Einmal GANZ bis Budapest I: Es könnte der Strausberger sein…

Über den Monatswechsel Mai/Juni fuhr ich gemeinsam mit Jonas nach Budapest. Ziel waren dort in erster Linie die noch immer zahlreichen Altfahrzeuge von GANZ, CKD und die übernommenen TW6000. Aber auch ein kleiner Rundumschlag der vielen weiteren interessanten Schienenverkehrsmittel der ungarischen Hauptstadt sollte nicht zu kurz kommen. Auf dem Hinweg wurde der EC über Prag gewählt und ein Tag Pause eingelegt, sodass es auch dort nach mehreren Jahren der fotografischen Abstinenz wiedermal ein kleines Update gab. Von langsamen Schnellzugfahrten und zwei der interessantesten Straßenbahnbetriebe Europas erzählt in den folgenden Wochen dieser Reisebericht.


Prolog

Fast zeitgleich mit der Planung der Sizilienreise mit Johannes, schmiss ich Ende November vergangenen Jahres in den Fuzzi-Familien-Chat zwei weitere meiner Ideen für das Jahr 2024: Rhodopen im Februar und eine Reise nach Budapest via Prag. Nicht nur für ersteres fand sich, wie hier schon zu lesen war, schnell ein Mitstreiter, sondern auch für die Straßenbahntour zu den beiden Hauptstadtbetrieben von Tschechien und Ungarn. Jonas war noch nie in Budapest gewesen und daher schnell an Bord. Rhodopen im Februar, Sizilien Anfang April, da würde doch diese Tour gut Ende Mai reinpassen, ohne das die Reiserei “stressig” werden würde 😉 Mit krasser Sommerhitze war Ende Mai auch noch nicht zu rechnen, vielmehr sehr angenehme Temperaturen und super Tageslängen, um sich ausgiebig in den Städten herumzutreiben.
Während Prag bei mir in den 10er-Jahren ein Dauerbrenner war, mal wegen der Straßenbahn, mal wegen Kursfahrt oder dem Besuch von Erasmus-Exilanten, war es in den vergangenen Jahren doch etwas eingeschlafen und genaugenommen waren schon seit 2014 keine Straßenbahnbilder mehr in der goldenen Stadt entstanden. Ein Besuch stand daher schon lange wieder auf der Bucket-List. Jonas war demgegenüber in den letzten Jahren vermehrt in Prag gewesen und entsprechend gab es für ihn dort wenig Interessantes, aber der Betrieb ist einfach immer einen Besuch wert, sodass er gegen einen eintägigen Stopp auch nichts einzuwenden hatte. Budapest war dann für uns beide klar das Hauptziel. Für Jonas sowieso, da das bislang doch eine ziemliche Lücke in die Europakarte riss, aber auch ich war erst einmal im Jahr 2007 dort gewesen. Auch schon wieder 17 Jahre her… Und die Aufnahmen entstanden damals zugegebenermaßen noch von deutlich weiter unten und in eher so mäßiger Qualität. Umso schöner, dass man in Budapest auch 17 Jahre später zumindest an Fahrzeugen noch alles erleben kann, was auch damals fuhr, denn die urigen UVs waren auch im Sommer 2007 schon seit wenigen Monaten abgestellt gewesen und alles andere läuft noch heute. Hinzu kommen mit den CAFs noch zwei neue Baureihen, die natürlich auch fotografiert werden wollen.

