CrossCountry Switzerland VI: Abschied von den EW-Lokzügen bei der RhB im Rheintal

Nach der BLM und den klassischen EW-Garnituren auf der MGB, folgt heute der dritte Abschied auf dieser Tour: Es geht an die Rheintallinie der RhB zwischen Disentis und Ilanz, wo sich bis zum Fahrplanwechsel noch die letzte Bastion der jahrzehntelang alltäglichen Ge 4/4 II-Lokzüge mit EW I und II findet.


Donnerstag, 5. Oktober 2023

So ein wenig hatte ich in den letzten Jahren den großen Capricorn-Fahrzeugumbruch bei der RhB seit 2020 einfach ignoriert. Zu ergiebig war ein zweiwöchiger Aufenthalt im Engadin im Jahr 2019 gewesen, als die Ge 4/4 I und Ge 6/6 II im Güterzugdienst noch alltäglich waren und teilweise sogar noch einzelne Personenzugleistungen übernahmen. Klassische Lokzüge mit Einheitswagen waren eh noch allgegenwärtig, lediglich am Albula rollten bereits die Alvra-Gliederzüge. Auch vor 2019 hatte ich mich seit 2011 jährlich immer wieder der größten und abwechslungsreichsten Schweizer Schmalspurbahn gewidmet, dabei intensiv alle Strecken erkundet und den vielen, teils aus der Zeit gefallen Fahrzeugen aufgelauert. So war dann mit der Capricorn-Invasion wenig Motivation vorhanden, wie so viele andere Hobbykollegen, irgendwo noch mit viel Mühe und überschaubarem Ertrag den letzten ihrer Art nachzujagen. Ich hatte mich ja glücklicherweise rechtzeitig gekümmert. Dagegen konnte ich die Schweiz-Reisen in den Jahren 2020 und 2021 nutzen, um auch ganz andere Ecken des Landes einmal in den Vordergrund zu rücken.
Erst im vergangenen Jahr sollte sich der große Umbruch im Stammnetz dann auch auf die Berninabahn auswirken, da mit dem Freiwerden der Allegras auf der Arosastrecke und am Albula schon bald die ABe 4/4 III am Bernina abgelöst werden könnten. Auch hier nahm ich mir im Herbst 2022 dann gerade noch rechtzeitig die Zeit, diese noch einmal in voller Gänze vor Regios und dem Bernina-Express in schönster alpiner Herbstlandschaft festzuhalten, sodass wir die letzten Einsätze, die nun fast auf unsere diesjährige Tour fielen, ignorieren konnten. Hatten die Ge 4/4 I und Ge 6/6 II ohnehin schon viel länger überlebt als gedacht und wurden von mir immer etwas als die Dinosaurier der Schweizer Schmalspur wahrgenommen, bildete das Ende der ABe 4/4 III und das sich nun im Herbst 2023 abzeichnende Ende der Ge 4/4 II vor EW-Zügen auf dem Stammnetz dann irgendwie den krassesten Einschnitt. Diese beiden Baureihen vor planmäßigen Personenzugleistungen waren irgendwie das Alltäglichste überhaupt gewesen in Graubünden seit ich die Rhätische kenne. Was lag da näher, wie im letzten Jahr von den ABe 4/4 III, nun in diesem Jahr wenigstens noch einmal einen Tag von den klassischen Zügen im Rheintal Abschied zu nehmen. Ursprünglich war das zwar kein priorisiertes Ziel dieser Tour gewesen, aber wir waren ja jetzt eh gerade in der Ecke und durch das Verschieben der Vigezzina auf kommende Woche, passte es jetzt perfekt ins Programm.

Langes Vorwort, nur um zu sagen, dass wir heute paar Züge im oberen Rheintal fotografieren wollten 😀 Aber ein bisschen nostalgisch wird man eben doch, wenn etwas lange Zeit als selbstverständlich hingenommenes plötzlich verschwindet.

