Seit Ende August 2020 drehen in der Hauptstadt Sachsen-Anhalts, neben den wenigen verbliebenen T6A2, acht ehemalige KT4D aus Berlin von Montag bis Freitag ihre Runden. Nachdem die Tatra-Fahrzeuge aus der Tschechischen Fahrzeugschmiede CKD offiziell schon Anfang 2013 aus dem Planbetrieb verabschiedet wurden, sind nun sogar wieder rund fünf hochflurige Kurse an der Elbe im Einsatz.
Nach der Lieferung der letzten Serie von elf NGT8D sollten in Magdeburg ursprünglich die letzten verbliebenen Tatra-Züge ersetzt werden. Um die Kapazität der wesentlich fassungsstärkeren T4D- und T6A2-Großzüge ersetzten zu können, wurden bereits 2009 elf B6A2M aus Berlin übernommen und nach und nach hinter den NGT8D der älteren Serien in Betrieb genommen. Die Fahrzeugkalkulation war allerdings von vorne herein zu knapp bemessen und so war die offizielle Verabschiedung der letzten Tatras im Jahr 2013 reichlich verfrüht. Zwar wurden die verbliebenen T4DM und B4DM tatsächlich endgültig ausgemustert, für den vollständigen Ersatz der T6A2 und B6A2 reichten die neu beschafften Fahrzeuge allerdings nicht aus. So kamen seither meist auf den Linien 2 und 10 weiterhin von Montag bis Freitag bis zu drei Tatra-Kurse zum Einsatz. Zur Verfügung standen dazu die vier T6A2M 1280 bis 1283 und die zwei B6A2M 2144 und 2147, aus denen in der Regel zwei Hängerzüge und eine Doppeltraktion gebildet wurden. Diese Einsätze habe ich mir im Sommer 2017 genauer angesehen: Deutschlands letzte T6 in Magdeburg. Je nach Verfügbarkeit und verändertem Bedarf durch Baustellenverkehre, kam es hin und wieder auch zum Einsatz eines Großzuges.
Mit der Inbetriebnahme der Unterführung zwischen dem Hauptbahnhof und Damaschkeplatz/Olvenstedter Straße und der damit zusammenhängenden Liniennetzreform, lief die Straßenbahn trotz des Einsatzes der letzten T6A2 absehbar auf einen akuten Fahrzeugengpass zu. Zunächst als eine dieser wilden Meldungen abgestempelt, die gern mal durchs Netz geistern, bestätigte sich im Frühjahr 2020 dann überraschend schnell, das die MVB acht der in Berlin überschüssigen, aber durchaus auch anderswo auf Interesse stoßenden KT4D übernehmen würde.
Auch alles weitere lief dann überraschend geschmeidig ab. Die KT4D wurden in Magdeburg in den neuen Hausfarben lackiert, die Bordsysteme soweit nötig an die Magdeburger Verhältnisse angepasst und pünktlich mit der Netzumstellung zum 27. August 2020 standen die ersten vier Fahrzeuge zur Verfügung. Die 1980 und 1984 gebauten und 1996 nach bekanntem Berliner Muster umfangreich modernisierten KT4D, erhielten in Magdeburg in Nummern 1286 bis 1293 und kommen bislang ausschließlich als Doppeltraktionen zum Einsatz.
Zusammen mit den T6-Zügen kommen die KT4D hauptsächlich auf den am Klinikum Olvenstedt verknüpften Linien 3 und 5 mit mindestens 40 Minuten Abstand zum Einsatz, sodass zwischen zwei Hochflurkursen immer mindestens ein Niederflurfahrzeug eingesetzt wird. Zusätzlich wird ein Kurs der Linie 2 mit einem Hochflurfahrzeug bedient, derzeit meist einem KT4D-Doppel. Auch auf die Linie 10 verirrt sich weiterhin meist ein T6-Kurs, welcher allerdings nicht im Fahrplan gekennzeichnet ist. Gemeinsam mit den elf für die NGT8D adaptierten B6A2M, kommt Magdeburg so inzwischen wieder auf eine beachtliche Anzahl von 25 Fahrzeugen aus tschechischer Produktion für den Linienverkehr. Abgesehen von den adaptierten Berliner B6A2M, konnte ich bei zwei Besuchen in jüngster Vergangenheit alle Fahrzeuge auf Linie erwischen.