Also ein Reisetag, dann ein Tag Prag, dann ein Reisetag nach Budapest, drei volle Tage dort und am letzten Tag die Rückreise nach Braunschweig. Die großzügigen Reisezeiten und der Stopp in Prag lassen es vermuten: Die Fahrt sollte mit der Bahn geplant werden.
Will man möglichst früh los, bietet sich eigentlich nur der EC ab Berlin an, der mit dem Nacht-ICE 100 um 03:16 aus Braunschweig schon um 06:15 ab Berlin Hbf erreichbar ist. So wären wir bereits um 10:27 in Prag und hätten dort quasi fast noch einen weiteren vollen Fototag – wenn die Bahn halbwegs läuft… Die alternative Fahrtroute über Dresden erscheint zwar erstmal naheliegender, ist aber zu früher Stunde aus Braunschweig nicht realisierbar. Nun, die Verbindung über Berlin brach dann Ende April, recht genau einen Monat vor Abfahrt zusammen: Man hatte beschlossen, den RJ 257 und auch die weiteren ECs Richtung Prag in Berlin Gesundbrunnen starten zu lassen, anstatt wie zuvor geplant am Hauptbahnhof. Hätten wir zuvor am Hbf angenehme 38 Minuten Umsteigezeit gehabt, ging es sich nun um Minuten nicht aus, mit Umstieg in den Regionalverkehr vom Hauptbahnhof den RJ am Gesundbrunnen zu erreichen. Zugbindung war damit aufgehoben und wir planten halt auf den EC 171, der eine Stunde später am Gesundbrunnen starten würde. War jetzt kein Drama, aber irgendwie schon wieder unnötig und streckte die Reisezeit von Braunschweig bis Prag von 3:16 Uhr bis 11:27 Uhr auf sage und schreibe 8:11 Stunden. Mit dem Auto Tür zu Tür nur rund 5 Stunden. Soviel zur Konkurrenzfähigkeit. Aber es war Alternativlos: Eine Fahrt in zwei Hauptstädte mit dem Auto wäre auch komplett unnötig, da man es dort eh nicht gebrauchen kann, sondern vielmehr irgendwie loswerden muss die Tage. Und ein bisschen 1. Klasse mit ECs durch Osteuropa schaukeln, ist halt auch einfach super entspannt. Urlaub eben…
Der weitere Fahrtverlauf nach Budapest war denkbar einfach: Mit dem EC 279 am Dienstagmittag Direktfahrt nach Budapest über Bratislava mit Ankunft um 18:28 Uhr. Zurück würde es dann den krassesten Reisetag der Tour geben: An einem Tag von Budapest über Wien nach Braunschweig. Wegen Ticketbruch war in Wien eine großzügige Pause geplant. Da aber auch hier die Verbindung der DB mit Umstieg in Göttingen nach Braunschweig einen Monat vor Abfahrt zusammenbrach, galt auch für die gesamte Fahrt ab Wien keine Zugbindung mehr, sodass wir uns um eventuellen Ticketverlust durch nicht erreichten Anschluss auf der gesamten Reise keine Gedanken mehr machen mussten.
Eine Woche vor Abfahrt buchte ich dann noch zwei Nächte in Prag und vier in Budapest, der Reiseverlauf stand ja ohnehin fest und dann konnte es Ende Mai losgehen.


Sonntag, 26. Mai 2024

3:16 Uhr am Hauptbahnhof in Braunschweig war natürlich wiedermal eine Ansage. Jonas schlug um halb drei bei mir auf und gemeinsam ging es mit dem Auto zum Hauptbahnhof, wo das kostenneutrale Parken zum Glück noch immer problemlos möglich ist, wenn man zu so einer Unzeit ankommt. Der ICE 100 hatte die gewohnte Höflichkeitsverspätung von wenigen Minuten, aber da wir jetzt eh ewig für den Wechsel zwischen Berlin Hbf und Gesundbrunnen hatten, war das nicht weiter relevant. Ein Grund für die lange Fahrzeit bis Prag ist schon der nächtliche ICE 100 nach Berlin, denn der Fährt die alte Bummelstrecke über Helmstedt, Magdeburg, Potsdam und hat damit schon stattliche 2:21h Fahrzeit bis Berlin. Die meiste Zeit döste man aber ohnehin im bequemen 1.Klasse Sitz, des 411ers vor sich hin. Die Klientel in diesem Nachtzug war natürlich wie immer etwas gewöhnungsbedürftig, da ist es auch egal in welcher Wagenklasse man unterwegs ist. Aber zumindest blieb es recht ruhig. Der Sonnenaufgang über den nebelumwaberten Seen Brandenburgs war dann aber doch so malerisch, dass ich die Augen öffnete und die tolle Stimmung genoss bis der Zug über die Stadtbahn in den Hauptbahnhof einlief. Irgendwo auf der Stadtbahn wachte dann Jonas auch mal wieder auf und wenig später wechselten wir einmal in den Keller des Hbf und schon warteten wir im RE auf die Abfahrt für die eine Station nach Gesundbrunnen hinüber. Irgendwie schon unnötig. Wozu ein Hauptbahnhof, wenn die Fernzüge dann alle von irgendwo anders starten…