Wieder lag eine sehr angenehme Nacht hinter uns – das Hotel Kruezli ist wirklich eine Empfehlung wert! Wir checkten dann recht zeitig aus und nach ein paar netten Worten gab es zum Abschied sogar noch eine Packung Bündner Nusstörtli. Übrigens aus jener Konditorei, die wir gestern Morgen hier in Sedrun gesehen hatten. Für das Frühstück ging es gleich hinunter nach Disentis. Der zunächst etwas versteckte und dann doch überraschend große Spar hatte bereits seit 7 Uhr geöffnet und wir deckten uns mit frischem Tessinerbrot, Marmelade, Joghurt und noch was Herzhaftem für das Mittag ein. Das angrenzende Café hatte noch nicht gebootet, aber im Ort fanden wir ein kleines Café, dass uns ein Koffeinsüppchen zum Mitnehmen verkaufte für die üblichen 4 CHF. So bewaffnet ging es hinab zum Bahnhof, denn unser erstes Motiv wäre von dort aus gut zu erreichen: Das klassische Klostermotiv an der Ausfahrtskurve des Bahnhofes. Eigentlich ein Klassiker, aber wie gesagt hatte ich hier an der Strecke zwischen Ilanz und Disentis noch nie wirklich intensiv was gemacht. Eine Umsetzung im April 2012 war dem damals wirklich miesen Wetter zum Opfer gefallen. Noch war hier aber alles im Schatten, für den 09:40 ab Disentis sollte es aber passen. Im Bahnhof stand schon wieder der Deh 4/4 21 am Rand und wartete auf seinen Einsatz vor dem Glacier. Ansonsten nur die üblichen Planzüge. Nach dem gemütlichen Frühstück am Bahnhof und erstmaligem Bargeld-Abheben des Mitreisenden, lief er schonmal vor zur Stelle. Ich rüstete noch das Rad auf, mit dem es heute gleich den nächsten Tag in Folge weitergehen sollte, dann folgte ich die wenigen Meter hinab ins Motiv. Der Lokzug klappte dann wirklich wunderbar an diesem ikonischen Motiv von Disentis. Perfekter Start in den Tag!


Direkt nach Fahrtbeginn passiert Ge 4/4 II 625 an der Bahnhofsausfahrt das Kloster Disentis. Die EW-Garnitur ist auch schon gut verblichen. Dafür führt dieser Zug am Schluss noch einen EW III mit. Im Gegensatz zu den restlichen Garnituren fehlt bei diesem Umlauf dafür einer der BDt 1751-1758, die bei den restlichen Zügen zumindest für einen niveaugleichen Einstieg sorgen sollen.

Schon trennten sich unsere Wege wieder: Ich radelte hinab zum Rhein und folgte der Schotterpiste im eingeschnittenen und noch kühl verschatteten Flusstal bis zum kleinen Dorf Disla. Wie im gesamten Streckenabschnitt fährt die Bahn hier weit oben am Nordhang, wodurch sie zwar von der Talseite schön Sonne abbekommt, aber sich eben auch nur schwer Standpunkte für vernünftige Aufnahmen finden lassen. Der nächste Regio nach Disentis war eh gleich dran, sodass ich den erstmal quer über die Wiese mit dem Ort im Vordergrund nahm.


So sahen dann die restlichen Züge heute aus auf der Linie: Werbefreie Ge 4/4 II mit einem der niederflurigen BDt 1751-1758 Richtung Disentis und einem kurzen 42er-Fahrrad-/Gepäckwagen. Hier ist der Zug wenige Minuten vor seinem Ziel mit Ge 4/4 II 614 oberhalb des Dorfes Disla Richtung Disentis unterwegs.

Bisschen schwierig hier alles mit der Strecke so weit oben am Hang. Ich sah mich mal um und entdeckte am Gegenhang Leitplanken im Wald. Wenn ich von hier unten die Leitplanken sehen kann, müsste man doch von oben einen super Blick über das Tal mit der Bahn haben…
Der Weg nach dort oben führte mich erstmal das Stück auf der Schotterpiste bis zum Ortsrand von Davos zurück, denn erst dort bestand die Möglichkeit einer Rheinquerung, mit der ich dann auch direkt die kleine Asphaltstraße gefunden hatte, die am Südhang entlang über einen Anstieg hinauf nach Cavardiras führt und anschließend wieder Richtung Talgrund hinabfällt. Das ist auch die offizielle Veloroute das Rheintal hinab und ich muss sagen, die ist einfach wunderschön zu fahren. Vom Anspruch her für Tourenradler ausgelegt, sodass ich mit dem Fully über weite Strecken etwas over-engineered war, aber besser haben als brauchen 😉 Das Angenehme war natürlich auch, dass es hier bis auf kurze Zwischenanstiege konstant leicht abfällt Richtung Rheintal. Das war für die nach der gestrigen Tour heute doch etwas müde Muskulatur genau das Richtige zum Einstieg. Trotz des leichten Schummelns gestern mit den Autotransporten Hospental-Nätschen und Disentis-Sedrun, waren immerhin rund 50 Kilometer und 1200 Höhenmeter zusammengekommen.
Nach einem kurzen Anstieg auf der Asphaltstraße stand ich dann an genau jenem Leitplankenstück, das ich eben von unten gesehen hatte. Nur auf einem kurzen Stück eröffnet sich hier ein für eine Aufnahme ausreichender Durchblick. Der wusste dafür aber durchaus zu gefallen. Nachdem der kurze Glacier mit einer Ge 4/4 II Richtung Disentis hinaufkam, wo der Deh 4/4 schon wartete, rollte in Gegenrichtung wenig später der Regio mit Ge 4/4 614 wieder das Tal hinab.


