Swiss Reloaded III: Zwei Tage an der Furka Bergstrecke

Nach dem Tag an der Rigi folgt heute am dritten Tag bei Kaiserwetter an der Furka Bergstrecke schon der nächste Höhepunkt. Von Furka DFB geht es bis hinab zur Steffenbachbrücke und Retour. Auch morgen soll es mich noch einmal an die DFB verschlagen, dann zwischen Oberwald und Muttbach.


Donnerstag, 12. August 2021: Entlang der DFB zwischen Furka und Realp

Früh klingelt am heutigen Morgen schon wieder der Wecker in meinem kleinen Hotelzimmer in Sisikon. Der Dieselzug an der DFB mit Abfahrt in Realp um 09:15 soll heute den Einstieg in den Tag machen. 09:41 Uhr soll dieser Furka DFB erreichen, wo mein Plan es vorsieht, den Dieselzug abzupassen. Einiges an Vorlauf bräuchte ich dafür aber, denn der Abstieg vom Furkahotel an der Passstraße hinab zum Bahnhof und dann noch an den Gegenhang ist auch nicht ganz auf die Schnelle gemacht. Über eine Stunde Fahrzeit wäre es bis auf den Furkapass zum Parkplatz oberhalb Furka DFB auch noch. Ich startete also mal gegen halb acht vom Hotel. Beim Schlüsselabgeben musste ich die Frage nach dem gerade startenden Frühstück mit Blick auf die Uhrzeit leider verneinen. Die nette Dame gab mir daraufhin aber noch ein Croissant mit auf den Weg, das ich wenige Minuten später bei der Fahrt entlang des Vierwaldstättersees als kleinen Snack zum Tagesstart verdrückte. Bekannte Straßen führten über die Gotthardautobahn bis nach Göschenen und anschließend hinauf nach Andermatt, während langsam die Sonne über die steil emporragenden Bergspitzen stieg.
Ebenfalls bekanntes Programm in Andermatt: Kurz am Zeitparkplatz vor dem Bahnhof geparkt und zwecks Proviant zum Coop und Bäcker im Ortskern hinübergelaufen. So ging es mit allerlei Leckereien weiter Richtung Realp. Insgesamt hatte ich nun aber doch noch gut Zeit auf den Dieselzug, mit einem Frühstück in Sisikon wäre es aber durchaus eng geworden. Besser zu früh hier, als hinterher rennen zu müssen. Hinter Hospental blieb mir aber noch genug Zeit, den Parkplatz direkt an der Straße unweit des bekannten Viaduktes der MGB anzusteuern und erstmal den eben geholten frischen Kaffee samt Schoko-Croissant in der Morgensonne zu genießen. Neben mir erwachte in seinem Wagen gerade ein hier wohl semi-legal übernachtender Reisender – guten Morgen auch 😀 Ja, Hotels sind um Andermatt entweder teuer oder ausgebucht oder beides… Nur einmal hatte ich bislang 2018 das Glück, mit wenigen Tagen Vorlauf ein rustikales Einzelzimmer in Hospental zu vertretbaren Preisen zu ergattern. Spontan zur Hauptsaison und bei Wetter geht derweil unter 100 Franken in der Regel nichts, da weiche ich dann doch lieber Richtung Goms oder Gotthardtal aus. Aber ich komme vom Thema ab…
In der kurzen Kaffeepause kam auf der MGB nichts, ansonsten wäre ein spontanes aber nicht unfeines Bild durchaus drin gewesen vom Parkplatz aus. Aber ich musste nun doch weiter.
Vor neun am Morgen macht auch der Furkapass richtig Spaß. Einer der wenigen Momente, wo ich mir durchaus mal ein paar Pferde mehr als deren 125 vorstellen könnte 😀 Aber auch so ist es schön, ein wenig den alten und engen Pass hinauf zu räubern, ohne ständig eine Frittenbude, einen mit Ü60 besetzten Riesen-SUV oder Rennrad-Karawanen vor sich zu haben.
Kurz vor neun war der große Parkplatz am Restaurant Furkablick kurz vor der Passhöhe und oberhalb des Bahnhofes Furka DFB erreicht. Noch gab es einige wenige Stellplätze, aber viel später sollte man dann bei diesem Kaiserwetter auch nicht kommen, sonst ist alles schon gut voll.

So ganz im Klaren war ich mir bislang gar nicht gewesen, wie ich den Tag hier nun eigentlich verbringen wollte. Angesichts des tollen Wetters, der herrlichen Landschaft hier oben und der alsbald prekär werdenden Parkplatzsituation, verspürte ich dann aber so gar keine Lust, das Auto vor heute Abend noch einmal zu bewegen. Also ausreichend Proviant eingepackt und dann würde ich einfach alle Züge irgendwie während einer Wanderung hinab Richtung Tiefenbach abpassen.
Hinab zum Bahnhof zog es sich dann noch weiter, als ich ohnehin schon vermutet hatte. Immerhin rund 270 Höhenmeter liegt der Bahnhof Furka DFB unterhalb der Passstraße tief unten im Tal der unweit entspringenden Furka-Reuss. Mit meinem Vorsprung auf den Dieselzug waren die Höhe und die 1,3 Kilometern des engen, sich in unzähligen Serpentinen hinabschlängelnden Pfades aber gut zu schaffen. Im Bahnhof angekommen, ging es dann noch die restlichen Meter querfeldein zur Reuss hinab an einer geeigneten Furt hinüber und am Gegenhang wieder bis auf Streckenhöhe hinauf. Ohne große Wartezeit machte sich dann auch schon der leicht verspätete Dieselzug weiter unten im Tal laut bemerkbar und wurde langsam größer und größer. Nach der Einfahrt in den Bahnhof ermöglichte mir die kurze Pause noch ein wenig die Perspektiven zu variieren. Bei so wenigen Zügen – drei an der Zahl pro Richtung – muss man dann ja bestenfalls gleich mehrere Aufnahmen jedes einzelnen machen.


Von 2431 Metern an der Furkastrasse, führt ein kleiner Pfad in unzähligen Serpentinen steil bergab zum Bahnhof Furka DFB auf 2160 Metern Höhe. Nur auf diesem Pfad, der anschließend dem Tal der Reuss folgend Richtung Tiefenbach weiterführt, ist der Bahnhof Furka DFB zu erreichen.


