Endlich geht’s weiter auf der Insel.
Hier die bisherigen Teile:
Teil 1: Birmingham – Crich
Teil 2: Von Nottingham bis Newcastle
22.-24. September 2015 Edinburgh
Nachdem wir gestern mit Mühen bis Newcastle gekommen waren, sollte es heute bereits nach dem Frühstück nach Edinburgh weitergehen. Unser Cross Country Voyager traf pünktlich um halb zehn im Bahnhof von Newcastle ein und wir begaben uns auf die Suche nach unseren reservierten Sitzplätzen. Mit diesen Frühbuchertickets ist das Bahnfahren in Großbritannien einfach unschlagbar günstig. Zu Normalpreisen aber auch schon fast wieder unbezahlbar 😉
Die Fahrt an der Ostküste entlang war ein großer Spaß: Bei bestem Sonnenschein verlief die Strecke immer dicht am Wasser, der Steilküsten und passiert immer wieder malerische kleine Dörfer. Nach knapp zweistündiger Fahrt erreichte unser Dieseltriebwagen Edinburgh Waverley. Unser B&B befand sich unweit der Station Haymarket und so wurde erst mal eine Tageskarte gekauft und die Koffer weggebracht.
Unser Voyager von Cross Country fährt in Newcastle ein
Ankunft in Edinburgh Waverley oder eigentlich neben dem Bahnhof auf einem der Durchfahrtsgleise
Die Straßenbahn in Edinburgh war bei unserem Besuch ziemlich genau ein Jahr in Betrieb. Sie verbindet über York Place und die Princes Street die Innenstadt mit dem Flughafen. Dabei passiert sie unter anderem noch das Rugby Stadion Murrayfield. Zum Einsatz kommen siebenteilige Urbos 3 des Herstellers CAF. Die ersten der 26 Wagen kamen bereits im Jahr 2010 in Edinburgh an und standen anschließend rund vier Jahre auf dem Betriebshof, da sich die Eröffnung immer weiter verspätete. Aufgrund dieser Verzögerungen wurde vorläufig auch von einer Weiterführung der Strecke ab York Place abgesehen, weshalb die 26 Wagen deutlich zu viele sind. Entgegen vieler Behauptungen ist die Straßenbahn in Edinburgh von den Fahrgastzahlen her ein im wahrsten Sinne des Wortes “voller” Erfolg und hat die Erwartungen übertroffen.
Etwas seltsam gestaltet sich lediglich der Ticketverkauf. Auf den Bahnsteigen stehen Automaten die für wenig Geld Tageskarten und Einzelfahrscheine verkaufen. In der Bahn gibt es allerdings zusätzlich Schaffner, die jedem, der kein Ticket hat, eine Fahrkarte für horrende 10 Pfund verkaufen. In der Realität gestaltet sich dies oft so, dass ahnungslose Touristen die denken, in der Bahn ein normales Ticket erwerben zu können, vom Schaffner ohne zu bezahlen an der nächsten Station wieder herausgelassen werden, um sich am Automaten ein normales Ticket zu kaufen und dann mit der nächsten Bahn weiterfahren. Da stellt sich doch die Frage, warum die Schaffner nicht gleich alle normalen Tickets verkaufen, zumal die Haltestellenabstände sehr großzügig sind und so genug Zeit zwischen den Stationen bliebe…
Wir kauften uns jedenfalls für die zwei + zwei halben Tage vier Tageskarten und leisteten so unseren Beitrag zum Erfolg der Bahn 🙂
In den folgenden Tagen rückte die Straßenbahn immer mal wieder in den Fokus, sobald sich die Sonne etwas länger hielt. Nicht das das Wetter schlecht gewesen wäre, aber wie für diese Region typisch, eben sehr wechselhaft. Innerhalb weniger Minuten stand man nach schönstem Sonnenschein plötzlich im Dunkeln und dachte die Sonne drei Tage lang nicht wieder zu sehen 😉
Die Hauptrolle spielte natürlich die wunderschöne und hochinteressante Stadt selbst und so werde ich die Bilder der Straßenbahn etwas zusammenhanglos zeigen müssen:
Erster Kontakt mit der Straßenbahn. Wagen 259 auf der Princes Street
An der Station Haymarket verlässt die Tram den Straßenraum und verläuft einige Kilometer auf gesondertem Bahnkörper neben der Eisenbahn. Wagen 270 hat diesen Bahnkörper soeben über eine doppelte(!) S-Kurve verlassen – das freut den Multigelenker mal so überhaupt nicht.
Die Station West End zwischen Haymarket und Princes Street ist eine der schönsten Stellen der Strecke. Die Haltestelle bildet den Mittelpunt dieses ovalen Platzes im Stile der New Town Edinburghs. Im Hintergrund erhebt sich der Turm der Saint Andrews & Saint George’s West Church. Glücklicherweise ist die Straße hier für den normalen Verkehr gesperrt.