Am Gesundbrunnen wollte dann am Sonntag vor 7 Uhr, teilweise sogar vor 8 Uhr kein Bäcker öffnen. McD zum Frühstück musste dann aber auch nicht sein (muss eigentlich gar nicht sein…). Jonas entdeckte bei Maps aber eine türkische Bäckerei zwei Ecken weiter, zu der wir dann eben mit den Koffern hinüberrollerten. Das Sortiment war durchaus eher mitteleuropäisch – der Laden hieß auch “Bäckerei Korn”, was dann ja nicht so richtig orientalisch klingt 😉 So war es kein Problem, Schoko-Croissant, Kaffee und andere Leckereien zu bekommen, die wir teilweise direkt auf dem Bahnsteig auf einer Bank vernichteten, während unser tschechischer EC 171 mit einer Vectron bereits einlief.


Der von der CD operierte EC 171 läuft in Berlin Gesundbrunnen ein.

Reservierungen hatte ich zwar für diesen EC noch nachgelöst, das stellte sich dann aber als recht unnötig heraus und so wählten wir frei die Plätze, die nicht gerade hinter einem Fensterbalken lagen (die Grafik auf der CD-Homepage war dahingehend irgendwie wenig hilfreich). Die Reservierung war direkt über die CD interessanterweise günstiger, als über die DB.
Gefühlt waren wir auch eine halbe Stunde nach Abfahrt noch nicht so richtig raus aus Berlin und seinem Brandenburger Speckgürtel. Gemächlich schlich die Fuhre durch die Gegend und sollte vom Tempo schon einmal eine gute Eingewöhnung für unsere weiteren Fahrten Richtung Südosten bis Budapest sein. Ab Dresden ging es dann schön an der Elbe entlang, ich orderte beim Bordservice mal den nächsten Kaffee und genoss die nun langsam interessanter werdende Landschaft. Das Gebummel schien weitgehend in den Fahrplan eingepreist und so erreichten wir recht pünktlich gegen halb zwölf Praha hl.n.. Hotel hatte ich gleich vor dem Bahnhof die Straße rauf gebucht, sodass wir zu Fuß dorthin ziehen konnten. Bei nur zwei Nächten Aufenthalt doch recht praktisch. Trotzdem deckten wir uns gleich im Bahnhof noch mit Tageskarten ein, bevor wir im Gold Bank eincheckten. Unterwegs gabs auch gleich noch das erste Straßenbahnbild, denn obwohl es auf dem Weg von Berlin bis Prag nach und nach immer weiter einsiffte, schien gerade wieder die Sonne etwas stärker durch die Wolkensuppe.


Gut vier Stunden später hat uns der “Berliner” schon bis in die tschechische Hauptstadt gebracht. Auf den wenigen hundert Metern rüber zum Hotel gibt es schon das erste Bild der Straßenbahn mit Skoda 15T4 9428. Mit einem 15T4 auch gleich die mir in Prag noch fehlende, zweite Bauserie der 15T. Dann können wir ja weiter nach Budapest… 😉

Kurz in dem auf Banktresor machenden, neuen Hotel eingecheckt und dann ging es auch gleich wieder raus die Sonne nutzen, solang sie uns noch beehren würde. Wir hatten beide keine wirklich konkreten Ziele, nur einige Dinge, die man ohne großen Stress oder Vorbereitung nebenbei abarbeiten könnte. Natürlich ein paar 15T4-Aufnahmen, was nun wirklich nicht schwer ist. Mal an den beiden historischen Linien 41 und 42 und der Touristenlinie 23 vorbeischauen, was so läuft und was in Prag selbstverständlich immer geht: So viele wie möglich von den charakteristischen, noch immer in hoher Zahl laufenden T3-Derivaten. So ließen wir uns die nächsten zwei Stunden erstmal durch die Innenstadt treiben und freuten uns über mehr Sonne, als die Wetterberichte hatte erhoffen lassen.