Im Donnerstagsfahrplan startet als erster Zug des Tages der Dieselzug um 09:15 in Richtung Oberwald. Um 09:41 erreicht der Zug Furka DFB, wo nach rund zehn Minuten Pause die Fahrt durch den Scheiteltunnel startet. Noch befindet sich der Dieselzug mit HGm 4/4 61 mit leichter Verspätung in der Zahnstangenrampe hinauf nach Furka DFB. Einige Meter oberhalb in meinem Rücken entspringt die Reuss, oberhalb derer sich von Realp aus am Hang die Furka Bergstrecke hinaufwindet.


Der Dieselzug bringt auch einige Freiwillige zum Bahnhof Furka DFB, die im dortigen Zelt einen kleinen Souvenirshop mit Café und Snacks betreuen.


Nach kurzem Aufenthalt geht es hinein in den Scheiteltunnel. Oben auf dem Grat thront das Restaurant Furkablick an der Passstraße.

Nun hatte ich gut eine Stunde auf den ersten Dampfzug des Tages, der ebenfalls aus Realp den Berg hinauf kommen würde. Nachdem die Furkareuss wieder durchquert war, stieg ich den Hang unterhalb der Bahnstrecke wieder hinauf, um auf den Wanderweg Richtung Tiefenbach und Realp zu gelangen. Zunächst schaute ich aber noch im Bahnhof vorbei, den ich vor wenigen Minuten nur hastig durchschritten hatte, um noch pünktlich für den Dieselzug mein Motiv zu erreichen. Man war gerade dabei, das Zelt mit dem Bistro und Souvenirs für die ersten Besucher aus dem Dampfzug herzurichten. Sogleich fragte eine der Damen, ob ich nicht schon einen Kaffee trinken wolle. Mit Blick auf die gerade hergerichtete Jura-Maschine konnte ich da natürlich nicht ablehnen. Mit dem Hinweis, dass ich gar nicht zum Mitfahren hier sei, sondern “nur” zum fotografieren und wandern, wurde der Kaffee „leicht“ überbezahlt, um wenigstens einen kleinen Beitrag zur Würdigung dieses einmaligen Projektes zu leisten, dass ohne die vielen Freiwilligen, hier Fronarbeiter genannt, unvorstellbar wäre. Nach dem vorzüglichen Kaffee verabschiedete ich mich, drückte doch langsam der Dampfzug aus Realp, den ich mir auf der Sidelenbachbrücke vornehmen wollte. Einen Zug zu verpassen ist beim hiesigen Fahrplan schließlich keine Option.
Dieser stellte sich in diesem Jahr auch nicht ganz unkompliziert dar. Während in den letzten Jahren die ganze Woche gefahren wurde, wird in diesem Jahr nur von Donnerstag bis Sonntag Betrieb gemacht. Dafür sind dann aber auch an jedem Tag zwei Dampfzüge und der Dieselzug unterwegs, während in den vergangenen Jahren nur von Freitag bis Sonntag zwei Dampfzüge am Start waren und dementsprechend zum Fotografieren ein Besuch zwischen Montag und Donnerstag dann doch nicht sehr einträglich war. Jetzt gab es also von Donnerstag bis Sonntag je zwei Dampfloks und den Dieselzug auf der Strecke. Dennoch variiert der Fahrplan über die vier Tage etwas, sodass man sich vor jedem Tag genaue Gedanken machen muss, wie man die wenigen Züge umsetzt. Während Freitag und Samstag alle drei Züge je Richtung einmal die Gesamtstrecke befahren, fehlt am Donnerstag der erste Dampfzug 134 um 10:50 ab Oberwald, am Sonntag der letzte Dampfzug 157 um 14:20 ab Realp. Für den heutigen Donnerstag würde das also bedeuten, dass aus Oberwald erstmal ganz lang nichts kommen würde, bevor am Nachmittag der gleich aus Realp kommende Dampfzug 325 als 154 zurückkäme. Glücklicherweise kann man sich hier auch mit nicht optimalen Sonnenständen gut arrangieren, indem man beispielsweise seitliche Perspektiven über das Tal oder von den Brücken umsetzt, wie eben im Bahnhof Furka DFB.

Es lief sich im Anschluss einfach herrlich die rund 1 1/2 Kilometer hinab zur Sidelenbachbrücke. Der schmale Naturpfad lässt sich oftmals nur über die bekannten weiß/roten Markierungssteine erkennen, unterhalb rauscht kontinuierlich die Furkareuss dahin, dreihundert Meter oberhalb ist nur selten die Furkapassstrasse zu hören. Hin und wieder treiben sich einige Rinder in den weitläufigen Bergwiesen herum und von überall her schallen die pfeifenden Rufe der Murmeltiere zwischen den Hängen des Tals hin und her.

An der Sidelenbachbrücke bezog ich schließlich Position und musste nicht mehr lang warten, bis sich aus Realp der erste Dampfzug des Tages, bespannt mit HG 3/4 9 den Berg hinaufkämpfte.


Nach dem Dieselzug kletterte ich wieder vom Gegenhang hinunter, durchquerte die Furkareuss und lief nach einem kurzen Stopp im Bahnhof dem ersten Dampfzug des Tages entgegen.


Zwischen Tiefenbach und Furka kämpft sich dieser um kurz vor elf Richtung Scheiteltunnel hinauf.


Wenig später wird die Sidelenbachbrücke überquert. Im Einsatz aus Realp ist heute die schwarze HG 3/4 9 mit dem roten Zug aus AB 4462, BD 2503, B2204 und B4233.

Dann war das Spektakel auch schon wieder vorüber. Noch lange hörte ich das stampfen der Lok Richtung Furka DFB hinauf, auch zu sehen ist der Zug hier vor und nach dem Bild noch eine halbe Ewigkeit, wie er sich langsam am freien Hang Richtung Scheiteltunnel hinaufkämpft.

