront nicht verkneifen.
Schon ist der nächste Schauer durchgezogen und lässt die Fahrbahn am Abzweig hinter der Haltestelle Koskipuisto mit Artic X34 19 um die Wette glänzen.
Inzwischen liegt die gesamte Hämeenkatu im schönsten Abendlicht, sodass der Blick auch auf die Haltestelle Koskipuisto fallen kann.
Baulich ist diese Einkaufsstraße allerdings alles andere als ein Highlight – wie die ganze Stadt nicht unbedingt die historischen Prachtbauten zu bieten hat – um es vorsichtig zu formulieren. Das Licht macht es aber eben. Der Blick reicht hier schon bis zum Bahnhof mit dem markanten Uhrenturm daneben.
Der Wechsel aus Regenschauern und Sonne sorgte am Abend für immer genialere Lichtstimmungen. Um kurz nach sechs verlässt Artic X34 02 die Haltestelle am Bahnhof.
Der Bahnhof passt baulich gut zu den zahlreichen gigantischen Industriekulissen in Ziegelbauweise rund um die Innenstadt.
Abschiedsbild vor dem nächsten Wolkenbruch mit Artic X34 07 an der Haltestelle Rautatieasema. Auf dem Bahnsteig links sind wiedermal zwei der zahlreichen bunten Hosen zu sehen. Diesmal in Pink. Aber auch in allen anderen knalligen Varianten waren diese Hosen bei Schülern in Finnland in diesen Tagen zu sehen. Ich vermute, dieser komische Brauch hängt irgendwie zeitlich mit dem Schulanfang zusammen, der hier Ende August ist. Was genau es damit auf sich hat, habe ich in all den Tagen allerdings verpasst herauszufinden.
Für die Rückfahrt hatte ich mich eben in den IC 54 nach Helsinki eingebucht. Da schon wieder ein Schauer runterkam, beschaffte ich noch schnell Getränke und flüchtete mich dann schon recht zeitig in den Bahnhof. Der Zug stand schon am Bahnsteig, obwohl bis zur Abfahrt noch über zehn Minuten Zeit war. Also kletterte ich schonmal ins Oberdeck und nahm den reservierten Platz ein. Vorerst ein Gangplatz, da alle Fensterplätze in der Buchungsmaske schon vergeben waren. So bekam ich auch schnell Besuch auf dem Nebenplatz, aber nachdem die Reihe davor nach Abfahrt noch leer war, machte ich es mir dort am Fenster mit freiem Gangplatz gemütlich. Der Zug hält schließlich nur einmal kurz vor Pasila und dort rechnete ich dann auch nicht mehr mit dem großen Zugewinn an Fahrgästen.
Während der Fahrt konsultierte ich mal die Fähranbieter Richtung Tallinn, denn für morgen steht dann schon die Überfahrt nach Estland auf dem Programm. Viking, Tallink und Eckerö fahren alle zwei bis dreimal täglich die gut zweistündige Strecke über den Finnischen Meerbusen. Aus einer Mischung aus günstigem Preis und der angenehmsten Abfahrtzeit entschied ich mich für die Viking XPRS, die um 10:30 vom Katajanokan Terminaali ablegen sollte. Nachdem in einem Funkloch die Bestätigung der Zahlung irgendwie verschluckt wurde und die Bestätigung per Mail unbemerkt im Spam landete, führte ich das Ganze gleich noch mal durch. Ergebnis: Diesmal wurde die Zahlung auf der Website korrekt bestätigt. Allerdings hatte ich immer noch keine Mail mit dem Ticket erhalten. Über die auf der Website angezeigte Buchungsnummer konnte ich mir das Ticket dann aber direkt herunterladen. Als ich kurz darauf dann auf die Idee kam, doch mal im Spam-Ordner nachzuschauen, hatte ich gleich zwei Tickets für die Überfahrt in den Mails. Hatte es also doch beim ersten Mal schon geklappt. Da ich keine Lust hatte, als Schwarzmarkt-Händler vor der Fähre eines der Tickets zu verticken, sondierte ich mal die Möglichkeiten bei Viking. Und siehe da: Ließ sich völlig problemlos umbuchen, sodass ich einfach schon das Ticket für die Rückfahrt am Samstag zog. Übrigens konnte man das Ticket am Ende sogar kostenfrei stornieren und das Geld war über VISA schon zwei Wochen später wieder auf dem Konto – aber dazu später…
Noch einige andere bürokratische Akte aus dem richtigen Leben waren zu erledigen, sodass die Zugfahrt schnell verging. Immer nervig sowas, wenn einen im Urlaub doch irgendwie das “normale” Leben einholt. Lieber schalte ich ja ein bis zwei Wochen komplett ab und “versinke” ganz in der Reise. Aber nunja, Manches muss eben doch sein.
Zurück in Pasila schlenderte ich noch auf ein Abendessen durch den Supermarkt, bevor auf dem neuen Bahnhofsvorplatz noch die interessante Dachinstallation über der Ausfahrt der Straßenbahnhaltestelle der Linie 2 aufgenommen wurde. Auf der 2 kam sogar in beide Richtungen gerade ein Valmet durch.
Zurück in Pasila rauscht der IC auch gleich weiter zu seinem Ziel Rautatieasema in Helsinki.
Heute gibt’s dann auch mal ein Bild am schon oft erwähnten Pasilan asema unweit meines Hotels: In den letzten Jahren scheint hier alles um- oder neugebaut worden zu sein, sodass quasi über dem Bahnhof jetzt ein ganzes Hochhausensemble seinen Platz gefunden hat. Unter einer interessanten Dachinstallation wird die Haltestelle der hier endenden und startenden Linie 2 erreicht. Gewendet wird durch die Messe-Blockschleife. Valmet 77 startet zu einer neuen Runde zum Olympiaterminaali.
In Gegenrichtung erreicht wenig später Valmet 72 den Pasilan asema. Ich sprang noch schnell hinten auf und fuhr durch die Blockschleife bis zu meiner “Hotelhaltestelle” Messukeskus mit.
Damit war es auch schon wieder 21 Uhr. Da ich alles Planerische gerade schon im Zug erledigt hatte, konnte ich jetzt noch gemütlich auf dem Zimmer essen und dabei einen Podcast dudeln lassen. Morgen geht’s dann mit der Tram zum Katajanokan Terminaali und mit der Viking XPRS hinüber nach Tallinn, wo ich dann bis Samstagmorgen verweilen würde. So jedenfalls der Plan, ich konnte ja nicht wissen, dass ich in Tallinn schon übermorgen gewissermaßen “Opfer” des guten Wetters werden sollte und daher noch eine kleine Umplanung der beiden letzten Urlaubstage vornehmen würde. Aber dazu mehr in den nächsten Teilen dieser Reise…