Der Blick von hier oben fällt zurück bis nach Disentis. Das Kloster wird allerdings von einigen Häusern fast vollständig verdeckt. Ganz hinten links kann sogar die Ausfahrt der MGB aus Disentis erkannt werden, an der gestern die letzte Aufnahme entstanden war.


Fast an identischer Stelle wie in der vorletzten Aufnahme befindet sich Ge 4/4 II 614 mit ihrem Regio wenig später oberhalb des Dorfes Disla.

Über das kleine Dorf Cavardiras führte mein Asphaltsträßchen wieder hinab zum Talgrund und über eine Schotterpiste ging es hinüber nach Cumpadials. Zwischen Cumpadials und Sumvitg oben an der Kantonsstrasse liegt dann der gleichnamige Bahnhof, den ich als nächstes ansteuerte. Aus Cumpadials kommend, zweigt im Ort eine Weg nach unterhalb des Bahnhofes ab, der zwar in einer Sackgasse endet, aber weit genug führt, um den Bahnhof aus der Vormittagsperspektive ablichten zu können. Dem Regio Richtung Chur war ich nun mit wenigen Minuten Abstand aus dem letzten Motiv gefolgt. Zunächst kam daher der Regio nach Disentis, der aber im siffigen Gegenlicht komplett absoff. Da es derselbe Zug war, der als nächstes in Gegenrichtung kommen würde, blieb nun entsprechend eine Dreiviertelstunde Zeit, die ich für einen kurzen Abstecher hinauf zum Volg von Sumvitg nutzte und mich anschließend mit kühlem Getränk und der nächsten Stärkung an die Wiese unterhalb des Bahnhofs setzte und etwas Podcast laufen ließ – Urlaub pur!

Die Zeit verging wie im Flug und bald kamen dann die Regios zunächst nach Chur und eine Viertelstunde später wieder Richtung Disentis. Eine Glacier-Kreuzung war hier gut zehn Minuten später auch noch im Zulauf, sodass ich die auch gleich noch vor Ort etwas variierte.


Ge 4/4 II 624 fährt mit einem Regio nach Chur in den Bahnhof Sumvitg – Cumpadials ein.


In Gegenrichtung hat eine Viertelstunde später Ge 4/4 II 632 mit dem Regio nach Disentis den Bahnhof Sumvitg – Cumpadials verlassen, nun vom Ortsrand von Cumpadials aus aufgenommen. Über dem letzten Wagen liegt oben an der Kantonsstrasse der Ort Sumvitg. Der Bahnhof befindet sich genau zwischen den beiden Dörfern.


Für die Glacier-Kreuzung ging es noch einmal Richtung Bahnhof. Aufgrund der Kreuzung fuhr Ge 4/4 II 629 mit ihrem Fünf-Wagen-Glacier dann natürlich ins hintere Gleis und verschwand daher minimal im Schotter. Der Bahnhof verfügt interessanterweise über eine Drehscheibe. Diese wurde Anfang der 2000er-Jahre gebaut, vermutlich als Ersatz für die mit dem Umbau in Disentis verschwundene Drehscheibe. Dampfsonderfahrten das Rheintal hinauf können seither hier gedreht werden. Auch bei seltenen Dampfsonderfahrten über den Oberalp, wie etwa Ende Oktober 2023, wird vermutlich hier die Maschine gedreht.