Nun sorgte der Donnerstagsfahrplan erstmal für eine ewige Pause. Von Freitag bis Sonntag hätte der eben durchgefahrene Zug 133 hinter dem Scheiteltunnel den Gegenzug 134 aus Oberwald gekreuzt, der dann auch bald bei mir durchgekommen wäre. So aber war die nächste Zugbewegung tatsächlich erst der nächste Dampfzug aus Realp, mit Abfahrt um 14:40 in Tiefenbach. Mir blieben also über drei Stunden Zeit zur Motivsuche, in denen ich es auch bis ganz hinab nach Realp geschafft hätte. Ganz so weit wollte ich aber gar nicht. Mein Ziel war die berühmte Klappbrücke über den Steffenbach, welche in der winterlichen Betriebspause zum Schutz gegen Lawinen eingeklappt werden kann. Gemütlich wanderte ich den Pfad durch die Wiesen hinab nach Tiefenbach, kreuzte unterwegs über eine kleine Brücke die Furkareuss und durchschritt schließlich hinter dem Steinstafelviadukt den recht nichtssagend kleinen Kreuzungsbahnhof Tiefenbach. Dahinter ging die Landschaft zunehmend in Gestrüpp über und obwohl das Tal weiter steil abfällt, geht es oberhalb der nun am Südhang verlaufenden Strecke, durch teils undurchdringliches Dickicht rechts und links des Weges, auch immer wieder einige Meter steil bergauf über den nächsten Grat des Talhanges. Recht unvermittelt tauchte in dieser Umgebung dann nach über einer Stunde Wanderung die Steffenbachbrücke auf. Irgendwie hatte ich mir das Teil immer etwas spektakulärer vorgestellt. Vielleicht etwas länger oder höher, so genau kann ich es gar nicht sagen. Problematischer waren allerdings zwei andere Umstände: Zum einen schienen die Hänge am Steffenbach immer weiter zuzuwuchern mit inzwischen doch recht hohen und dichten Büschen, sodass ich irgendwie nicht so den optimalen Spot fand. Zu allem Überfluss sind die Hänge hier unter dem Grün teils auch recht sumpfig, sodass ich mit dem rechten Fuß bei einem unbedachten Tritt unvermittelt tief einsank. So tief, dass das Wasser von oben in den Schuh lief – na lecker. Zum Glück ist es ja sonnig und warm heute.
Der zweite Umstand war eine sich am Südhang des Tales scheinbar selbstspeisende Quellwolke. Nur hier schien diese Wolke zu hängen, überall sonst war blauer Himmel. Immer wieder löste sich das Teil ein Stück auf, sobald es zu weit über das Tal waberte, nur um sich dann wenig später wieder aus sich selbst zu speisen. Sehr unlustig das Ganze, verschwand so doch wahlweise das gesamte Motiv, oder nur der Gegenhang hinter der Steffenbachbrücke im Schatten. Beides nicht so richtig toll.

Während ich Schuh und Socken in der Sonne trocknen ließ, ein kleines Mittagessen veranstaltete und einige Kapitel im Hörbuch vorankam, beobachtete ich die Wolkensituation rund eine Stunde lang skeptisch. Als halb zwei langsam näher rückte, nahte auch der point of no return langsam aber sicher: Hier jetzt noch eine Stunde auf den Zug warten und ins volle Risiko mit der Sonne gehen, oder noch zurück zum Steinstafelviadukt laufen, wofür die Zeit nun gerade noch reichen würde? Ich entschied mich für letztere Option. Einen der wenigen Züge hier jetzt mit einem Wolkenschaden zu versemmeln, wo überall rundum praktisch Sonnengarantie herrschte, war dann irgendwie nicht so die tolle Idee. Zumal mir ohnehin beide Motive noch fehlten und mir das Motiv am Steinstafelviadukt sogar deutlich besser gefiel als die Steffenbachbrücke. Also nochmal auf einen kurzen Sonnenspot für ein Trockenbild gewartet und dann Abmarsch zurück nach Tiefenbach.


Nach einer Stunde Pause brach ich das Warten an der Steffenbachbrücke schließlich ab und verabschiedete mich mit einem “Trockenbild” der bekannten Klappbrücke. Schön zu sehen, wie hier wahlweise alles oder nur Teile der Hänge immer wieder unter der einzigen stationären Quellwolke weit und breit verschwanden. Die Steffenbachbrücke selbst ist aktuell ganz gut verbuscht, sodass sich nur noch schwer eine wirklich gute Perspektive finden lässt. Da ist wohl länger keine Lawine mehr abgegangen, gegen deren verheerende Wirkung die in der Winterpause einklappbare Brücke einst konstruiert wurde.

Zumindest hatte ich die Brücke jetzt mal live gesehen und durch diese Erkundung die Pause am Steinstafelviadukt deutlich verkürzt. Über Tiefenbach ging es dann zurück zum Viadukt, an der kleinen Alm noch die Wasserflaschen gefüllt und dann hinüber auf die andere Talseite für Zug 157 mit Abfahrt 14:40 Uhr in Tiefenbach. Wie schon bei meinem letzten Besuch, wurde der zweite Zug wieder von der blauen HG 3/4 1 gezogen.


Bei Tiefenbach wechselt die Strecke auf dem Steinstafelviadukt über die Reuss vom Süd- auf den Nordhang des Tals. HG 3/4 zieht mit leichter Verspätung Zug 157 auf den Pass Richtung Oberwald.

Ob an der Steffenbachbrücke Sonne gewesen wäre? Ich weiß es nicht, aber dieses Motiv hier war so oder so stärker. Nun stand eine ungewohnt hohe Zugdichte an. Mit Kreuzung in Mutbach Belvedere würde der Dampfzug 154 aus Oberwald schon in einer Stunde hier in Tiefenbach sein. Wiederum nur 1 1/2 Stunden später würde der Dieselzug noch zurück nach Realp fahren. Die Strecke lag nun Richtung Realp aber doch schon arg im Gegenlicht. Ein wenig grübelnd über das weitere Vorgehen, wechselte ich erstmal wieder auf die andere Hangseite, füllte für den Rückweg nochmal alle Flaschen an der Alm auf und schlenderte etwas unentschlossen wenige Meter Richtung Furka. Wie ich von dieser Hangseite dann noch einmal den Steinstafelviadukt betrachtete, fiel es mir dann wie Schuppen von den Augen: Einfach hier unten warten und die seitliche Perspektive auf den Viadukt umsetzten. Durch die voll zur Geltung kommende Steigung gefiel mir diese kaum weniger gut als die letzte, der Sonnenstand würde locker noch für Seitenlicht reichen und zudem würde das Licht durch den nahenden Abend immer schöner werden. Also hockte ich mich einfach noch einmal eine Stunde an den Wegesrand und ließ das Hörbuch beim Rauschen der Furkareuss weiterlaufen, bis Harry Bosch schließlich wieder einen morbiden Fall aufgeklärt hatte und auch der Zug langsam nahte.


