Komischer Titel? Schon ein wenig. Aber mit Görlitz konnte im Oktober 2021 die letzten “digitale Lücke” in der “Straßenbahn-Deutschland-Sammlung” geschlossen werden. Mein bislang einziger Besuch war mit 2006 schon 15 Jahre her – höchste Zeit also, dies zu ändern und auch Görlitz zu digitalisieren.
Am Wochenende über den Tag der deutschen Einheit wollte ich noch einmal eine kleine Tour unternehmen. Als Ziele in Deutschland stehen bei mir Görlitz und Cottbus schon länger ganz weit oben auf der Prio-Liste. Ließe sich ja beides auch ganz gut in einem Rutsch abfrühstücken, wäre da nicht das leidige Thema des 30-Minuten-Taktes am Wochenende in Cottbus. Da machte das Ganze nur so mäßig Spaß, insbesondere an kurzen Herbsttagen. In Görlitz wiederum stellte dies gar kein Problem dar, wird doch an Samstagen, wie unter der Woche auf beiden Linien im 20-Minuten-Takt gefahren. Lediglich die Doppeltraktionen würden dann wohl nicht laufen, was an manch einem Motiv aber eher von Vorteil sein dürfte. Auch in Anbetracht der “bunten” KT4D-Flotte in Görlitz sehen die Traktionen auch nicht so richtig doll aus…
Auch wenn es über’s Wochenende nun nicht möglich wäre Cottbus mitzunehmen, so zwang das Wetter doch nachdrücklich in diese Ecke Deutschlands: Einzig hier im äußersten Osten waren den Prognosen zwei Tage Sonnenschein zu entlocken. Für den Sonntag würde ich eben ein Alternativprogramm fingen. Die Wahl fiel schließlich wortwörtlich recht naheliegend auf einen Tag an der Zittauer Schmalspurbahn.
Nach rund 3 1/2 Stunden erreichte ich die östlichste Stadt Deutschlands gegen 9 Uhr am Samstagmorgen. Einen genaueren Plan gab es erstmal nicht. Die Erinnerungen an den Besuch 2006 waren doch schon recht verschwommen und die damaligen Analogbilder von erschreckend weit unten aufgenommen. Die Digitalisierung auf heutiger Normalfotohöhe kam also auch einem kompletten Neuerkunden des kleinen Betriebes gleich. Das kleine Netz wird heute von den Linien 1 und 2 bedient. Die beiden einzelnen Äste im Norden von den Endschleifen NeißePark und Am Wiesengrund sind mit zwei, beziehungsweise einer Haltestelle eher kurz. Ab der Haltestelle Alexander-Bolze-Hof bedienen die beiden Linien dann eine weite Strecke gemeinsam, durch die Innenstadt bis zum Bahnhof. Am Südausgang des Bahnhofes teilen sich die beiden Linien anschließend auf die längeren Äste nach Weinhübel und Biesnitz/Landeskrone auf. Die Linien 1 NeißePark – Weinhübel und 2 Am Wiesengrund – Biesnitz/Landeskrone überlagern sich dabei auf dem gemeinsamen Abschnitt zu einem 10-Minuten-Takt. Ein Blick auf die alten Aufnahmen zeigt, dass damals die heutige Linie 1 noch als Linie 3 bezeichnet wurde. Die Änderung fand zum 1. Januar 2019 statt. Die Liniennummer 1 war bereits seit der Einstellung der Strecke zur Vierchowstraße im Jahr 2004 nicht mehr besetzt.
Gefahren wird inzwischen in Deutschland mit Seltenheitswert noch immer zu 100% hochflurig, in Gestalt von äußerlich nur recht moderat modernisierten KT4D-C.
Im Folgenden nun mein Streifzug durch Görlitz am Samstag den 2. Oktober 2021. Das Auto fand am P+R Hohe Straße einen Stellplatz und fortan ging es für 3,40€ mit der Tram oder zu Fuß entlang der Strecke.
Gleich zu Beginn kam einer der zwei an diesem Tag eingesetzten KT4D-C in den neuen Hausfarben. KT4D-C 2310 verlässt die Haltestelle “Heiliges Grab” Richtung Weinhübel.
KT4D-C 2308 biegt vor dem Theater in die zentrale Haltestelle Demianiplatz ein.
Am südlichen Ende der Fußgängerzone erreicht KT4D-C 2313 den Bahnhofsvorplatz.
Zunächst fuhr ich die Linie 1 nach Weinhübel hinaus und lief von dort zurück zum Bahnhof. Unterwegs entstand am eingleisigen Abschnitt zwischen Erich-Weinert-Straße und Weinhübel Mitte die Aufnahme von KT4D-C 2310.
Erneut KT4D-C 2310, diesmal auf der Zittauer Straße kurz vor der Haltestelle Tierpark.
Kurz zuvor passierte zwischen Bahnhof Südausgang und Tierpark KT4D-C 2313 die Kathedrale St. Jakobus und biegt auf die Zittauer Straße Richtung Weinhübel ein.
Am Bahnhof Südausgang, hier rechts neben KT4D-C 2308, treffen sich die beiden Südäste der Linien 1 und 2.
Der inzwischen generalsanierte Postplatz zeigt eine beachtlich bunte Pflanzenansammlung, was das “Standardmotiv” auf dem Platz allerdings ein wenig erschwert. Hier überquert KT4D-C 2311 den Postplatz als Linie 2.
Während auf der Linie 1 zwei der drei Kurse in den neuen Hausfarben unterwegs war, zeigte die Linie 2 eine bunte Mischung verschiedener Vollwerbungen mit Überbleibseln der ehemaligen Lackierung. KT4D-C vor der Kulisse des Dicken Turm zwischen Demianiplatz und Postplatz Richtung Biesnitz/Landeskrone.