Für die Weiterfahrt ging es nun wieder auf die andere Seite des Tals jenseits des Vorderrheins. Die Kantonsstrasse oberhalb der Bahn zu radeln erschien mir nicht gerade als der größte Spaß. Die Piste auf der anderen Talseite – auch offiziell die Veloroute Richtung Ilanz – war demgegenüber richtig schön zu fahren. In Surrein wechselte ich dann wieder rüber zur Bahn um mal in der Umgebung des Bahnhofes Rabius Surrein zu sichten. So richtig viel ging aber auf den ersten und auch auf den zweiten Blick nicht. Ein großes Kieswerk mit Abraum hatte sich hier unterhalb des Bahnhofes breitgemacht. Erst als die Regio-Kreuzung dann drückte, entdeckte ich, als ich die Züge schon abgeschrieben hatte, einen seitlichen Blick hinauf zur Bahnhofsausfahrt Richtung Disentis das Flussbett des Bergbaches Luven hinauf gesehen. Das gefiel schließlich sogar richtig gut.


Ge 4/4 II 625 verlässt nach Kreuzung mit dem Gegenzug den Bahnhof Rabius Surrein Richtung Disentis und überquert auf einer kleinen Brücke den Bergbach Luven.

Wieder ging es zurück über den Rhein auf die Veloroute und auf herrlichen Schotterpisten teils direkt am Flussverlauf entlang hinüber nach Trun. Die Kulisse des Dorfes ist wohl eines der bekanntesten Motive an dieser Linie oberhalb der Passage durch die Rheinschlucht. Eine kleine Brücke erlaubt hier vor dem Dorf das Überqueren der Bahn und einen sicheren Stand außerhalb der im Oktober noch immer saftigen Wiesen. Ich hatte noch ein wenig Zeit für einen Snack und wurde zwischendurch nur von einem Infrastruktur-Hobel unterbrochen, bevor der nächste Regio Richtung Disentis an der Reihe war.


Tm 2/2 81 der Infrastruktur jagt mit bisschen Baugelumpe durch die Wiese bei Trun. Die Wallfahrtskirche oben am kleinen Bergdorf war leider eingerüstet.


Zehn Minuten später folgt Ge 4/4 614 mit dem Regio nach Disentis. In Trun selbst war gerade ebenfalls eines der nach hier ausgerichteten Häuser dick eingerüstet, sodass sich heute die Perspektive am späteren Nachmittag direkt an der Ausfahrtskurve von der Straße aus nicht anbot.

Mein Tagesziel war eigentlich mindestens der Stausee des Kraftwerks Tavanasa. 14 Uhr war nun schon durch, sodass ich diesen am weitesten entfernten Punkt nun doch langsam erreichen müsste, zumal es zurück ja stetig leicht bergauf gehen würde. Hinter Trun wechselt die Kantonsstrasse auf die andere Rheinseite, die Veloroute tut aber selbiges, sodass wieder der Vorderrein zwischen der Veloroute und der Straße liegt. So macht das doch Spaß. Für Tourenradler hält die Strecke hier allerdings einige tückische kurze, aber steile Anstiege und Steinpassagen bereit, sodass andere Radelnde hin und wieder ein Stück schieben mussten. Die Bahnstrecke bleibt standhaft auf der Nordseite des Tals, sodass meine Piste nun direkt neben der Bahn verlief, wobei sich allerdings kaum Motive boten. Einzig am kurzen Tunnel fand ich über dem Portal einen netten Blick auf die Strecke, der zumindest als brauchbarer Dokumentationsschuss durchging – wenn die Sonne dagewesen wäre. Auf dem Rückweg klappte es dann aber mit Licht. Vorher rollte ich noch das letzte Stück bis zum Staubecken hinunter und lichtete dort einen Regio Richtung Ilanz und einen Glacier in Gegenrichtung ab. Trotz zunehmend Siff klappte das beides noch gut bei Sonne.


Am Ortsrand von Trun geht es nochmal durch ein kleines Dorf mit der Kapelle St. Josef.


Angesichts der fortschreitenden Tageszeit musste ich im Stundentakt langsam haushalten mit den Regios. Daher gab es am Staubecken vom Kraftwerk Tavanasa einen Nachschuss auf den Regio mit Ge 4/4 II 624 nach Disentis. Der Steuerwagen wird hier bekanntlich wie so oft nicht als solcher genutzt, sondern dient lediglich als Niederflureinstieg.


Richtung Disentis hatte ich noch den Glacier mit Ge 4/4 II 629 als gute Zwischenoption, der dann auch wunderbar mit Restspiegelung und vergleichsweise starkem Sonnenschein klappte. Den Regio eine halbe Stunde später wollte ich daher noch einmal über dem Tunnelportal versuchen.