Eine Stunde nach dem letzten Zug kommt mit Kreuzung in Mutbach Belvedere Zug 154 aus Oberwald vom Pass hinab Richtung Realp und überquert den Steinstafelviadukt, gebremst weiterhin von HG 3/4 9.

Jetzt hieß es eigentlich nur noch zurücklaufen. Der in 1 1/2 Stunden folgende Dieselzug, wäre dann wohl wirklich nirgends mehr brauchbar im Licht, davon abgesehen, dass es bis hinauf zum Auto ja auch noch ein ordentliches Stück zu Laufen war und ich heute Abend noch bis nach Gasenried oberhalb des Mattertals weiter musste. Die Wanderung zurück Richtung Furka war dann im schöner werdenden Abendlicht einfach grandios. Einige wenige Wölkchen lockerten den klaren blauen Himmel auf, die in spätsommerlicher Blüte liegenden Bergwiesen kamen immer besser zur Geltung und die Murmeltiere waren weiterhin erbost über mein Auftreten. Bereits an der Sidelenbachbrücke vorüber, vernahm ich dann unvermittelt die unverkennbaren Geräusche eines Zuges. Wenig später kam dann oberhalb am Hang der kleine Hobel Tmh 985 hinab Richtung Realp. Wahrscheinlich brachte sich mit dem Fahrzeug die Besatzung des Tunnelbegleitdiesels nach getaner Arbeit wieder nach Hause Richtung Realp. Im Schlepptau hatte das Kleindiesel aber auch noch einen ebenso kleinen Kranwagen. Auch wenn das jetzt nicht spektakulär war, stieg ich ein paar Meter in den Hang und schoss dem Hobel nach Realp hinterher, wofür ich noch einen netten Gruß aus der Kabine erntete.


Wirklich selten, dass sich Mitte August praktisch keine Quellwolken am Nachmittag bilden – abgesehen von dem Monster über der Steffenbachbrücke. So ist der lange Rückweg zum Auto gleich noch schöner.


Der Hobel Tmh 985 bringt die Tunnelbegleitbesatzung zurück nach Realp.


Immer wieder stürzen von den Hängen kleinere und größere Bäche in die Furkareuss und erfordern teils Überquerungshilfen für die wenigen Wanderer. Vielleicht einer Handvoll anderen Menschen begegnete ich an diesem Tag zwischen Furka und der Steffenbachbrücke.


Weiter, immer weiter geht es zurück Richtung Passhöhe, noch im Tal der Reuss unterhalb der Bahnstrecke.

Nun wurde das Ganze aber doch langsam zum Kraftakt. Schließlich ist die Luft hier auf über 2000 Meter doch etwas dünner als gewohnt, zudem ist es immer fies, wenn es auf dem Rückweg bergauf geht, was sich beim heutigen Tag allerdings nicht anders organisieren ließ. So ganz bei 100% war ich dann nach der Impfung am Montag irgendwie auch immer noch nicht, jedenfalls kam die Erschöpfung doch etwas schneller als gewohnt. Spätestens morgen sollte ich dann aber wohl wieder bei 100% sein oder durch das Höhentraining noch ein wenig darüber 😉

Gegen 17 Uhr war dann nach einer guten Stunde Berglaufen Furka DFB erreicht. Mein Weg führte mich über den Bahnhof wieder auf den Serpentinenpfad hinauf zur Straße. Nach den ersten Metern Anstieg, bot sich dann aber doch ein ganz netter Blick auf den Tunnelausgang samt Drehscheibe und Reussquelle. Klar, bei weitem nicht optimal, aber der Dieselzug wäre eh in wenigen Minuten dran und so wartete ich, den letzten Proviant aus dem Rucksack zusammensuchend, noch auf den Lumpensammler aus Oberwald.


HGm 4/4 61 kehrt nach ihrer Fahrt nach Oberwald und der dortigen Pendelfahrt Oberwald-Gletsch-Oberwald, am Abend zurück nach Realp und verlässt bei der Einfahrt in den Bahnhof Furka DFB den Scheiteltunnel. Dort oben am Bergkamm entspringt irgendwo die Furkareuss, die sich anschließend zum Talgrund stürzt und die DFB und später MGB bis zum Streckenende in Göschenen begleitet.


Das wäre doch auch ein Knaller-Motiv für einen abendlichen Zug Richtung Oberwald. Der Haken: Einen solchen gibt es nicht im aktuellen Fahrplan. Der letzte Zug Richtung Oberwald ist von Donnerstag bis Samstag der eben in Gestalt des blauen Zuges auf dem Steinstafelviadukt gesehene Zug 157, für den das Licht hier noch recht knapp sein dürfte. Dann eben einen Nachschuss auf den Lumpensammler, welcher mit seinen vier zusätzlichen Materialwagen am Zugschluss schon eine ordentliche Fuhre abgab.

Der Lumpensammler hatte in Furka auch gleich noch die Bahnhofsbesatzung vom Café aufgenommen und kroch nun wie in Zeitlupe langsam am Hang hinab nach Realp. Für mich ging es die unzähligen Serpentinen hinauf zur Passstrasse. Da war ich doch froh, als ich gut erschöpft endlich oben ankam, wobei ich immer wieder innehielt, schon um den grandiosen Ausblick hinab über das Tal zu genießen.


Der Bahnhof Furka DFB liegt wirklich völlig einsam weit unterhalb der Passstrasse und ist nur zu Fuß oder mit der Bahn zu erreichen. Auch das wäre eine geniale Perspektive für einen abendlichen Zug Richtung Oberwald, vielleicht bietet in Zukunft ein abweichender Fahrplan oder ein Event mal die Möglichkeit… Für heute ist jedenfalls bis zum morgigen Dieselzug Ruhe eingekehrt im Bahnhof vor dem Scheiteltunnel.


Fast auf Höhe der Furkapassstrasse noch einmal der Blick ins Tal der Furkareuss.