Der eigentliche Demianiplatz befindet sich an den Obermarkt angrenzend rund um Theater und Kulturhistorisches Museum. Letzteres ragt hier am linken Bildrand noch in die Aufnahme von KT4D-C 2313.
Nun war zunächst das andere Ende der 1 zum NeißePark an der Reihe. KT4D-C 2313 bei der Schleifenfahrt am NeißePark.
An der Haltestelle Alexander-Bolze-Hof im Hintergrund treffen die Linien 1 und 2 im Norden der Stadt aufeinander. Nach links geht es zum NeißePark, nach rechts zur Schleife am Wiesengrund. In Gegenrichtung geht es mit KT4D-C 2310 durch den Park am Neuen Friedhof Richtung Innenstadt.
Schauen wir noch kurz Richtung Endschleife Am Wiesengrund. Die ausladende, teilweise zweigleisige Schleifenanlage befindet sich rechts hinter der Kurve und umrundet einen Industriekomplex. Idyllischer geht es derweil auf dem Weg zur Haltestelle Alexander-Bolze-Hof mit KT4D-C 2305 zu.
Mit der nächsten 1 ging es zurück in die Innenstadt, von wo aus ich mir dann die Linie 2 nach Biesnitz/Landeskrone vornahm. Zwischen Postplatz und Bahnhof hält KT4D-C 2311 an der Haltestelle Hospitalstraße in der Fußgängerzone.
Der nächste Kurs mit KT4D-C 2305 wurde hinter der Gabelung der beiden Linien zwischen Bahnhof Südausgang und Lutherstraße in der prächtigen Kunnerwitzer Straße abgepasst.
Wenige Meter weiter wird der Sechsstädteplatz überquert. KT4D-C 2308 durchfährt das dichte Grün des Platzes Richtung Biesnitz/Landeskrone.
Ab dem Sechsstädteplatz folgt die Strecke eingleisig mehr oder weniger geradeaus bis zur Endstation zunächst der Biesnitzer, später der Promenadenstraße. Hinter der Ausweiche Büchtemannstraße fährt KT4D-C 2311 die Steigung Richtung Biesnitz hinauf.
Wenig später rollt KT4D-C 2311 bereits wieder hinab Richtung Innenstadt, hier unweit der Haltestelle Grundstraße.
Kurz vor dem Wendedreieck Biesnitz/Landeskrone erklimmt KT4D-C 2305 die kleine Steigung entlang der Allee.
Schnell wird durch das Wendedreieck gedreht und wenig später steht der KT4D-C 2305 bereits seine Pause an der Endstation Biesnitz/Landeskrone ab.
Zurück in der Innenstadt kommt an der Haltestelle Postplatz KT4D-C 2311 entgegen.
Der Postplatz selbst ist nun am späten Nachmittag schön im Licht für Bahnen Richtung Bahnhof. Auf der Linie 1 passiert KT4D-C 2310 die ausladenden Cafétische.
Vor beeindruckender Kulisse umkurvt KT4D-C 2314 den Postplatz. Damit wäre auch auf der Linie 1 der dritte Kurs einmal bildlich festgehalten. Der Takt wurde nun gegen halb fünf bereits auf ein 30-Minuten-Intervall ausgedünnt.
Neben dem Theater und dem Reichenbacher Turm strahlt der Demianiplatz durchaus auch noch etwas morbiden Charme aus – inzwischen eine echte Seltenheit in der mustergültig restaurierten Altstadt in Görlitz. KT4D-C 2308 erreicht den Demianiplatz Richtung Biesnitz.
Einen letzten Sonnenspot witterte ich noch Richtung Norden zwischen den Haltestellen Am Friedhof und Hohe Straße und tatsächlich passte KT4D-C 2310 noch soeben in die Lücke.
Nach einem Bummel durch die Innenstadt Richtung Neiße und einem Besuch des Kartoffelhauses, standen zum Abschluss noch einige Aufnahmen in der Dämmerung an. So lässt sich an der Haltestelle Demianiplatz mit KT4D-C 2310 auch das weithin bekannte Görlitzer Warenhaus in Szene setzten.
Auch der Demianiplatz selbst lässt sich nun in Gegenrichtung mit dem Reichenbacher Turm am linken Bildrand und KT4D-C 2305 auf einer der letzten Fahrten der Linie 2 an diesem Tag festhalten. Bis in die späten Abendstunden fährt anschließend nurmehr die Linie 1, welche dann im Norden abwechselnd die beiden Endschleifen anfährt.
Zum Abschluss noch einmal der Blick in Gegenrichtung mit dem Kulturhistorischen Museum und KT4D-C 2310 Richtung Weinhübel.
Damit endete der eintägige Besuch in Görlitz. Trotz des kleinen Netzes war der eine sonnige Oktobertag nicht ansatzweise ausreichend, um alle Motive die mir unterwegs auffielen umzusetzen. Insbesondere der Innenstadtabschnitt bietet städtebaulich tolle Ansichten, obwohl die Straßenbahn die weithin bekannte Historische Altstadt nur am Rande streift. Demgegenüber bieten die Strecken Richtung Norden typischen “Plattenbaucharme” den ich heute gar nicht richtig in Szene setzten konnte. Dafür konnte insbesondere der ländliche Abschnitt nach Biesnitz in schönstem Herbstlicht festgehalten werden. Insgesamt war die Mission “Digitalisierung Görlitz” also durchaus geglückt. Für mehr ist so ein Oktobertag eben einfach zu kurz. So bleibt noch genügend zu tun bei einem nächsten Besuch in Görlitz, diesmal hoffentlich ohne 15 Jahre Pause…