Blickrichtung Haymarket an der Station West End. Im Hintergrund ist der Turm von Charlie’s Schokoladenfabrik zu sehen – jedenfalls fühlte ich mich bei diesem Anblick daran erinnert 😉
Und so sieht es üblicherweise auf der Princes Street aus. Die Busse und Taxis reichen vollkommen aus, um die dreispurige Straße zu füllen. Ach ja, eine Tram gibt’s auch noch…
Ein Urbos 3 verlässt die Endstation York Place
Nach diesen ersten, etwas trüben Eindrücken Edinburghs, sollte am Nachmittag noch einmal für ein paar Stunden die Sonne herauskommen, als wir uns gerade auf der Außenstrecke kurz vor dem Flughafen befanden.
Dem Chaos der Stadt mit seinen tausenden Bussen, die sich durchschnittlich im Schritttempo durch die Stadt wühlen, konnte man hier gut für ein paar Stunden entfliehen.
Die Endstation Airport besuchten wir jedoch nicht. Für diese letzte Station wird ein erheblicher Aufpreis verlangt, den wir angesichts der einen Station nicht zu zahlen bereit waren. Das Konzept dahinter ist zwar verständlich aber der Aufpreis einfach zu hoch.
Die Fahrzeuge selbst sind im Übrigen bis auf den konstruktionsbedingten miserablen Kurvenlauf äußerst komfortabel! Als Anspielung auf das Ziel Airport, sind die Sitze denen von Flugzeugen nachempfunden und daher mit Kopfstütze ausgeführt und mit Kunstleder überzogen. Da könnte sich die Eurowings durchaus eine Scheibe abschneiden. Weiterhin verfügen die Fahzeuge über drei große Gepäckablagen, große Zielmonitore und kostenloses WLan, das sogar einwandfrei funktioniert. Solche Standards würde man sich auch anderswo wünschen!
Im Hintergrund ist schon der Flughafen zu sehen
Wagen 256 kommt vom Flughafen übers freie Feld nach Ingliston Park&Ride. Viele Pendler nutzen die Station Ingliston Park&Ride um stressfrei nach Edinburgh zu gelangen.
Wagen 253 beschleunigt aus der Station Gogarburn heraus Richtung Edinburgh
Eine besondere Qual ist das Durchfahren solcher völlig zwanglos in die Landschaft gebauter Kurven – zumindest aber fotografisch eine Abwechslung. Hier die andere Seite der Station Gogarburn
Anschließend ging es mit dem Bus nach Queensferry um an der legendären Firth of Forth Bridge den Sonnenuntergang zu genießen. Der Bus benötigte für die gefühlten 10km allerdings geschlagene 45min und so versank die Sonne gerade in dem Moment, in dem wir die Brücke erblickten. Also wurden dort einige Aufnahmen zur blauen Stunde gemacht und ein weiterer Besuch an einem Nachmittag eingeplant. Zurück ging es dann aber doch lieber mit dem Zug als mit der schrecklichen Buslinie 63.
Auf der Vorbrücke der berühmten Firth of Forth Bridge ist sogar der Schein eines Zuges zu erkennen
Auch am nächsten Tag entstanden vor Allem am Nachmittag einige Aufnahmen der Straßenbahn. Gerade im Bereich der Innenstadt zwischen West End und York Place mussten wir einiges an Geduld mitbringen, um einige Aufnahmen mit Sonne und ohne zu viele Störelemente hinzubekommen.
Wagen 264 fährt in die Station St Andrew Square ein. Dies ist die einzige Stelle an der man den Meeresarm Firth of Forth mit Straßenbahn fotografieren kann
Wagen 264 biegt gleich auf die Princes Street ein. Im Hintergrund türmen sich die massiven Bauten der Old Town auf. Dieses Motiv präsentiert sich leider nie gut im Licht.
Am Nachmittag gelangen einige Aufnahmen auf der belebten Princes Street. Hier erneut mit Wagen 264
Wagen 267 bahnt sich seinen Weg über die Hauptlebensader der Stadt
Anschließend stand noch einmal die schnellbahnähnliche Strecke hinter Haymarket auf dem Plan. Hier besteht auch die Möglichkeit das berühmte Edinburgh Castle mit auf’s Bild zu bekommen.
Der Urbos 3 überquert gleich die Eisenbahn und fährt Richtung Flughafen. Im Hintergrund das berühmte Castle.
Die Strecke ist hier geprägt von viel grün, wobei seitlich immer große Wohngebiete liegen, welche durch die Bahn erschlossen werden. Viele Kreuzungen sind niveaufrei gestaltet, sodass ein schnelles Vorankommen garantiert wird.