Wieder am Auto ließ ich mich entspannt in den Sitz fallen und gab mal mein Ziel für heute Abend ein: Gasenried oberhalb St. Niklaus im Mattertal. Das wären immerhin nochmal knapp zwei Stunden. Aber es gibt kaum eine bessere Zeit zu fahren, als am Abend in die untergehende Sonne. Bei geöffneten Fenstern ließ ich den Motor die vielen Serpentinen nach Oberwald hinabbremsen. Eine wirklich tolle Strecke, sobald sich die Menschenmassen in den Restaurants und Hotels eingefunden haben. In Münster konsultierte ich noch einen mir von vorangegangenen Reisen inzwischen bestens bekannten Coop für ein reichhaltiges Abendessen, das im Kofferraum seinen Platz fand. In Gluringen wollte ich dann noch einen Blick über den Ort mit der darunter liegenden Kurve der MGB in den örtlichen Bahnhof umsetzten, stand die Sonne doch noch knapp über den Bergen. Leider stellte sich heraus, dass die Perspektive mit den charakteristischen Gomserhäusern wirklich nur aus meinem letztjährigen Dachzimmer vom Hotel Walliser Sonne aus möglich war. Also schlenderte ich durch den urigen Ort wieder hinab zum Auto und nahm den gerade durchrauschenden Zug der MGB eben ohne Ort im Vordergrund in besagter Kurve auf.


Der gröbste Teil der Abfahrt vom Furkapass ist geschafft. In Gletsch gibt es einen kurzen Fotohalt für den Blick zurück.


Der kleine abendliche Spaziergang durch Gluringen war bahntechnische recht erfolglos. Dann müssen die ungewöhnlichen, für das Goms so typischen Holzbauten, eben ohne Zug betrachtet werden.


Dann durfte doch noch ein MGB 2021-Ordner aufgemacht werden. Was zu diesem Zeitpunkt noch nicht feststand: Es sollte die einzige Aufnahme für diesen Ordner bleiben… Deh 4/4 96 schiebt einen Zug Richtung Visp.

Das war es dann fotografisch auch für diesen Tag. Was aber trieb mich heute eigentlich bis hinüber ins Mattertal? Es war der Wunsch, einen wettertechnisch optimalen Tag am Gornergrat zu verbringen. Dummerweise waren die Wetterberichte noch nicht so ganz deutlich, wann dieser Tag kommen würde. Zunächst hatte es für morgen danach ausgesehen, schon heute Morgen hatte sich die Prognosen dann aber eher auf den Samstag festgelegt. Einerseits weil ich im Goms keine passende freie Unterkunft mehr fand, andererseits um für alle Fälle für Freitag und Samstag den optimalen Ausgangspunkt für den Trip auf’s Gornergrat zu haben, buchte ich gleich drei Nächte im Gasthof in Gasenried. Morgen würde ich mich dann eben ein wenig an der MGB herumtreiben – dachte ich jedenfalls – sollten sich heute Abend die etwas schlechteren Aussichten für morgen bestätigen. Ohne noch in die Not zu kommen, im teuren Mattertal noch eine Unterkunft zu finden, buchte ich daher gleich für drei Nächte in Gasenried – so ging ich Richtung Wochenende gewissermaßen auf Nummer sicher mit der Beherbergung.

Gemütlich rollte es hinter einigen Schleichern weiter hinab Richtung Brig. Vor Visp verschwenkte ich dann in die Tunnelabkürzung Richtung Mattertal und sparte mir die lange Ortsdurchfahrt von Visp. Nun ging es wieder deutlich bergauf über Stalden bis nach St. Niklaus, wo ich auf das kleine Serpentinensträßchen hinauf nach Gasenried abbog. Wirklich ganz am Ende des Ortes in einer Sackgasse, an deren Ende nur noch der Wendeplatz für das Postauto und die örtliche Feuerwache lag, fand das Navi die angegebene Adresse des Gasthauses. Ich wurde mehr oder weniger schon erwartet, kam ich doch ein paar Minuten nach dem bei booking angegebenen Last-Call für’s Check in an. Aber das muss man in der Regel nicht so ernst nehmen, solange man mit Kreditkarte stornierungsfrei reserviert… Nach kurzer Rücksprache manövrierte ich das Auto noch irgendwie halb vor den Eingang auf den hauseigenen Parkplatz, der zum Teil heute Abend von Mannschaftswagen der Feuerwehr zwecks einer Übung im Ort belegt sei. Das Zimmer hatte zwar kein eigenes Bad, aber zumindest ein Waschbecken und was noch besser war, einen riesigen Balkon Richtung Mattertal samt Sitzgelegenheit und Tisch, auf dem sogleich das reichhaltige Abendessen ausgebreitet wurde. So klang der Abend bei einbrechender Dunkelheit mit einem Radler und der Berieselung durch eine Folge der Kochshow für alle, die keine Kochshows mögen (“Bömi brutzelt”) aus.
Für morgen steht noch kein genauer Plan, das Wetter hatte sich aber endgültig gegen das Gornergrat entschieden, sodass ich mich einfach in den Tag würde treiben lassen.


Freitag, 13. August 2021: Nochmal DFB – diesmal zwischen Oberwald und Mutbach

Die Überschrift verrät es schon. Entgegen meines eigentlichen Vorhabens, heute irgendwas an der MGB zu machen, verschlägt es mich doch noch einmal zur DFB. Aber der Reihe nach:

Pünktlich zum Frühstück um halb acht schlenderte ich mal in den Raum hinab, der mir gestern für das Frühstück ausgewiesen wurde. Es offenbarte sich ein reichliches Buffet mit frischem Brot, Käse, Marmelade und Kaffee. Der Blick aus dem Fenster in Richtung Postauto-Wendeplatz zeigte jedoch eher die pessimistischsten Vorhersagen von gestern Abend: Es hing ordentlich dick im Mattertal Richtung Zermatt. Mit dem Gornergrat wäre das heute also definitiv nichts geworden. Noch zwei Bergläufer enterten unabhängig voneinander den Früstücksraum und begannen ein angeregtes Gespräch auf Englisch, Sie mit Schweizer Akzent, Er unüberhörbar mit Holländischem. Froh, als dritte Person nicht ins Gespräch verwickelt zu werden – sowas ist vor dem Frühstück für Norddeutsche ein NoGo 😀 – überlegte ich mir mal einen Plan für heute. Eigentlich hatte ich daran gedacht, nach letztem Jahr noch einmal den Güterzug Visp-Zermatt zu versuchen, aber ob es das Wetter zulassen würde? Sonst würde ich wohl ein wenig Richtung Goms fahren, da sollte es wohl tendenziell besser sein – eigentlich scheint dort immer die Sonne oder?
Ich klärte noch ab, dass ich morgen früh in Anbetracht des frühen Aufbruchs nicht frühstücken würde und erhielt stattdessen das Angebot eines kleinen Lunch-Paketes für den Start in den Tag, das ich dankend annahm. Gestern Abend war mir zudem noch ein Zimmerwechsel angedroht worden von der zweiten auf die dritte Nacht. Das wäre natürlich blöd mit dem Räumen und Neubeziehen des Zimmers, wenn ich morgen in der Frühe los will und erst am Abend spät wiederkommen würde. Ich fragte also mal, wie das geregelt werden könnte. Ob ich nicht einfach in dem Zimmer bleiben wolle? Ja, von mir aus gern. Bei booking hatte diese Option irgendwie nicht bestanden, für die dritte Nacht sollte das Zimmer angeblich nicht frei sein. Verstehe wer will, was da im Buchungsportal wieder los gewesen war. Hängt ja oft auch damit zusammen, dass bei booking nicht alle verfügbaren Zimmer drin sind und sich das Portal dann eben was zurechtzimmert mit den Zimmern 😀 Wäre das also auch geklärt und das Tagwerk konnte beginnen.

Wie ich so die Serpentinen von meinem Berg Richtung Mattertal herunterrollte, sah es aber mal gar nicht nach Wetter für den Güterzug aus. Also gleich in den Tunnel Richtung Goms. Bei Fiesch hatte ich irgendwie noch nie etwas probiert und drehte da mal auf einem Stellplatz am Straßenrand bei. Nach einer halben Stunde Gelaufe durch den Wald oberhalb der großen 180-Grad-Kehre, wusste ich dann auch warum. Da geht einfach gar nichts. Hatte ich mir irgendwie mehr erhofft. Was nun? Irgendwie hielt sich meine Motivation, jetzt mit dem Auto was an der MGB zu machen, doch arg in Grenzen. Das macht einfach nur mit dem Rad wirklich Spaß an den “großen” Bahnen. Zu weit sind die Distanzen fußläufig zwischen den Motiven und in der Schweiz allein mit dem Auto Züge zu fotografieren ist einfach nur ätzend. Da muss man sich entweder richtig gut auskennen, oder aber einen Navigator dabeihaben, der zielsicher Motive und Abstellmöglichkeiten auslotet und einen entsprechend anleitet.

So kam dann die Idee, einfach nochmal an die DFB zu fahren und im Gegensatz zu gestern, heute die Rampe von Oberwald aus zu erlaufen. Auf den Dieselzug würde es sich zwar nur noch knapp ausgehen, müsste ich unterwegs doch auch noch etwas zu essen besorgen, aber heute würde dank Samstagsfahrplan ja auch noch ein Dampfzug aus Oberwald starten am Vormittag. Also keine Zeit mehr verlieren. In Münster noch schnell Proviant besorgt und weiter Richtung Oberwald. Das war jetzt zwar viel tote Strecke gestern Abend und heute, aber man konnte es ja nicht ahnen. In der ersten Serpentine hinter Oberwald konnte ich das Auto abstellen und genau hier startet auch ein Einstieg in den Wanderweg Richtung Gletsch. Trotz zügigem Schritt ging es sich mit dem Dieselzug wie befürchtet nicht mehr ganz aus. Schade eigentlich, kommt dieser hier am Vormittag doch perfekt im Licht hinunter nach Oberwald. Und Licht hatte es hier vorerst noch mehr als genug. Das Problem ist eben, dass der Wanderweg Richtung Gletsch nach dem Überqueren der Rhone erst in einem großen Schwenk abseits der Bahn an Höhe gewinnt. Aber auch die Strecke selbst verläuft hier noch weitgehend verdeckt und genau in diesem Abschnitt rollte dann trotz aller Eile der Dieselzug durch. Aber um 10:50 Uhr würde auch schon der Dampfzug 135 in Oberwald starten, sodass für Programm gesorgt war. Der kommt zwar gut aus dem Gegenlicht, aber der Wanderweg verläuft auf der anderen Seite des engen Tals, sodass ganz gut quergeschossen werden kann. So wartete ich schließlich bei einem Emmi Café und einem Schokobrötchen an einem engen felsigen Abstieg des Wanderweges auf den Dampfzug aus Oberwald.

Um 11 Uhr dann nach einigen Pannen endlich das erste Bild des Tages. Einmal bitte den Bildschirm drehen, es muss doch ausnahmsweise ein Hochkant-Bild sein: Zug 135 mit HG 3/4 1 auf Bergfahrt zwischen Oberwald und Gletsch Richtung Realp.


Das wäre dann eine der möglichen Ansichten für den Dieselzug gewesen. Aber was soll’s, dann eben ein Nachschuss auf den Dampfzug als Reminder für einen Besuch in der Zukunft.

Mit Kreuzung in Mutbach würde jetzt auch schon in gut einer Stunde der Gegenzug aus Realp in Gletsch abfahren. Das Licht stand Richtung Oberwald noch immer gut, sodass sich der Rottenviadukt unterhalb des Kehrtunnels bei Gletsch anbot. Mehr als genug Zeit blieb, um entlang der Rhone, die hier im obersten Bereich auf Deutsch seltsamerweise Rotten heißt, zum Viadukt zu laufen. Von unten dröhnte es dann aber schon bald, als ich gerade am Viadukt angekommen war. Richtig, der Dieselzug pendelt ja am Tag noch eine Runde von Oberwald nach Gletsch und zurück. Damit setzte ich eben noch eine abgesägte Perspektive am Viadukt um.

Während des Wartens ließ sich hier dann wiedermal belustigt das wilde Gefahre am Pass beobachten, besonders schön natürlich, wenn das Postauto mit schallendem Dreiklang die Serpentinen hinauf kurbelt und dabei gnadenlos Wohnmobile mit gelben Kennzeichen verräumt 😀

Langsam drückten hier die Wolken nach Gletsch rein, sodass die Aufnahme des Dampfzuges zu Zitterpartie wurde. Aber es ging sich gerade so mit Sonne aus und der erneute Ausflug an die DFB hatte sich damit schon gelohnt.