Die Querspange über Masarykovo nádraží war gerade noch wegen der Erneuerung der Trasse gesperrt, sodass es in diesem Bereich der Innenstadt zu zahlreichen Umleitungen kam und auf der Strecke vom Hlavní nádraží Richtung Václavské náměstí dichter Verkehr herrschte. 15T4 9439 rollt auf die Haltestelle Jindřišská zu.


Wenig später hält 15T4 9449 an der Haltestelle Jindřišská. Auch Prag hat wie so viele Großstadtbetriebe seine ganz eigenen, typischen Haltestellenschilder, hier an der Wand des Jindřišská věž.


Der Jindřišská věž rückt dann bei der nächsten Aufnahme Richtung Václavské náměstí in voller Größe ins Blickfeld und konnte mit einem T3R.P-Doppel mit 8245 an der Spitze aufgenommen werden. Auch an einem Sonntag waren die Klassiker noch zahlreich vertreten, nachdem zuletzt bereits die wesentlich moderneren T6A5CS abgegeben wurden.


Am Václavské náměstí gab es direkt das nächste Tatra-Doppel aus T3R.P 8542 und 8374. Dann aber schnell wieder raus aus dem Touristengewusel.


Am Václavské náměstí vorüber folgt die nächste 9 erneut mit einem 15T4, diesmal 9443 in der Vodičkova.


In ungewohnt dichter Folge für einen Sonntag liefen hier die Bahnen, sodass trotz der Bewölkung zahlreiche Sonnenbilder entstanden. 15T4 9422 knickt zur Haltestelle Lazarská ab.


Am Dreieck Lazarská kam der Ringhoffer 2210 als Sonderfahrt durch. Von den Fahrzeugen hat das hiesige Museum in verschiedenen Ausführungen noch über ein Dutzend im Bestand, zahlreiche davon betriebsbereit. 2210 stammt aus dem Jahr 1930.


Wir bogen von Lazarská zum Karlovo náměstí ab. An der Steigung hinauf zur gleichnamigen Haltestelle begegnet uns das Doppel mit T3R.PV 8154 und 8155.


Was mir in Prag auch noch fehlte waren die in klassisches Farbschema umlackierten T3R.PLF. Inzwischen scheint die Mehrzahl der Fahrzeuge klassisch creme/rot zu tragen, nachdem die meisten Fahrzeuge nach ihrem Um- bzw Neubau zunächst eine abweichende Lackierung in silber und weinrot erhalten hatten. Mir gefällts so deutlich besser. Hier erreicht T3R.PLF 8295 mit einem hochflurigen Anhängsel die Haltestelle Karlovo náměstí.


Am Karlovo náměstí gelang auch die erste Aufnahme der Touristenlinie 23, auf die wir schon an der Haltestelle Lazarská getroffen waren. Hier werden bevorzugt ältere T3 eingesetzt, die sich nicht mehr im regulären Liniendienst befinden und teilweise etwas historifiziert wurden. Auch die beiden “modernen” T2R aus Liberec, die beiden dem Museumsbestand zugeführten T6 oder der aus Bratislava übernommene K2 können hier gelegentlich beobachtet werden. Am Wochenende fährt die Linie einen dichten 7 1/2-Minuten-Takt, sodass auch Fahrzeuge zum Einsatz kommen, die der Laie nicht unbedingt von den noch zahlreich eingesetzten T3R.P unterscheiden kann. Mit seiner Chromleiste, den typischen Steckschilden und dem orangen Stromabnehmer setzt sich T3 6921 aber schon ein wenig von der Masse ab. Hier kann bei einer Mitfahrt auch noch der kultige Beschleunigersound inklusive der ruppigen Fahrweise erlebt werden. Besonders die Serpentinen hinter Malostranská hinauf auf den Hradschin sind unbedingt empfehlenswert. Im Gegensatz zu den vollwertigen Museumslinien 41 und 42, kann die 23 zum Normaltarif genutzt werden.