Freitag, 11. September 2020
Mit dieser spannenden Entwicklung im Fahrzeugpark, stand Magdeburg natürlich ab September wieder auf der Besuchsliste. Ein erster Anlauf wurde am Nachmittag des 11. September gestartet. Nach frühem Freitag-Mittag-Feierabend, wurde noch ein weiterer Mitstreiter eingeladen und es ging über die A2 in einer knappen Stunde hinüber nach Magdeburg. An diesem Tag liefen insgesamt vier Hochflurkurse, darunter die zwei T6-Züge 1281+2147 und 1283+1282, sowie die zwei KT4D-Doppel 1288+1289 und 1292+1293. Ein wenig war aber an diesem Nachmittag der Wurm drin: Anstatt dass die gekennzeichneten Kurse der 3/5 und 2 mit den Hochflurern liefen, kam auf der Linie 2 gar kein Hochlurfahrzeug zum Einsatz und stattdessen ein durch die fehlende Kennzeichnung unerwarteter Kurs auf der Linie 10. An passender Stelle kam dann meist auch noch ein T6 anstatt eines KT4D oder das Motiv wurde im entscheidenden Moment zugefahren. Ein paar Aufnahmen entstanden aber dennoch, hauptsächlich rund um den Hasselbachplatz und ich sollte zumindest beim folgenden Besuch im Novmeber deutlich besser auf die Situation vorbereitet sein…
Das KT4D-Doppel aus 1288 und 1289 hat vom Klinikum Olvenstedt kommend, soeben die Haltestelle Albert-Vater-Straße als Linie 3 verlassen.
Am Hasselbachplatz ist inzwischen wieder eine erstaunliche Tatra-Präsenz zu beobachten: Neben den ausgewiesenen Hochflurkursen der Linien 2, 3 und 5, kommt auch der häufig eingesetzte T6 auf der Linie 10 über den “Hassel”. Zusätzlich verkehren hier mit den Linien 2, 9 und 10 auch drei Linien, auf denen die Berliner B6A2M hinter den NGT8D zum Einsatz kommen. Ein solches Gespann überquert am frühen Nachmittag als Linie 9 nach Reform den Hasselbachplatz.
An diesem Nachmittag schien es vor Tatra-Fotografen in Magdeburg nur so zu wimmeln. Hotspot war natürlich dank der vielen Linien und der zahlreichen Motive der Hasselbachplatz. So wurde auch der etwas überraschend auf der Linie 10 eingesetzte T6-Beiwagenzug aus 1281 und 2147 von mindestens vier Kameras festgehalten. Ein Gruß an dieser Stelle an alle zufällig getroffenen Hobbykollegen 😉
Das zweite an diesem Tag eingesetzte T6-Gespann bestand aus der Doppeltraktion 1283+1282 und kam regulär auf einem Hochflurumlauf der Linien 3/5 zum Einsatz. Hier ist die Traktion als Linie 5 zum Klinikum Olvenstedt unterwegs.
Rund eine Stunde später kommt der Kurs vom Klinikum Olvenstedt als Linie 3 zurück Richtung Leipziger Chaussee und konnte unweit der Haltestelle Haeckelstraße/Museum neben dem Kulturhistorischen Museum aufgenommen werden. Wiedermal erwarteten wir an diesem Tag den Zug nicht als einzige im Motiv.
Anschließend klappte es auch endlich mal wieder mit einem KT4D-Doppel. Diesmal mit dem zweiten an diesem Tag auf der 3/5 eingesetzten Zug aus 1292 und 1293 bei der Einfahrt vom Breiten Weg in den Bahnsteig C am Hasselbachplatz als Linie 5.
Ein kleiner Spurt an der Haltestelle vorüber ermöglichte noch eine weitere Aufnahme des Zuges beim Fahrgastwechsel am Hasselbachplatz.
40 Minuten später folgte dann wiederum das zweite KT4D-Doppel aus 1288 und 1289. Mitte September reicht das Licht am Hasselbachplatz sogar noch aus, um am späten Nachmittag die Spitzen des Doms mit ins Bild zu bekommen.
Der führende KT4D-Kurs aus 1292 und 1293 war dann schon wieder als Linie 3 zur Leipziger Chaussee zu erwarten. Wir passten den Kurs an der klassisch ohne Ampelsicherung im Straßenplenum liegenden Haltestelle Halberstädter Straße/Leipziger Straße neben dem Landgericht Magdeburg ab.
Auf der Rückfahrt von der Leipziger Chaussee knickt die Linie auf der Wiener Straße für ein kurzes Stück Richtung Westen ab und drehte so an der Haltestelle Hertzstraße passend ins Licht für eine weitere Aufnahme von KT4D 1292 und 1293.