Es geht die ersten Meter zurück Richtung Disentis. Direkt am Vorderrhein verlaufen hier Bahn und Veloroute. Die Kantonsstrasse verläuft auf dem anderen Ufer direkt hinter den Bäumen.


Diesmal klappte es dann über dem Tunnelportal mit Ge 4/4 II 632 und dem Regio Richtung Disentis zwischen Tavanasa und Trun.

Am Nachmittag gehen einem im Oktober im Stundentakt dann doch immer überraschend schnell die Züge aus, die noch bei Licht kommen. Ein letztes Pflichtmotiv hatte ich mir am Mittag noch für hinter Trun notiert, dass ich mit dem Regio Richtung Disentis um kurz vor fünf umsetzen wollte. Ich hatte also eine ganze Stunde Zeit für die paar Kilometer. Nach dem Oberalp-Trip gestern, wollte die Muskulkatur heute aber den ganzen Tag nicht so recht in Gang kommen, was sich besonders jetzt bergauf bemerkbar machte, sodass ich froh war, heute Nachmittag keinerlei Eile zu haben und ganz gemütlich das Rheintal hinaufkurbeln zu können, mit dem ein oder anderen Päusschen an örtlichen Brunnen. In Trun wechselte ich dann auf die Kantonsstrasse um zum Motiv an der Wiese Richtung Disentis zu gelangen. Kurz vor meinem Ziel sah ich mein Auto stehen, man traf sich also wiedermal zufällig an den letzten Abendmotiven. So lungerte der Mitreisende dann auch schon an der Heuhütte herum, die zum Warten auf den Zug als perfekte Basis diente. Schließlich war der noch fast eine halbe Stunde weg. Kurz vor Zug machte es der Siff dann unnötig spannend. Volllicht war schließlich nicht, als noch einmal die schöne Garnitur ohne Steuerwagen durchkam, aber in Lightroom ließ sich das sehr akzeptabel ausgleichen und kann als gelungen durchgewunken werden.


Kurz vor meinem angepeilten Motiv fällt der Blick am Ortsrand von Trun von der Kantonsstraße die gegenlichtige Wiese Richtung Disentis hinauf.


Ge 4/4 II 625 zieht die steuerwagenfreien Regiogarnitur um 17 Uhr bei Trun Richtung Disentis.

Meine letzte Option war jetzt noch einmal der Bahnhof Sumvitg Cumpadials aus der abendlichen Perspektive. Ich blieb jetzt gleich oben auf der Kantonsstrasse. Zeit wäre zwar gewesen, allerdings war der Energielevel gerade richtig im Keller und der Umweg über den Talgrund trotz des viel schöneren Weges nicht so die Option. Wieder an meinem Wiesenweg unterhalb des Kreuzungsbahnhofes angekommen, ließ ich mich am Wegesrand nieder und vertilgte noch den letzten Proviant. Ich fragte schonmal den Bahnhof Sumvitg Cumpadials als Treffpunkt an, dann müsste ich nicht mehr bis Disentis hoch. So richtig weit war es ja nun wirklich nicht gewesen heute und auch die Höhenmeter weit unter der 1000er-Marke, aber vermutlich hatten insbesondere einige Sprints gestern für nachhaltige Erschöpfung gesorgt.

Dass das hier nochmal mit Sonne klappte, war übrigens denkbar unwahrscheinlich. Vom Sonnenstand ist es zwar fast optimal, da die hier um diese Zeit fast in der Talachse steht und damit für “in den Bergen” quasi fast bis zum Sonnenuntergang scheint, aber der Siff ließ doch wenig Hoffnung aufkommen. Umso genialer, dass die Sonne dann genau mit dem Regio nach Disentis noch einmal für wenige Sekunden am optimalen Auslösepunkt voll aufdrehte – perfekter Tagesabschluss!


Wie ich so eine halbe Stunde am letzten Motiv des Tages herumlungerte, rechnete ich eigentlich schon ziemlich sicher mit einem Dunkelbild. Ich wartete trotzdem mal ab, denn etwas anderes gab es eh nicht mehr zu tun. Dass dann für wenige Sekunden die Sonne noch einmal quasi unterhalb der Siffschicht voll durchkam, war mit dem Regio mit Ge 4/4 II 624 der perfekte Tagesabschluss. Macht es jut Lokzüge im Rheintal!