Schon haben wir die 23 wieder verlassen und laufen vom Karlovo náměstí Richtung Moldau hinunter zum Palackého náměstí. Auf dem Weg dorthin folgt mit 8299 der nächste T3R.PLF in neuer Lackierung.


Am Palackého náměstí findet sich ein etwas verzerrter, vollständiger Stern, von dem aus allen Richtungen wahlweise am Ufer entlang, zum Karlovo náměstí oder auf die Palackého most über die Moldau gefahren werden kann. 15T4 9446 entscheidet sich das Moldauufer zu wechseln und biegt auf die Palackého most ab.


Vom Karlovo náměstí kommt das noch komplett altfarbene Doppel aus T3R.PLF 8268 und T3R.PV 8159 herab und biegt auf die Uferstrecke mit dem Ziel Nádrazí Branik ein. Dort folgt wenig später auch die bekannte Tunneldurchfahrt unter dem Vyšehrad.

Wir blieben auf hiesigem Ufer und folgten der Strecke Richtung Karlsbrücke bis hinauf nach Staroměstská. Hier gab es dann mit den KT8D5.RN2P und den Skoda 14T auch gleich zwei weitere Fahrzeugtypen, die mir zumindest in den beiden neuesten Lackierungsvarianten auch noch fehlten. Und von den KT8D5.RN2P fehlten uns auch noch zwei ganz besondere Exemplare und zwar jene, die einst als KT8D5 durch Strausberg und zuvor durch Kosice gerollt waren. Mal wieder bestens vorbereitet, hatte sich natürlich niemand von uns beiden die Nummern der Fahrzeuge notiert, sodass fortan eben aus jeder Lebenslage draufgehalten wurde, sobald ein KT8 angedonnert kam. Keine Sorge, ich zeige hier natürlich nicht all diese Aufnahmen. Aber der Ausruf “Es könnte der Strausberger sein”, wurde fortan auf der weiteren Reise ein Running Gag und stets als Rechtfertigung vorgebracht, wenn einer von uns irgendwo ohne jegliches Motiv und/oder unter fragwürdigen Lichtverhältnissen eine Aufnahme für den digitalen Papierkorb anfertigte. Lustigerweise war es dann direkt die erste KT8D5.RN2P-Aufnahme dieses Prag-Besuches, auf der sich unwissend einer der beiden Strausberger eingeschlichen hatte und zwar der Wagen 9098. Die Geburtsstunde des “Es könnte der Strausberger sein” war, wie ich im Nachhinein herausfand, also tatsächlich direkt der Strausberger 😀 Sachen gibts…


“Es könnte der Strausberger sein”, brachte ich umgehend als Entschuldigung hervor abgedrückt zu haben, obwohl der KT8D5.RN2P unweit der Haltestelle Národní divadlo von einem der scheußlichen Touristen-“Oldimer” zugefahren wurde. Und es war tatsächlich der Strausberger bei einer Trefferchance von 1:63. Diese komischen Fake-Oldtimer, die nun überall durch die Stadt knattern und Touristen durch die Gegend schaukeln, kannte ich noch gar nicht von meinen bisherigen Besuchen in Prag. Super unnötig die Teile…


KT8D5.RN2P verlässt die Haltestelle Národní divadlo und passiert wenig später die Legií most. Die von der pid eingeführte, neue Lackierungsvariante fehlte mir auf den KT8 auch noch. Auch die 14T hat es schon zahlreich erwischt und auch einen einzigen 15T sahen wir am Abend schon im neuen Farbschema. Meinen Geschmack trifft das unruhige und die Front halbierende Design, dass die Formgebung der Fahrzeuge leider vollkommen außer Acht lässt, leider gar nicht. Bislang hatte es mir immer besonders gut gefallen, wie in Prag auf jeden Fahrzeugtyp eine passende Lackierung adaptiert wurde, wovon hier leider nicht mehr die Rede sein kann.


