Seit inzwischen über einem halben Jahr beschränkt sich der Betrieb auf den Meterspurgleisen im Harz auf den ÖPNV Nordhausen-Ilfeld und zwei tägliche Triebwagenleistungen zwischen Wernigerode und Schierke. Zumindest letzteres motivierte mich dann nach Monaten doch mal wieder zu einem Besuch im Harz, ist die Triebwagenleistung zwischen Drei Annen Hohne und Schierke doch zumindest in dieser Form etwas Besonderes.
Seit vielen Wochen habe ich nun schon keine aktuellen Bilder mehr gezeigt. Mit dem Abschluss der Blackpool-Serie und dem Zwischenstopp der Harzreise, drohte dann in dieser Woche zunächst eine Sendepause auf diesem Kanal. Aktuelle Ausflüge sind derzeit aufgrund von Corona und wechselhaftem Wetter einfach Mangelware, von Reisen ganz zu schweigen. Größere thematische Artikel sind derzeit nicht in der Pipeline. Stattdessen steht alles in den Startlöchern, um endlich die Reisesaison eröffnen zu können. Bis die Reisefreiheit wieder einigermaßen hergestellt ist, dürfte es aber wohl noch einige Wochen dauern…
Neben den immer mal nebenher entstehenden Braunschweig-Aufnahmen ist es derzeit daher etwas ruhiger um die Fotografie. Ein aktuelles Thema für den heutigen Artikel fiel mir dann aber doch noch ein: Der Corona-Triebwagen im Harz.
Seit nunmehr über einem halben Jahr stehen die Räder auf den Harzer Schmalspurgleisen mehr oder weniger still. Einzige Ausnahme bildet der Nahverkehr zwischen Nordhausen und Ilfeld, der weiterhin nach weitgehend regulärem Fahrplan verkehrt. Zu einer Fahrt über den Harz, nur um den gewöhnlichen Nahverkehr festzuhalten, welcher dort auch sonst täglich läuft, motiviert das nicht gerade. Zum Glück gibt es da noch eine kleine Kuriosität auf der anderen Seite des Harzes: Zwischen Wernigerode und Schierke verkehrt als einzige weitere Leistung zweimal täglich ein Triebwagen. Der Hintergrund dieser etwas unsinnig wirkenden Fahrten ist bislang nicht an die Öffentlichkeit gelangt. Jedenfalls sind diese Fahrten dann doch etwas Besonderes, verkehrt doch zwischen Drei Annen Hohne und Schierke ansonsten nie ein Triebwagenkurs. Zugegeben, wirklich vom Hocker haut diese Besonderheit nun wahrscheinlich niemanden und auch ich konnte mich erst im April dazu durchringen, für dieses Ereignis in den Harz zu fahren. Andererseits sind diese planmäßigen Triebwagenfahrten nach Schierke eben doch im Zusammenhang mit der Zeitgeschichte etwas Einmaliges. So ging es Anfang April und rund einen Monat später noch einmal in den Harz, sodass mittlerweile ein recht umfangreicher Bilderbogen zusammengekommen ist.
7. April 2021
Nach einem halben Jahr Pause ging es am Mittwoch den 7. April erstmals in diesen Jahr zur Harzer Schmalspurbahn. Die Wetteraussichten waren positiv ausgedrückt mäßig, aber Besuch vom Bodensee (natürlich coronakonform) und die durchaus realistische Chance auf einige Sonnenminuten im Vorharz, ließen uns spontan Richtung Harz aufbrechen. Wenigstens einmal sollten die ungewöhnlichen Triebwagenfahrten dokumentiert werden und die Waldsituation rund um die Strecke wollte ich nebenher auch noch in Augenschein nehmen.
Um 10:25 Uhr startet der Triebwagen am Vormittag in Wernigerode, um rund eine Stunde später Schierke zu erreichen. Nach einer Stunde Pause geht es wieder zurück nach Wernigerode, wo sich nach erneut fast 1 1/2 Stunden Pause das Spiel am Nachmittag mit Abfahrt 14:55 Uhr noch einmal wiederholt.
Wir erwarteten den Triebwagen wenige Minuten nach Abfahrt im Bahnhof Westerntor. Im Einsatz stand heute der Halberstädter 187 019-5.
Ohne Fahrgäste erreicht 187 019-5 um 10:28 Uhr den Bahnhof Wernigerode Westerntor mit dem ungewöhnlichen Ziel Schierke.
Der Kahlschlag entlang der Strecke hat inzwischen enorme Ausmaße angenommen. Insbesondere ab Drei Annen, wo seit einigen Jahren schon die großen Foto-Hotspots bestehen, geht der Baumbestand entlang der Gleise inzwischen gegen Null. Um die neuen Freiflächen zu dokumentieren, stellten wir uns als nächstes zwischen Drei Annen und dem Bahnhof Drei Annen Hohne auf.
