Nach den M-Wagen im vorherigen Teil dieser Serie, kommen wir heute zu der regelspurigen Variante, den N-Wagen. Eingesetzt wird bzw. wurde dieser Fahrzeugtyp in Dortmund, Kassel und Nürnberg und gelangte nach der Ausmusterung zu zwei polnischen Betrieben.
Dortmund -> Danzig
Insgesamt 54 N8C wurden zwischen 1978 und 1982 nach Dortmund geliefert. Zwischenzeitlich wickelte dieser Fahrzeugtyp den gesamten Betrieb auf der verbliebenen Straßenbahnlinen ohne Hochbahnsteigen ab, bevor die Fahrzeuge von 2007 bis 2012 suksessive von den Niederflurbahnen des Typs NGT8 “Flexity Classic” von Bombardier abgelöst wurden.
Die zur Zeit der Ablösung noch vorhandenen 47 Fahrzeuge wurden bis auf eine Ausnahme vollständig ins polnische Danzig abgegeben. N8C 142 wurde zum sechsachsigen Arbeitswagen umgebaut.
In Danzig wurde den Dortmunder Fahrzeugnummern eine “1” vorangestellt und die Wagen erhielten eine Neulackierung im danziger Farbschema creme-rot. Ab 2009 begann die umfassende Modernisierung der N-Wagen in Form eines niederflurigen Mittelteils und neuen Frontpartien. Einige der später übernommenen Fahrzeuge wurden bereits vor ihrem ersten Linieneinsatz modernisiert.
Obwohl es sich bei der Straßenbahn in Danzig größtenteils um einen Einrichtungsbetrieb handelt, wurden die Fahrzeuge auch nach der Modernisierung als vollwertige Zweirichter erhalten und kommen so auch häufig im Baustellenverkehr zum Einsatz. Erst mit der Lieferung von fünf Pesa 128NG im Jahr 2017 erhielt Danzig einen weiteren Typ Zweirichtungswagen, um auch die neue Linie 10 bedienen zu können, welcher es an der neuen Endstation “Brętowo PKM” an einer Endschleife fehlt. Neben der Linie 10 und temporären Baustellenlinien sind die 46 N8C aber auch im sonstigen Liniennetz anzutreffen. Im Jahr 2008 kamen zudem einige der N8C zu einem kleinen Gastspiel in Krakau, wo sie auf einer Pendellinie in Nova Huta eingesetzt wurden.
Im Jahr 2008 trugen die N8C noch die Hauptlast auf der verbliebenen Straßenbahnlinie U43. Auch die unverkennbare Dormunder Lackierung in braun-creme trugen noch einige Exemplare, wie N8C 137 am 8. August 2008 an der Haltestelle “Potheke”.
2010 lagen die N8C dagegen in ihren letzten Zügen und kamen nur noch zu einigen Soloeinsätzen auf der U43. Am 5. Mai 2010 hält N8C 149 an der Haltestelle “Rüschebrinkstraße”.
2008 kamen einige Danziger N8C leihweise in Krakau auf der Baustellenlinie 72 zum Einsatz, noch bevor in Krakau mit den Nürnberger N8S-NF und den Düsseldorfer GT8S genügend eigene Zweirichtungsfahrzeuge zur Verfügung standen, um derartige Pendellinien bedienen zu können. N8C 1133 am 25. Mai 2008 in Nova Huta.
Ab 2009 begann die aufwändige Modernisierung. Im Herbst 2011 kamen bereits ausschließlich modernisierte N-Wagen zum Einsatz. Die späteren der aus Dortmund übernommenen Fahrzeuge wurden noch vor der Inbetriebnahme umgebaut. Am Morgen des 16. Oktober 2011 ist N8C 1119 bei “Ogrody” als Linie 12 unterwegs.
Die Gemütlichkeit in der Schleife “Strzykza” unweit des großen Depots ist inzwischen Geschichte, ist doch unmittelbar links des Triebwagens ein Bahnhof für die neue rund 20 km lange Bahnstrecke Danzig Wrzeszcz – Danzig Osowa entstanden, an welche auch die neue Linie 10 anschließt. Am 16. Oktober 2011 wendet N8C 1127 durch die herbstliche Schleife.
Kassel -> Danzig
Kassel erhielt in den Jahren 1981 und 1986 zwei Lieferungen N-Wagen mit insgesamt 22 Fahrzeugen. Während sich die sechs Fahrzeuge der zweiten Serie noch in Kassel befinden, wurden die 16 Wagen der ersten Serie bis 2014 von den neuen NGT8 “Flexity Classic” abgelöst. Nicht nur die Ablösung ist eine auffällige Parallele zu Dortmund, auch das Ziel der ausgemusterten N-Wagen war dasselbe. So gelangten alle 16 Fahrzeuge in polnische Danzig und wurden noch vor der Inbetriebnahme identisch zu den ehemaligen Dortmunder N-Wagen modernisiert. Heute sind die Wagen aus Kassel kaum noch von den ehemaligen Dortmunder Fahrzeugen zu unterscheiden. Neben den Fahrzeugnummern 1161-1176, weichen die Kasseler Fahrzeuge unter anderem durch die grauen Klimaaggregate auf dem ersten und dritten Wagenteil von den Dortmunder Fahrzeugen ab. Ursprünglich hatten die Kasseler N-Wagen zudem Einholmstromabnehmer, während die Dortmunder noch über Scherenstromabnehmer verfügten. Inwieweit dieser Unterschied in Danzig beibehalten wird, bleibt abzuwarten.