Auch Mitte September sind die beiden parallelen Innenstadtachsen über den Breiten Weg und die Otto-von-Guericke-Straße dann gegen 17 Uhr doch schon vollständig verschattet. So blieb nur noch der Versuch auf der anderen Seite der Innenstadt, wo sich am Opernhaus noch ein kurzer Spot für die in den Breiten Weg einbiegenden T6A2 1283 und 1282 auftat. Wenn das Motiv auch arg kompromissbehaftet ist, wollte ich die Aufnahme schon wegen des netten Grußes des Chauffeurs zeigen, der trotz der vielen Fotografen an der Strecke an diesem Nachmittag seinen Spaß daran nicht verloren zu haben schien.
Beim Versuch, das KT4D-Doppel 1292+1293 im letzten Abendlicht auf der Jerusalembrücke abzulichten, ging ich mit meiner Perspektive volles Risiko. Belohnt wurde ich nicht – während in kurzen Abstand zwei NGT8D ohne Autoschaden klappte, wurde der Tatrakurs gleich von mehreren zugefahren. Ein weiterer Besuch war aber aufgrund der geringen KT4D-Ausbeute ohnehin angedacht.
Freitag, 13. November 2020
Nachdem der goldene Oktober weitgehend ausgefallen war, startete ich einen zweiten Anlauf dann erst zwei Monate später am Freitag den 13. November. Trotz des “kritischen” Datums und der nun schon extrem tief stehenden Sonne, die im Stadtbereich kaum mehr als fünf/sechs Fotostunden bei Licht zulässt, gelang an diesem Tag Einiges besser. Sehr erfreulich war schonmal, dass die an diesem Freitag eingesetzten fünf Hochflurzüge den Auslauf vom September so vervollständigten, dass ich in diesem Jahr nun alle Fahrzeuge aufnehmen konnte. Zum Einsatz kamen auf den Linien 3/5 die KT4D 1286+1287 und 1288+1289 und der T6-Zug aus T6A2 1280 und B6A2 2144. Auf der Linie 2 lief das KT4D-Doppel 1290+1291 und auf der Linie 10 ein weiterer T6-Hängerzug aus 1281 und 2147.
Als sehr hilfreich bei den kurzen Tagen im November, erwies sich dabei erneut der parallele Verlauf der beiden Achsen Breiter Weg und Otto-von-Guericke-Straße. In beide Straßen scheint zwischen 10 und 14 Uhr von Süden die tief stehende Wintersonne hinein und wandert in dieser Zeit von der östlichen zur westlichen Straßenseite, sodass sogar von beiden Seiten Ansichten möglich sind. Durch die Fahrt aller vier potenziellen Tatra-Linien durch diese Straßen, lässt es sich immer schnell zwischen beiden Achsen hin und her wechseln. Größere Leerlaufzeiten können so bei den wenigen Sonnenstunden vermieden werden.
Ich stellte also am Morgen das Auto am Olvenstedter Platz ab und lief zunächst noch zum Gleisdreieck zwischen Albert-Vater-Straße und Olvenstedter Platz, wo sich die beiden vom Klinikum Olvenstedt kommenden Linien 3 und 5 trennen.
Als Linie 3 passieren am Morgen des 13. November die KT4D 1288 und 1289 vom Klinikum Olvenstedt Richtung Leipziger Chaussee den Abzweig zwischen Albert-Vater-Straße und Olvenstedter Platz.
In Gegenrichtung hatte ich schon den T6-Zug aus T6A2 1280 und B6A2 2144 als Linie 3 gesehen. Dieser müsste dann gleich als Linie 5 vom Klinikum zurückkommen und konnte hinter dem Abzweig zwischen Albert-Vater-Straße und Harsdorfer Straße aufgenommen werden.
Die 40 Minuten bis zum nächsten Hochflurer auf der 3 reichten locker aus, um am Bahnhof vorbei bis zur Otto-von-Guericke-Straße zu laufen. Der vierte Hochflurkurs hätte mir in der Zwischenzeit entgegenkommen müssen. Da dies nicht der Fall war, wusste ich nun bereits, dass auf der 3/5 nur drei hochflurige Kurse liefen. Kurz bevor das KT4D-Doppel aus 1286+1287 in die Otto-von-Guericke-Straße Richtung Hasselbachplatz einbiegt, zeigt es sich noch einmal perfekt im Licht von der Türseite.
Um den gekennzeichneten Kurs auf der Linie 2 abzufangen, ging es anschließend hinüber zum Breiten Weg. Leider war es allerdings noch rund eine halbe Stunde zu früh für die ersten richtigen Sonnenspots. Zwischen den Haltestellen Am Katharinenturm und Alter Markt fand ich dann aber doch ein kurzes Sonnenfeld entlang der herbstlichen Allee für die KT4D 1290 und 1291 Richtung Westerhüsen. Kurz darauf begegnete mir in Gegenrichtung unerwartet ein weiterer T6-Zug, der als Linie 10 zum Barleber See, oder vielleicht auch nur nach Rothensee unterwegs war. Den galt es dann im Laufe des Tages auch nochmal abzupassen.