An der Legií most trafen wir auch wieder auf die 23, die hier unseren Weg kreuzt und ans andere Ufer übersetzt. Mit T3M 8014 verlässt ein weiterer für die 23 “historifizierter” T3 die Haltestelle Národní divadlo.


Ein paar Schritte auf die Legií most hinaus konnte wenig später ein besonderes T3R.PV-Doppel aufgenommen werden: T3R.PV 8161 und 8162 werben für Solidarität mit der von Russland überfallenen Ukraine. #STANDWITHUKRAINE – kann man uneingeschränkt so stehen lassen!


Weiter ging es ohne Beachtung vorbei an der wie immer völlig überlaufenen Karlsbrücke nach Staroměstsk, wo wir einen 42er Kurs abfangen wollten. Oftmals sind hier Ringhoffer mit Beiwagen unterwegs, aber auch andere Fahrzeuge können sich auf die mit insgesamt drei Zügen bedienten Linien 41 und 42 mischen. So etwa die wirklich alten T3, wie dieser in den Originalzustand versetzte T3 6102 aus dem Jahr 1961.


Leider in einem denkbar ungünstigen Moment überraschte uns dann das T3-Coupé auf einer Rundfahrt. Es reichte soeben noch, die Straßenseite zu wechseln und wenigstens ein etwas gedrungenes Fahrzeugbild aufzunehmen. Als Sichtungsbild geht es durch… Erst 2018 ging der zuvor als T3R.P 8497 im Linienverkehr eingesetzte Wagen zum Coupé umgebaut als 5573 wieder an den Start und kann seither für Sonderfahrten gechartert werden.


Wir wechselten nun erstmals das Moldau-Ufer und liefen über Malostranská in Richtung der Serpentinenstrecke, die die Höhe des Hradschin erklimmt. Hier bieten sich unterhalb der ersten Serpentine einige Perspektiven, wenn nur der dichte Verkehr auf der Straße nicht wäre… Zum Glück rollt hier auch auf der Schiene ständig etwas, sodass es irgendwann mit dem von T3M2-DVC 8051 bedienten 23er-Kurs klappte. Dieser T3 auf der Touristenlinie ist dann wirklich keine große Besonderheit, denn zumindest unter der Woche konnte wir letzte Vertreter der derzeit noch rund 20 T3M2-DVC auch noch auf normalen Linien beobachten.


Vermutlich reichen die einigermaßen “alt” anmutenden T3 beim dichten 7 1/2-Minuten-Takt am Wochenende einfach nicht aus, um die gesamte 23 zu bedienen, sodass auch auf die T3M2-DVC zurückgegriffen wird. So war auch um die Ecke herum die übernächste 23 mit 8067 wieder ein T3M2-DVC. Am folgenden Montag konnten wir den Wagen auf der Linie 13 beobachten. Zwischendurch kam auch der T2R 6004 aus Liberec durch, schwamm aber in einer ungünstigen Welle aus Autos mit.

Der Siff am Himmel war mittlerweile weitgehend “richtigen” Wolken gewichen und wir hatten eben noch ein paarmal richtig Glück gehabt mit der Sonne. Nun machte es aber langsam richtig zu. Von Malostranská fuhren wir anschließend den “Berg” hoch bis zum Museumsdepot. Irgendwie hatten wir uns aber mit den Umläufen verrechnet, sodass nicht wie erwartet bald ein historisches Fahrzeug durchkam. Heute schienen wir damit alle Fahrzeuge gesehen zu haben, die auf den beiden Linien liefen: Auf der 41 der Ringhoffer 2172, auf der 42 der Ringhoffer 2272 mit Beiwagen 1562 und der T3 6102.
Es gab noch eine Aufnahme der nächsten Linie 2 am Museumsdepot, dann ging es mit der nächsten Bahn in die Gegenrichtung.