Der Dieselzug dreht am Mittag eine Runde nach Gletsch und fährt nach gut einer Stunde Pause wieder hinab nach Oberwald. Hier überquert HGm 4/4 61 als Zug 238 den Rottenviadukt vor dem Kehrtunnel hinauf nach Gletsch.


Es zog sich auch hier nun merklich zu, ging sich aber gerade noch aus mit dem Dampfzug 133 nach Oberwald, gezogen wie schon gestern von HG 3/4 9.

Was nun? Erstmal hinauf nach Gletsch, den Dieselzug im Bahnhof fotografieren. Der Wanderweg kreuzt auf der Straßenbrücke oberhalb des Tunnelportals die Passstraße und führt auf der anderen Talseite weiter Richtung Gletsch. Von diesem Abschnitt des Weges bietet sich ein schöner Blick auf die obere Tunnelausfahrt Richtung Gletsch und in Gegenrichtung auf die lange Stützmauer hinter der Bahnhofsausfahrt von Gletsch Richtung Oberwald. Das Licht stand natürlich noch auf der anderen Seite, aber für den späten Nachmittag war das mal vorgemerkt. In Gletsch kommt der Weg unweit des Bahnhofes wieder an der Straße heraus und bietet zuvor noch einen Blick über die Straße zum Bahnhof.


Am Mittag noch recht gegenlichtig ist der Blick vom Wanderweg Richtung Bahnhof Gletsch. Der Dieselzug ist bereits für die Rückfahrt nach Oberwald bereitgestellt.


Und der “Standard-Blick” in den Bahnhof Gletsch. Das ehemalige Hotel Dépendance oder auch Blaues Haus, wird nun endlich saniert, verunstaltet dadurch derzeit allerdings ein wenig die Bahnhofsansicht. Fast identisch und ohne Baustelle, hatte ich das Bild auch schon 2016 mit dem “Swiss Alps Classic Express” gemacht, der damals im Sommer eine Runde auf der alten Strecke des Glacier über die Furka-Bergstrecke fuhr. Die Mitteleinstiegwagen trugen damals allerdings noch die weiß/rote MGB-Lackierung und gezogen wurde der Zug von der Schwesterlok HGm 4/4 62.

Jetzt musste dann aber doch dringend ein Plan für den weiteren Nachmittag her. Ich ließ wieder das Wetter entscheiden: Vom Goms her drückte doch vermehrt die Wolkensuppe heran und die Strecke liegt dort für den nächsten Bergfahrer, den Dampfzug 154 mit Abfahrt um 13:50 ab Oberwald, auch nirgends so richtig im Licht. Einzig kurz vor dem Bahnhof Mutbach Belvedere dreht die Strecke auch für Nachmittagszüge Richtung Realp nochmal kurz ins Licht – wenn es denn Licht gäbe. Wenn nicht, wäre es trotzdem eine schöne Wanderung dort hinauf, immer mit Blick auf die vom Rhonegletscher zurückgelassene Felswand. Frei nach Pearsy Weasly hieße es dann jetzt aber “nicht bummeln Gryffindors”, denn schon in rund 1 1/2 Stunden wäre der Dampfzug oben vor dem Scheiteltunnel. Die spätnachmittägliche Kreuzung zwischen dem Dieselzug nach Realp und dem Dampfzug nach Oberwald, könnte ich dann von meinem eben entdeckten Ausblick vom Wanderweg oberhalb der Straße zwischen Gletsch und dem Kehrtunnel machen. Großer Vorteil: Hier könnte ich durch die Kurve gleich beide Züge fast in optimalem Licht verhaften.
Erstmal ging es nun aber hinauf nach Mutbach. Schon kurz hinter Gletsch trennt sich mein Wanderweg von jenem, welcher im Tal weiter zum ehemaligen Fuße des inzwischen weit zurückgezogenen Rhonegletscher führt. Für mich geht es stattdessen in den Hang. Meist zwischen dichtem Buschwerk geht es über die Bahnstrecke und anschließend zwischen Bahn und Furkapassstrasse immer weiter hinauf. Immerhin nochmal rund 350 Meter geht es bis zu meinem avisierten Fotostandpunkt auf rund 3,3 Kilometern bergauf. Von der gar nicht mal fernen Straße, ist aber fast nichts zu bemerken, stattdessen ist das Rauschen der Rhone zu hören und immer wieder bieten sich grandiose Blicke auf das einst vom Rhonegletscher platt gewalzte Felsmassiv. Langsam kommen sich Straße, Bahnstrecke und Wanderpfad immer näher, bis sie sich schließlich treffen und kurz darauf die Straße an einer großen Serpentine Richtung Gegenhang wechselt und der Wanderpfad unterhalb der Strecke weiter hinauf nach Mutbach führt. Recht unauffällig dreht die Strecke dabei ein ganzes Stück Richtung Südost, bevor sie erst an der Bahnhofseinfahrt wieder in Westrichtung abdreht. Auf dieses Stück kurz vor dem Bahnhof, an dem die Strecke maximal nach Südost zeigt, hatte ich es abgesehen und stieg querfeldein in den Hang, über die Bahnstrecke und noch ein kleines Stück weiter bergauf. Zwischen den vielen Rinnsalen hieß es mal wieder trockene Füße zu bewahren, aber heute ging es gut aus. Dank straffen Bergschrittes, blieben mir nun sogar noch einige Minuten, Brötchen, Joghurt und Kaffee zu verspeisen, bevor sich der Dampfzug 154 aus Oberwald doch erstaunlich leise anschlich.


Nur ein Stück vor Mutbach Belvedere dreht die Strecke auf dieser Seite des Scheiteltunnels für ein kurzes Stück so weit Richtung Südost, dass auch der Zug 154 aus Oberwald um halb drei hier noch gut im Licht ist. Bei Hochlicht und der schwarzen HG 3/4 9 musste natürlich trotzdem ein wenig nachgeholfen werden, aber der Aufstieg für das eine Bild hatte sich auf jeden Fall gelohnt, zumal auch die Sonne hier oben noch mitspielte.

Super! Die Sonne hatte mitgespielt und die Stelle hatte sich wie von mir erhofft präsentiert. Da hatte sich die mit Hin- und Rückweg rund zweistündige Wanderung doch selbst für das eine Bild gelohnt. Runter ging es dann irgendwie mal wieder deutlich schneller 😀 Hin und wieder blieb aber Zeit, den Blick über das grandiose Panorama Richtung Rhonegletscher schweifen zu lassen.