Im Gegensatz zum September, sind die Sonnenfenster am beeindruckenden Häuserensemble rund um den Hasselbachplatz im November nur noch an sehr wenigen Stellen zu finden und von kurzer Dauer. Eine Möglichkeit bietet sich um halb zwölf auf der Otto-von-Guericke-Straße kurz der Einfahrt in den Bahnsteig A am Hasselbachplatz. Dort erwartete ich den T6-Zug 1280+2144 nun auf der Linie 3 zur Leipziger Chaussee.
Auf dem Breiten Weg standen nun auf der 5 wieder die beiden KT4D-Doppel im Abstand von 40 Minuten an. Den ersten Zug aus KT4D 1288 und 1289 erwartete ich zwischen Leiterstraße und Domplatz am ansehnlichen Ensemble vom Postamt, der Kathedrale Sankt Sebastian und dem Justizzentrum.
Zwischen den beiden Zügen auf der 5, wäre auch schon wieder der Umlauf auf der 2 an der Reihe und sollte zwischen Alter Markt und Leiterstraße abgelichtet werden. Der Autoverkehr zwang dann aber zu einer kompromissbehafteten Auslösung. Da gefiel die Aufnahme mit NGT8D 1301 und B6A2M 2204 deutlich besser und zumindest ein Tatra-Anhängsel ist ja auch hier zu sehen…
Stattdessen gibts auf den 2er Umlauf mit KT4D 1290 und 1291 den leichten Teleblick in Richtung der in Gegenrichtung liegenden Haltestelle Goldschmiedebrücke.
Das Postamt sollte dann auch mit dem zweiten 5er Umlauf Richtung Klinikum Olvenstedt aus KT4D 1286 und 1287 nochmal in Szene gesetzt werden.
20 Minuten später kommt vom Klinikum Olvenstedt schon das erste Doppel auf der Otto-von-Guericke-Straße zurück in Richtung Leipziger Chaussee. Ein geschicktes Wechseln zwischen den beiden Achsen lässt also einen fast lückenlosen Tatra-Genuss zu 😉 KT4D 1288 und 1289 passieren hinter der Haltestelle Verkehrsbetriebe den Sitz selbiger im Hintergrund und die Bildungsakademie.
Für den zweiten 3er KT4D-Kurs war dann dieses Motiv neben dem Schauspielhaus angedacht, erlitt allerdings den einzigen Wolkenschaden des Tages. Ich wollte schon unverrichteter Dinge zum Breiten Weg hinüberwechseln um dort die beiden Tatras auf der 2 und 5 abzufangen, als plötzlich der 10er Umlauf angefahren kam, dessen genaue Planlage ich noch immer nicht kannte. Schnell zurückgelaufen und bei Durchfahrt von T6A2 1281 und B6A2 2147 am Schauspielhaus nach Sudenburg passte dann alles.
Kaum zwanzig Minuten später kam auf dem Breiten Weg auch schon der T6er Umlauf aus 1280+2144 auf der 5 durch. Der Sonnenstand genau in der Achse animierte dabei zu einem Teleschuss in Richtung der Haltestelle Domplatz den Breiten Weg hinunter.
Trotz der fast zwei Stunden Umlauf auf der Linie 2, klappte auch der dortige KT4D Kurs mit 1290 und 1291 um kurz nach zwei am Hundertwasserhaus noch ein drittes Mal. Da zeigt sich mal, wie lange man entlang des Breiten Weg auch bei winterlichen Sonnenständen fotografieren kann.
Nun stand tatsächlich die erste große Tatralücke des Tages an, da gerade mehr oder weniger alle fünf Kurse nach Süden verdampft waren und anschließend erstmal im Gegenlicht nach Norden zurückmussten. Die Sonne wäre bis zur nächsten Durchfahrt aber längst verschwunden. So genehmigte ich mir an der Curry-Bude am Hassel noch wie gewohnt die beste Pommes der Stadt, beobachtete dabei eine Weile das wie immer quirlige Treiben in diesem Viertel und ließ zwei Tatra-Kurse gen Norden an mir vorbeirumpeln. Anschließend trottete ich mehr als zufrieden mit der Tagesausbeute zurück zum Olvenstedter Platz und schwang mich auf die A2 zurück in die Löwenstadt.