Nach einer halben Stunde Fahrzeit hat der leere Triebwagen die Gerade zwischen Drei Annen und dem Bahnhof Drei Annen Hohne erreicht. Ab dem BÜ 47,8 im Hintergrund, verläuft die Strecke inzwischen Richtung Drei Annen Hohne auf weitgehend freier Fläche.
Die ersten beiden Aufnahmen mit Sonne und blauem Himmel waren schon zwei mehr, als wir uns erhofft hatten. Allerdings täuschten die Aufnahmen doch sehr über die Wettersituation hinweg. Nur über dem Vorharz blieb bis zum Nachmittag wiedermal ein stationärer blauer Streifen. Ansonsten hingen dicke Wolken herum und brachten steifen Wind mit Schneeregenschauern oberhalb von Drei Annen Hohne. Dennoch wollten wir die ungewöhnliche Triebwagensituation in Schierke wenigstens einmal dokumentieren. In Drei Annen Hohne musste dieses Vorhaben dann aber erstmal warten, kam doch unvermittelt ein allein fahrendes Harzkamel von der Querbahn oder der Brockenstrecke. Ein tiefes tröten ließ aufhorchen und wies eindeutig auf das Wüstentier hin. Wir fuhren der Kanne dann nochmal in die Sonne voraus nach Hasserode, wo die geplante Aufnahme wieder perfekt mit Sonne klappte. Da hatte sich der Ausflug völlig unerwartet nun schon nach einer Stunde mehr als gelohnt.
Die fahrplanmäßigen Triebwagenfahrten gehen normalerweise von hier in Drei Annen Hohne weiter nach Benneckenstein und Eisfelder Talmühle. Seit 2020 gibt es auch Pendelfahrten Wernigerode-Drei Annen Hohne. Nach Schierke sind die Triebwagenfahrten allerdings eine absolute Besonderheit und nur “dank” Corona im Einsatz.
Von der Querbahn fuhr unvermittelt das Harzkamel 199 874-9 in Drei Annen Hohne ein.
Nach einer halben Stunde durchfährt die Betriebsfahrt den Bahnhof Wernigerode Hasserode.
Wir ließen das Harzkamel anschließend ziehen und es sollte sich den restlichen Tag auch nicht mehr zeigen. Stattdessen ging es nun hinauf nach Schierke, wo dank der einstündigen Pause noch immer genügend Zeit blieb, sich dem Triebwagen zu widmen. Der einst mitten im Wald gelegene Bahnhof Schierke liegt seit einigen Monaten weitgehend frei auf einer schier unendlichen Lichtung. Oberhalb des Bahnhofes hat es die mächtige Feuersteinklippe – Namenspatron des fragwürdigen Kräuterlikörs – vollkommen freigelegt. Für die Abfahrt Richtung Wernigerode postierten wir uns hinter der Ausfahrt. Der Blick schweift hier nun völlig frei nach Südwesten hinüber zum Wurmberg und Achtermann.
Anschließend fuhren wir dem Triebwagen noch zur Steinernen Renne voraus, wo natürlich noch immer die Sonne schien. Den restlichen Tag überließen wir den Triebwagen dann sich selbst, begutachteten ein wenig die Stille entlang der Betriebsanlagen und schossen noch ein paar Bilder an der Regelspurpiste.
187 019-5 wartet im Bahnhof Schierke auf die wenigen Fahrgäste des Tages. Die Gesamtzahl ließ sich an diesem Tag wohl an ein bis zwei Händen abzählen.
Pünktlich um 12:24 Uhr verlässt der Triebwagen Schierke in Richtung Wernigerode. Vor wenigen Jahren lag die Strecke bis Drei Annen Hohne nahezu vollständig im Wald. Seite einigen Monaten sind auch die letzten größeren Baumbestände entlang der Strecke gefallen und die Fahrgäste haben für einige Jahre einen freien Blick darauf, wie sich die Natur nach Jahrzehnten der Monokultur, die Flächen zurückerobert.
Unten scheint noch immer die Sonne und 187 019-5 rollt von der Steinernen Renne nach Hasserode.
In Wernigerode wurde bei unserer Ankunft 187 017-9 über die Drehscheibe gefahren. Zusammen mit 187 011-2 besteht auch auf dieser Seite des Harzes eine großzügige Reserve…
Nur das Bahnsteiggleis ist noch blank. Daneben stehen zahlreiche, zum Teil frisch revidierte Personenwagen abgestellt und warten auf eine Zeit nach dem Lockdown.