Das war es dann also gewesen für uns mit den Lokzügen auf der Rheintalstrecke. Zumindest was die EW-Regio-Garnituren angeht, denn Ge 4/4 II mit Glacier wird man hier wohl auch weiterhin antreffen. Dennoch dürfte das wohl weitgehend der Abschied von den klassischen EW-Zügen bei der RhB gewesen sein. Vielleicht sieht man nochmal im Winter einen auf dem Engadin-Pendel, wo die zumindest früher aber immer ungünstig mit Steuerwagen Richtung Pontresina standen. Einzige weitere Option bleibt neben gelegentlichen Extra- oder Ersatzzügen dann wohl die motivarme Arosa-Strecke, von der die Allegras für den Einsatz am Bernina nach vielen Jahren zum Fahrplanwechsel wieder abgezogen werden sollten. Wenn es tatsächlich so kommt, wäre das natürlich endlich mal ein triftiger Anlass, dieser Strecke nach vielen Jahren der Vernachlässigung wiedermal einen Besuch abzustatten.
Die Zeit, in denen die Ge 4/4 II mit EW-Zügen das “Normal” bei der RhB waren und einfach so nebenbei mitgenommen wurden auf der Jagd nach Ge 4/4 I, Ge 6/6 II oder anderem, sind nun aber endgültig vorbei. Das zeitlose Design und der “schon-immer-da-Charakter” dieser Großserie ließ aber auch immer ein wenig vergessen, dass die Loks der ersten Serie in diesem Jahr schon ihren 50igsten Geburtstag feiern konnten. Da ist der Ersatz eben einfach mal dran. Für die für Schweizer Verhältnisse wirklich siffigen und nicht mehr zeitgemäßen EW I und II gilt das eh schon seit Jahren…

Nachdem wir uns oben am Bahnhof wiedergetroffen hatten und das Rad verladen war, statteten wir noch dem Coop von Disentis einen Besuch ab und machten uns dann auf den Weg zum nächsten Ziel, für einen Tag raus aus den Bergen nach Zürich. Die Route führte dabei zum wiederholten mal über den Oberalp und dann von Andermatt aus zur A2. Die Passhöhe erreichten wir genau zu den wenigen Minuten, in denen die Wolken über dem See und den Berggipfeln in schönstem Orangerot bis Lila strahlten. Da war eine kurzer Fotostopp natürlich Pflicht.


Abenddämmerung über dem Oberalpsee.

Dann ging es hinein in die Dunkelheit. In Andermatt lotste ich uns zum Bahnhofsvorplatz, denn ich hatte vom Besuch im Februar 2022 in Erinnerung, dass der Avec im neuen Bahnhof hier für die Schweiz mit 20 Uhr recht lang geöffnet hat. Und der hat einen Costa-Automaten – oder Starbucks? Egal, es ging sich zeitlich noch gut aus und wir bekamen frischen Kaffee für die folgende Autobahnfahrt. Ein anerkennendes Lob vom Mitreisenden für dieses Insiderwissen, dass die Fahrt Richtung Zürich rettete, wurde auf meiner Haben-Seite verbucht 😉 Bei Bündner Nusstörtli und Kaffee rollten wir nach Göschenen und anschließend die A2 hinab. Unser Ziel für heute war ein Gasthof in Merenschwand, etwa 30 Kilometer vor Zürich. Das lag sehr gut im Budget. Für ungefähr den gleichen Preis hätte man in Zürich über Booking.com übrigens ein Zelt bekommen – kein Witz. Das Angebot wurde auf jeden Fall zum Running-Gag für die restliche Tour. Eigentlich hätte man rein aus Spaß morgen mal an der angegebenen Adresse vorbeischauen müssen 😀

Es wurde wieder nicht allzu früh heute, aber gegen 21 Uhr erreichten wir Merenschwand. Auf dem Zimmer gab’s noch die Einkäufe aus dem Coop und ein wenig Planung, wie wir es morgen angehen würden, ohne ein Vermögen für einen Parkplatz in Zürich zu lassen. S-Bahn ab Urdorf war unser Schlachtplan.

Morgen gibt es dann also den nächsten so halbgaren Abschied. Wie die Ge 4/4 II, werden natürlich auch die Tram 2000 in nächster Zeit noch nicht vollständig verschwinden, aber in der Allgegenwärtigkeit, wie sie für Zürich jahrzehntelang normal waren, wird es wohl in naher Zukunft vorbei sein. Bis morgen dann in Zürich!

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