Auf der Linie 2 laufen die niederflurigen T3R.PLF gern auch solo, wie der bis 2009 neuerstellte und 2020 umlackierte Wagen 8267.

Glücklicherweise entdeckten wir aus dem gewächshausgleichen Heckabteil des 15T blickend bald an der Haltestelle Hradčanská einen Costa am Straßenrand. So sprangen wir kurzentschlossen ab und entflohen der Tropenkammer. Durch die gigantischen gewölbten Heckscheiben heizt es sich in der hinteren Sitzgruppe der ersten 15T-Serie extrem auf bei Sonnenschein. Glücklicherweise hat die zweite Serie der 15T bereits ab Werk Klimaanlagen verbaut.

Der Costa überforderte mal wieder mit der Auswahl der zur Verfügung stehenden Kaffeebehältnisse. Wir entschieden uns für die zweitgrößte Kategorie die schon fast in stattlicher Müslischalengröße daherkam. Was ist denn die größte Einheit? Ein Suppentopf? Angesichts des sich bedrohlich verdunkelnden Himmel bestand aber auch kein Grund zum zeitnahen Aufbruch und langsam steckte einem das frühe Aufstehen auch ziemlich in den Beinen, waren wir doch nun schon seit über zwölf Stunden unterwegs, ohne zuvor mehr als ein, zwei Stunden geschlafen zu haben. Als Kuchen und Kaffee alle waren, ging dann vor der Tür des Costas ein Monsun runter, sodass wir gleich im danebengelegenen Supermarkt verschwanden und noch ein paar weitere Snacks besorgten, die wir unter dem Vordach stehend vertilgten. Als es ein wenig nachließ gings schnell zum Metroeingang rüber und erstmal zurück ins Hotel. Dort wurden ein paar Minuten die Füße hochgelegt, bevor es mit angepasster Kleidung wieder los ging. Es war nun mittlerweile halb sieben, sodass ich noch ein paar Brückenspots aufsuchen wollte, denn dort ist das Licht bekanntlich am längsten. Das passte auch gut mit den dort verkehrenden Linien 27 und 34, auf denen komplett die Zweirichter liefen. Auf den vielen anderen, auf den Strossmayerovo náměstí zufahrenden Linien, schienen vermehrt die alten Skoda 14T zu laufen, die man in den verschiedenen Lackierungsvarianten auch gern mitnahm.


Irgendwie sieht diese neue, von der PID eingeführte Lackierungsvariante einfach nur wild aus. Skoda 14T 9158 überquert hier als Linie 17 die Čechův most. Da der Wechsel von DPP auf PID genau in den Modernisierungszeitraum der 14T fällt, erhielten die ersten Fahrzeuge noch ein neues, an die 15T angelehntes Lackschema, die weiteren Fahrzeuge nun dieses Karomuster. Aber auch die alte Porsche-Lackierung findet sich noch auf einigen Fahrzeugen, sodass bei den 14T derzeit für Abwechslung gesorgt ist.


Das DPP-Farbschema nach der Modernisierung sehen wir wenig später am Strossmayerovo náměstí an 14T 9146 auf der Linie 8. Mir persönlich gefällt dieses von allen drei Varianten mit Abstand am besten. Im nahegelegenen Stadion war gerade ein Spiel zu Ende gegangen, sodass nun massenweise, teils gut angeheiterte Fans die Straße hinunterpilgerten.


Ein kleiner Schock war anschließend, dass scheinbar auch die ersten 15T nun das neue Design erhalten. Natürlich wurde dieses Novum aber auch umgehend dokumentiert, wenn es auch bei einem reinen Sichtungsfoto blieb. 15T 9269 blieb indes der einzige von uns in neuen Farben gesichtete 15T, aber es ist zu befürchten, dass dem nicht so bleibt…


Vom Strossmayerovo náměstí liefen wir zurück an die Moldau um eine weitere Brücke abzuhaken. Bei KT8 wurde unterwegs natürlich draufgehalten – es könnte schließlich der Strausberger sein 😉 Die von KT8D5.RN2P 9083 soeben passierte Haltestelle Nábřeží Kapitána Jaroše existiert übrigens in Gegenrichtung nicht, wodurch sich von der Čechův most bis zum Strossmayerovo náměstí ein absurd langer Haltestellenabstand von fast 1,5km ergibt. Nur deshalb waren wir eben auch bis zum Strossmayerovo náměstí hinaufgefahren, denn eigentlich wollten wir an der nicht existenten Haltestelle bereits aussteigen, um zur Štefánikův most zu gelangen.