Die Bahn überquert nahe Saughton die Straße über eine eigens errichtete Brücke
Als wir die in einem modernen Bürogebiet gelegene Station Park Central erreichten, war die Sonne schon fast untergegangen. Würde sie noch halten, um in zehn Minuten ein letztes Sonnenbild über die freie Grasfläche von der nächsten Bahn zu schießen? Tatsächlich hielt sich die Sonne, im Gegensatz zu gestern in Queensferry, noch eben lang genug. Als wir das Bild schossen berührte sie schon fast den Horizont und tauchte die Szene im Zusammenspiel mit den dunklen Wolken über den Pentland Hills in ein unwirkliches Licht.
Der fast letzte Sonnenstrahl taucht Wagen 273 in ein faszinierend unwirkliches Licht
Am letzten vollständigen Tag in Edinburgh stand bahntechnisch vor Allem noch ein zweiter Besuch der Firth of Forth Bridge auf dem Plan, nachdem wir es vor zwei Tagen nicht mehr bei Sonnenschein geschafft hatten.
Da wir noch ein Straßenbahnmotiv an der Station Park Central offenstehen hatten, an der gestern das letzte Bild entstand, beschlossen wir, nach Queensferry doch noch einmal die mehr als schaurige Buslinie 63 ab der Tramstation Gyle Centre in Anspruch zu nehmen. Im Doppeldecker durch die Innenstadt zu schaukeln hat ja schon was für sich, aber mit einem Eindecker irgendwelche komischen Runden durch Vororte zu drehen, kann schon an die Nerven gehen :\
Am Vormittag entstanden aber zunächst noch ein paar Bilder in der Stadt:
Wagen 264 biegt von der Station St. Andrew Square kommend in Richtung York Place ab
Nach kurzer Pause am York Place kommt 264 zurück und biegt in die Princes Street ein
Nun machten wir uns aber Richtung Queensferry auf, um die Sonne nicht erneut zu verpassen und knipsten unterwegs noch ein wenig an der Station Park Central.
Wagen 254 im Büroviertel um die Station Park Central
In Gyle Central wurde noch etwas Verpflegung eingekauft. Man wusste ja aufgrund der aufziehenden Wolken nicht, wie lange man an der Firth of Forth Bridge auf die Sonne warten müsste.
Diesmal hatte die Busfahrt aber etwas Gutes: Während der Fahrt schüttete es wie aus Kübeln und so saß man wenigstens im Trockenen. Ein Erlebnis der besonderen Art ereignete sich noch an der Bushaltestelle Gyle Central: Während des Wartens setzte besagter Schauer ein, sodass wir aus der in britischer Manier aufgereihten Warteschlange traten und uns unter einem Dach unterstellten. Das Warten in geordneter Reihe bei jeder Gelegenheit kennt man ja von der Insel nur zu gut, aber als der Bus kam und wir uns wieder hinten anstellen wollten, wurden wir an exakt den Platz in der Schlange vorgelassen, den wir zuvor aufgegeben hatten. Es wird sich also sogar der Platz gemerkt, an dem man sich zuerst eingeordnet hat. Eine tolle Sache über die wir schon etwas schmunzeln mussten 🙂
Die Wolken rissen jedenfalls gerade auf, als wir in Queensferry ausstiegen und so konnte die Brücke im Laufe des Nachmittags von beiden Seiten im Sonnenlicht festgehalten werden.
Die Firth of Forth Bridge ist den meisten Eisenbahnfans ein fester Begriff und auch für Straßenbahnfans wie uns und überhaupt jeden ein mehr als sehenswertes Bauwerk. Aus 54000 Tonnen Stahl errichtet, weist sie eine Länge von 2522m auf.
Bei Ankunft lag noch ein wenig Wolkenschatten auf der Brücke
Nach Erreichen der eigentlichen Fotostelle verzogen sich jedoch nach kurzem Warten die Wolken
Vom südlich der Brücke gelegenen Bahnhof Dalmeny ging es auf die Nordseite der Brücke, an der der Bahnhof North Queensferry liegt.
First 158712 im Bahnhof Dalmeny
ScotRail 158869
Die Forth Bridge von der Nordseite aus gesehen
Anschließend ging es mit ScotRail zurück nach Edinburgh. Wir stiegen im Bahnhof Haymarket aus und machten noch ein letztes Bild der Straßenbahn an selbiger Station.
ScotRail 334003 im Bahnhof Haymarket
Wagen 267 fährt an der Station Haymarket durch das letzte Abendlicht
Damit näherte sich unser Edinburgh-Besuch seinem Ende. Am nächsten Vormittag geht es dann weiter zur letzte Station dieser Reise: Blackpool!
Bis dahin, vielen Dank fürs Mitlesen und die vielen Kommentare zu den ersten beiden Teilen.