Im Jahr 2012 waren die N8C der ersten Serie in Kassel in den letzten Zügen und die niederflurige Ablösung drängte bereits in den Liniendienst. Die auf Zweirichter angewiesene Linie 6 Wolfsanger-Brückenhof war neben der 1E noch eine sichere Anlaufstelle zum Fotografieren der N-Wagen. N8C 412 verlässt am 18. Mai 2012 die Haltestelle “Auestadion”
Zwischen den zahlreichen Dortmunder Fahrzeugen sind die 16 Kasseler N8C nicht einfach ausfindig zu machen und noch dazu nur durch die Fahrzeugnummern zu unterscheiden. Am 23. April 2017 konnte der N-Wagen 1174 in der Endschleife “Oliwa” der Linie 12 ausfindig gemacht werden.
Nürnberg -> Krakau
Nürnberg erhielt in den Jahren 1976 bis 1977 insgesamt 12 in Lizens bei MAN gebaute N6S. Mit dem Aufkommen der Niederflurtechnik wurden die ohnehin zu kleinen Fahrzeuge bereits 1992 zu N8S-NF mit Niederflurmittelteil umgebaut. Bereits zuvor gaben die beiden N6S 363 und 365 im Herbst und Winter 1985 ein mehrmonatiges Gastspiel in der Landeshauptstadt München zur Präsentation eines modernen Stadtbahnwagens.
Ab 2006 wurden die Fahrzeuge ausgemustert und mit der Ankunft der Variobahnen in den Jahren 2007-2009 entgültig überflüssig. Mit Ausnahme des museal erhaltenen 363, wurden alle der begehrten teilniederflurigen Fahrzeuge in polnische Krakau abgegeben. Eine aufwändige Modernisierung konnte hier im Gegensatz zu anderen Fahrzeugtypen in Krakau ausbleiben, da die N-Wagen bereits einen niederflurigen Einstieg aufwiesen. In den ersten Jahren erhielten die Fahrzeuge diverse Lackierungsvarianten im krakauer blau-schwarz-weiß. Erst mit der Inbetriebnahme der Düsseldorfer GT8S, setzte sich die neue Lackierung mit “fröhlichem Bart” auch bei den Nürnberger Fahrzeugen durch.
Ab 2014 wurde ein Teil der Nürnberger noch einmal einer umfassenden Modernisierung unterzogen. Die Fahrzeuge wurden vollkommen entkernt, zu Einrichtern umgebaut und erhielten eine volkommen neue Außenhülle. Nur an der Fenster- und Türenanordnung sind die mittlerweile mindestens fünf so umgebauten N-Wagen noch zu erkennen.
Noch in seinem Auslieferungszustand als Sechsachser ist N6S 364 am 23. Mai 1989 am Plärrer unterwegs.
Nach dem Einbau eines Niederflurmittelteils konnte nicht nur der Behindertengleichstellung Sorge getragen werden, auch die ursprünglich deutlich zu geringe Kapazität der N-Wagen konnte verbessert werden. Hier ist N8S-NF 365 am 24. September 2007 am Hauptbahnhof zu sehen.
Am 3. Oktober 2008 ist der mittlerweile zum N8S-NF umgebaute 369 im Museumsdepot abgestellt und zeigt sich in seinem letzten Betriebszustand.
Bei den Lackierungsvarianten war man in Polen wie so oft kreativ. So zeigt sich 3003 am 27. Juni 2010 mit einer schwarz-weiß-blau geteilten Front,…
…während bei 3005 das Schwarz dominiert. Beide Fahrzeuge konnten am 27. Juni 2010 im Betriebsteil Nova Huta angetroffen werden.
Durchsetzen konnte sich schließlich die mit den Düsseldorfer GT8S eingeführte Lackierungsvariante. Am 5. Mai 2014 ist N8S-NF 3081 auf dem Innenstadtring unterwegs.
Einige Fahrzeuge erhielten ab 2014 nochmals eine auffällige “Verschlimmbesserung” und wurden zu Einrichtern. Der innenraum besteht nun größtenteils aus billig anmutendem Hartplastik, welches kleinste Erschütterungen mit einem infernalen Geschepper quittiert. Am 5. Mai 2014 hat 3071 soeben die Endschleife Salvator verlassen.
Damit wäre die Exilgeschichte der M-/ und N-Wagen komplettiert. Mit der Ausmusterung erster Niederflurserien in Deutschland sinkt das Interesse an den in Deutschland zur Ablösung anstehenden Fahrzeuge auch im östlichen Ausland allmählich, so wurden beispielsweise zahlreiche Krefelder und Essener M8 bereits verschrottet. Dennoch darf man gerade mit Blick auf Essen oder Augsburg gespannt sein, ob noch einmal eine größere Serie M-Wagen der Verschrottung entgeht und den Weg ins Exil antreten wird.
In den nächsten beiden Teilen dieser Serie wenden wir uns den Konkurrenzmodellen der klassischen Düwag-Gelenkwagen mit Jakobsdrehgestellen zu: Den Kurzgelenkwagen von Hansa, Wegmann, Rathgeber und der MF Esslingen.