Vom Wanderweg bieten sich immer wieder grandiose Ausblicke auf das Felsmassiv, das einst vom Rhonegletscher gewalzt wurde. Früher ließ sich der Gletscher noch mit den Zügen der damaligen Furka-Oberalp-Bahn verewigen und gab dem Glacier Express seinen Namen, floss er doch zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch fast bis nach Gletsch hinunter. Heute zeigt sich von der Bahnstrecke und aus Gletsch nur noch der Fels, den der Gletscher zurückgelassen hat. Aktuell endet die Gletscherzunge ungefähr oberhalb des von hier zu sehenden Felshangs.


Wo heute die Rhone zu Tal rauscht, lag vor einhundert Jahren noch ein viele Meter dicker Eispanzer. Das vom Gletscher zurückgelassene Geröll, hat sich entlang des Flusses inzwischen dichte Vegetation aus Buschwerk zurückgeholt. Kaum zu bergreifen, das während der Eiszeit praktisch das gesamte Tal vom Gletscher ausgefüllt war und nur einige Bergspitzen aus dem doch nicht ganz so ewigen Eis herausragten.


Schon ist Gletsch wieder erreicht. Zu Beginn der Eisenbahngeschichte ragte bis hier kurz vor den Ort die Gletscherzunge. Gletsch war im Grunde nie viel mehr als ein Hoteldorf an der Verzweigung von Furka- und Grimselpass und bot eine unvergleichliche Nähe zum einst volumenmäßig größten Gletscher der Alpen.

Nachdem ein Wohnmobil am Brunnen in Gletsch eine Ewigkeit seine Wassertanks füllte, gab ich es auf und beschloss, die Reserven würden für den Tal-Lauf noch ausreichen. Schließlich wollte ich die beiden um kurz nach vier in Gletsch kreuzenden Züge unterhalb von Gletsch kurz vor dem oberen Portal des Kehrtunnels abpassen. Der Versuch wirkte dann aber schon beim Warten im Vorhinein recht aussichtslos: Genau über meinen beiden Motiven speiste sich eine scheinbar endlose wurstförmige Wolke beständig aus sich selbst. Nur wenige Sekunden schien mal die Sonne, dann schwappte die Wurstwolke wieder über die schmale Klamm und verdunkelte die Szenerie. Da ich nun heute aber schon an zwei Top-Motiven großes Glück gehabt hatte, war ich für die durchaus wechselnde Bewölkung gar nicht mal schlecht weggekommen. So nahm ich es dann recht gelassen hin, als beide Züge wie erwartet im völligen Nicht-Licht durchgingen. Abgedrückt wurde natürlich trotzdem und um die Motive nicht vorzuenthalten, gibt’s für potenzielle Nachahmer natürlich auch diese geliefert. Warum es zudem weniger schmerzte hier: Man kann in Gletsch völlig problemlos parken und in zehn Minuten hier herüberlaufen. So kann man diese Doppelmotiv auch irgendwann mal mitnehmen, wenn man grad in der Gegend ist. Wäre etwas anderes, müsste man sich die Stelle stundenlang erwandern…


Zuerst kommt der Dieselzug 258 aus Oberwald und fährt nach kurzer Pause in Gletsch weiter nach Realp. Die Wurstwolke brachte Photoshop bei dieser Aufnahme weit über die Schmerzgrenze hinweg, aber die Flucht in eine anderes Motiv wäre eh nicht mehr möglich gewesen.


Zwar ein Trockenbild, dafür aber wenigstens mit ein bisschen Sonne. Während der Durchfahrt der nach Oberwald fahrenden, blauen Garnitur als Zug 157, hatte sich die Wurstwolke wieder über die gesamte Szenerie gelegt. Der Zug würde hier zwar sicher einen Rückstau auf der Straße produzieren, aber wenn die weißen Frittenbuden zu sehr stören, könnte man sich wohl auch noch wenige Meter den Hang hinabseilen.

Nun war das Tagesprogramm im Grunde durch. Nur die eben nach Oberwald gefahrene HG 3/4 1 würde noch ohne ihren Zug wieder hinauf nach Gletsch fahren, um im dortigen Schuppen die Nacht zu verbringen. Für mich hieß es damit nur noch den restlichen Wanderweg zum Auto vor Oberwald hinab zu laufen. Das ging dann bergab wieder mal deutlich zügiger als am Vormittag bergauf. Die verwegene Idee, die HG 3/4 1 noch auf der Brücke über die Passstraße hinter der ersten Serpentine aufzunehmen, scheiterte trotz Laufschritt ebenso deutlich um einige Minuten, wie schon heute Morgen der Dieselzug. Als ich gerade auf einer kleinen Holzbrücke den Fluss überquerte, schnaufte die Lok schon durch den Wald ihrem Nachtlager entgegen. Egal, Sonne war eh nicht mehr und der Laufschritt entsprach so oder so meinem normalen Bergab-Tempo.

Das Auto stand noch unbehelligt auf seinem Schotterplatz an der Serpentine. Heute ging es dann aber ohne Halt durch‘s Goms hinab nach Visp. Dafür nahm ich in Visp dann die lange Ortsdurchfahrt, um die großzügige Auswahl des örtlichen Riesen-Coop für den Einkauf eines umfangreichen Abendessens zu nutzen. Hier schien jetzt im Gegensatz zu heute früh auch die Sonne, dafür war es nach den Wanderungen auf 2000 Meter Höhe in den letzten Tagen, hier am Talgrund wirklich unerträglich schwülwarm. Also schnell weiter und hinauf auf die rund 1600 Meter meiner Unterkunft in Gasenried. Dort klang der Tag dann bei einer ausgedehnten Mahlzeit und angenehm frischer Luft auf dem Balkon über dem Mattertal aus. Die Bewölkung zog sich immer weiter zurück und gab den Blick auf die vom Mond beschienenen Berggipfel frei. Das konnte ja vielleicht was werden morgen mit dem Gornergrat. Auch die Wetterprognosen waren weiterhin maximal optimistisch, sodass der Wecker auf eine nicht urlaubstaugliche Zeit gestellt wurde, um Morgen mit dem Early Bird der Gornergratbahn in Richtung der 4000er zu starten.

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