Wir gelangten dann bald bis zur Štefánikův most, an der sich keine Haltestelle befindet. KT8D5.RN2P 9092 ist gerade von der Brücke auf die Uferstrecke eingebogen und liefert sich ein Rennen mit einer Mofa. Stylisch war der Auftritt des Zweiradfahrers in jedem Fall und fröhlich lächelnd grüßte er wenig später noch in die Kamera.


Der Ringhoffer 2210 kurvt derweil immer noch als Sonderfahrt durch die Stadt, nun um den Beiwagen 1530 bereichert. Das leere Gespann scheint sich am Moldau-Ufer nun aber auf Einrückfahrt zum Museumsdepot zu befinden.


Anschließend ging es ein Stück den Hang hinauf, um die Bahnen mit der Štefánikův most umzusetzen. Das T3R.P-Doppel aus 8579 und 8377 überquert hier als Linie 8 die Moldau.


Sogar die Sonne kam um kurz vor acht noch einmal hauchzart hervor, sodass sich die Brückenstrategie voll auszahlte. KT8D5.RN2P 9070 überquert die Štefánikův most als Linie 34.


Diesseits der Moldau kommt 15T4 9388 als Linie 15 daher.


Zum Abschluss noch ein unerkannt gebliebener KT8D5.RN2P auf der Linie 34 aus seitlicherer Perspektive, bei der der Blick auf den mächtigen, 216 Meter hohen Fernsehturm fällt.

Das Licht war nun endgültig weg und der Fototag für uns lang genug und mit mehr Sonne als erhofft auch sehr ertragreich gewesen. Durch die Baustelle am Masarykovo nádraží kam man von hier gerade allerdings nicht vernünftig zum Hotel rüber. Zumindest wäre es deutlich schneller zu Fuß, sodass wir über die Štefánikův most und dann einmal quer durch die Innenstadt liefen. Eigentlich hatten wir direkt neben unserem Hotel in einer Pizzeria einkehren wollen, aber ein unfreundliches Schild an der Theke wies entgegen den Angaben im Netz auf Cash Only hin. Na gut, wer keinen Umsatz braucht ist selbst schuld. Für die kaum zwei Tage in Tschechien wollten wir nun nicht extra Kronen tauschen, zumal man hier meist an der noch so kleinen Bude mit Karte zahlen kann. Also liefen wir ein wenig herum und machten uns auf die Suche nach Alternativen. Ich erinnerte mich, vorhin aus der Bahn Richtung Václavské náměstí eine Pizzeria gesehen zu haben und diese steuerten wir nun an. Direkt an der Straßenbahn sitzend gab es hier zwei Pizzen, die sich vor jenen auf Sizilien vor gerade mal ein paar Wochen nicht zu verstecken brauchten. Die Preise kamen uns etwas hoch vor, aber angesichts der unmittelbaren Nähe zum Václavské náměstí musste man schon mit bisschen Touristenaufschlag rechnen. Als auch die zwei großen Gerstensäfte vernichtet waren, schlenderten wir nach dem langen Tag direkt zurück zum Hotel, wo auch alsbald das Licht ausging. War auch schon wieder spät – im Mai ist es einfach lang hell…
Morgen steht dann noch einmal ein kompletter Tag in Prag an. Insbesondere der Vormittag sieht noch sehr freundlich aus, sodass es wohl einen Frühstart geben wird, noch bevor die Touristen vom Frühstücksbuffet die Innenstadt fluten.

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