Selbst eine Maske bringt die Züge schon seit Monaten nicht mehr zum Rollen…
Die aktuelle Tristesse wird durch die graue Betonwand des Lokschuppens und das leicht verblichene Schild greifbar.
Am Bahnhof Westerntor konnten die beiden Pufferwagen 99-01-91 und 99-01-92 vor der Kulisse des Schlosses näher begutachtet werden. Rechts hat die neue Lokwerkstatt inzwischen fast finale Formen angenommen.
9. Mai 2021
Am 9. Mai lockte dann endlich mal frühlingshaftes, dem Kalenderstand gerecht werdendes Wetter in den Harz. Ich verband den Härtetest des neuen Zweirades mit einer Besichtigung der Gesamtstrecke Wernigerode-Brocken, um mir nebenher ein detailliertes Bild der neuen Motive zu machen, um für den Fall der regulären Betriebsaufnahmen schon einmal vorbereitet zu sein. Der Triebwagenpendel wurde dabei natürlich auch noch verwurschtelt, versprach das Wetter doch heute auch für Schierke strahlenden Sonnenschein.
Erster Halt hinter Wernigerode war die ehemalige Verladestelle Thumkulental kurz vor der großen Kehre in selbigem.
Die Kehre selbst ist inzwischen recht freigeholzt und bergfahrende Züge sollten sich dort am Nachmittag durchaus umsetzten lassen. Aber auch hinter der Kehre ergibt sich dieser freie Blick kurz vor dem Thumkuhlentunnel. Noch ein paar Bäume weniger und die Strecke wird aus dieser Perspektive auch auf der aneren Talseite sichtbar. Die Abfahrt des Triebwagens war dann aber doch noch zu lange hin um hier zu warten.
Stattdessen erlegte ich den vormittäglichen Triebwagen ein erstes Mal am BÜ 47,8 zwischen Drei Annen und Drei Annen Hohne. Erneut ist 187 019-5 im Einsatz.
Lustigerweise hat auch der Triebwagen in Drei Annen Hohne die obligatorische Pause zum Wassernehmen von über zehn Minuten. So blieb genügend Zeit für eine weitere Aufnahme im Bahnhof mit dem ungewöhnlichen Ziel in der Anzeige, die nur bei langen Verschlusszeiten gut lesbar ist.
Die “Wasserpause” genügte, um noch ein kleines Stück auf dem Bahnparallelweg voraus Richtung Schierke zu fahren, bis zu einer der wenigen Kurve, die hier am Vormittag für Bergfahrer gut im Licht ist.
Da der Bahnparallelweg zwischen Drei Annen Hohne und Schierke nicht durchgeht, erreichte ich den Bahnhof Schierke schließlich auf Umwegen mit einigen verlorenen Höhenmetern. Dort wartete 187 019-5 bereits an Gleis 1 auf die Rückfahrt. Mit etwas Weitwinkel lässt sich hier nun die Feuersteinklippe mit ins Bild bringen. Im Gegensatz zu Tender vorausfahrenden Dampfloks mit ewig langen Zügen, ist der Triebwagen für diese Aufnahme genau die richtige Besetzung. Im Normalfahrplan dürfte sich diese Aufnahme daher kaum vernünftig umsetzten lassen, da auch die Leistungen des Harzkamels der vergangenen Jahre meist am Nachmittag waren.
Einige hundert Meter Richtung Drei Annen Hohne lässt sich nun der gut sichtbare Wurmberg jenseits der ehemaligen Grenze mit der HSB ablichten. Vor wenigen Jahren an diesem Streckenabschnitt völlig undenkbar. 187 019-5 ist auf dem Rückweg nach Wernigerode. In Fahrtrichtung rechts erblicken die Fahrgäste außerhalb des Bildes neben dem Wurmberg auch die charakteristische Felsklippe des Achtermann. Alle graubraunen Flächen waren bis vor wenigen Monaten und Jahren noch mit dichten Fichtenkulturen bedeckt.
Für mich ging es anschließend noch hinauf auf den Brocken. Die geplante Aufnahme der Nachmittagsleistung verhagelte mir leider eine hereinziehende Siffschicht.
Über Himmelfahrt und Pfingsten ist nun zumindest wieder ein Wagenzug mit Harzkamel auf dem Triebwagenumlauf im Einsatz. Vielleicht ergeben sich auch davon noch einige Aufnahmen. Ansonsten stampfen beim nächsten Besuch im Harz dann hoffentlich wieder Dampfzüge Richtung Brocken und durch die verbliebenen Wälder entlang der Harzquerbahn und im Selketal. Die aktuelle Entwicklung gibt zumindest Anlass zu ein wenig Optimismus…