In den nun anstehenden vier Tagen am Erzgebirgsrand steht zunächst Chemnitz auf dem Plan. Auf der Tagesordnung stehen neben den vier Regional-Stadtbahnlinien auch die neuen und alten Tschechen bei der Straßenbahn.
Pfingstmontag, 1. Juni 2020: Abendbilder bei Stollberg
Der Weg von Freital zu meinem Quartier in den Ausläufern des Erzgebirges südlich von Chemnitz, führte mich am Abend zwangsläufig durch Stollberg. Der Himmel war noch immer wolkenlos und schönstes Abendlicht beschien die Felder rund um Stollberg. Was lag also näher, als noch kurz an die Strecke der Überlandlinie C11 zu fahren?
Die C11 wurde als Pionierprojekt der CityBahn Chemnitz bereits 2002 in Betrieb genommen. Die Strecke zweigt im Süden von Chemnitz an der Schleife Altchemnitz aus der Straßenbahn aus und verläuft fortan als Eisenbahn nach EBO über Harthau, Jahnsdorf, Pfaffenhain und Niederdorf nach Stollberg. Werktags verkehren vom Chemnitz Hauptbahnhof durch die Innenstadt und weiter nach Stollberg im Halbstundentakt die für den EBO-Betrieb zugelassenen Variobahnen 411-416 der City Bahn Chemnitz GmbH, die auch für den Betrieb der drei neuen Regional-Stadtbahnlinien C13-C15 zuständig ist. Die alte Eisenbahnstrecke nach Stollberg wurde zur Inbetriebnahme der C11 (damals noch 522) aufwendig mit neuen Niederflurbahnsteigen und zahlreichen neuen Haltepunkten ausgebaut und mit 750V Gleichstrom elektrifiziert. Bei den Variobahnen handelt es sich daher um Einsystemfahrzeuge, welche sowohl im Stadtnetz, als auch auf der EBO-Strecke unter Gleichspannung fahren.
Zwischen Stollberg, Niederdorf und Pfaffenhain bieten sich den ganzen Tag über diverse Motive in den Feldern am Rande des Erzgebirges. Unmittelbar hinter dem Haltepunkt Niederdorf lief ich gleich mal zu einem Bahnübergang. So richtig überzeugend war das Motiv zwar noch nicht, aber Zeit zum Wechsel blieb ohnehin nicht mehr. Für die Rückfahrt verschob ich mich dann noch mal einige hundert Meter in Richtung Pfaffenhain. Hier bot das weite, fast verblühte Rapsfeld einen freien Blick auf die im Abendlicht liegende Strecke.
Variobahn 413 erreicht in Kürze den Haltepunkt Niederdorf in Richtung Stollberg.
Wenig später kehrt 413 aus Stollberg zurück und konnte zwischen Niederdorf und Paffenhain im Streiflicht aufgenommen werden.
Und zum Tagesabschluss als Nachschuss perfekt ausgeleuchtet im schönsten Abendlicht.
Aufgrund des Feiertages wurde heute nur ein Stundentakt gefahren. Ich nahm daher die letzten 12 Kilometer zur Ferienwohnung unter die Räder und beschloss, hier gleich morgen früh anzuknüpfen. Der überaus freundliche Empfang in der kleinen aber feinen Ferienwohnung rundete den gelungenen Tag mit einem späten Stück Kuchen und Kaffee ab, bevor ein noch späteres Abendessen aufgesetzt wurde. Noch ein letzter Blick in die Karte für einen groben Schlachtplan des morgigen Tages und schon neigte sich der Tag unaufhaltsam dem Ende entgegen.
Dienstag, 2. Juni 2020: Regional-Stadtbahnen und alte und neue Tschechen in und um Chemnitz
Die Überschrift ist für heute Programm. Jedenfalls waren dies die Ziele für den heutigen Besuch in Chemnitz. Einen genauen Plan hatte ich aber noch nicht, als ich nach dem Frühstück Richtung Stollberg aufbrach. Dort wurde das Auto für den Tag geparkt und fortan ging es auf zwei Rädern weiter.
Zunächst wollte ich mich an der C11 entlang nach Chemnitz hangeln. Für das Hochlicht standen dort dann die neuen Skodas auf dem Programm und nebenbei könnte ich auch nach den letzten Tatra-Zügen Ausschau halten. Am Nachmittag wollte ich dann noch zwei markante Motive der ChemnitzBahn nördlich der Stadt ansteuern, die ich mir während der vormittäglichen Wartepausen an der C11 herausgesucht hatte. Die neuen Citylink von Vossloh und Stadler, welche die drei neuen Linien der ChemnitzBahn genannten Regional-Stadtbahn bedienen, hatte ich bislang nur 2017 auf der Durchreise kurz in der Bahnhofsschleife aufgenommen. Das durfte also schon noch etwas mehr sein und auch mal ein Bild auf einer der Dieselpisten.
In Stollberg begann ich also den fotografischen Tag und hangelte mich die nächsten zwei Stunden im Morgenlicht die Strecke Richtung Chemnitz voran.
In Stollberg endet die C11 an zwei eigenen Bahnsteigen mit passender Höhe im Bahnhof mit Anschluss an die Regionalbahn nach Glauchau. Gerade verlässt vom Mittelfurbahnsteig der RegioShuttle 511 der City Bahn Chemnitz den Bahnhof in Richtung Glauchau. Am Niederflurbahnsteig wartet derweil Variobahn 413 auf die Abfahrtszeit.
Wie schon gestern fand sich zwischen Niederdorf und Pfaffenhain eine passende Stelle. Variobahn 412 ist auf dem Weg nach Chemnitz.
Auch der nächste Kurs wurde in diesem Abschnitt abgelichtet, diesmal mit Variobahn 414.
Von der Kreuzung in Pfaffenhain kam wenig später Variobahn 416 Richtung Stollberg.
Durch den Halbstundentakt kam ich irgendwie nicht wirklich schnell Richtung Chemnitz, zu viele Motive boten sich in diesem Abschnitt der Strecke. Wollte ich allerdings heute noch in Chemnitz ankommen, sollte ich allmählich doch Kilometer machen. So ging es erstmal ohne weiteren Halt bis Adorf weiter und anschließend gab es noch zwei Aufnahmen vor Neukirchen. Anschließend kürzte ich den restlichen Weg der C11 bis Altchemnitz ab und fuhr stattdessen durch den Harthwald wunderbar durchs Grüne in die Stadt hinein. Dort traf ich am Depot wieder auf die Straßenbahn samt C11 und folgte der Annaberger Straße in die Innenstadt.
Variobahn 413 am Haltepunkt Adorf
Die Gegenbahn in Gestalt von Variobahn 416 zwischen Adorf und Neukirchen an einem kleinen Bahnübergang. Die sechs EBO-Variobahnen werden derzeit modernisiert, äußerlich zu erkennen an den neuen schwarzen Türen mit nun rechteckigen Scheiben.
Zum Abschluss der Überlandstrecke gab es ein Bild in Neukirchen unweit der Schlossanlage von Variobahn 412.
Quer durch den Harthwald erreichte ich die Straßenbahn von Chemnitz auf der Annaberger Straße. An der Haltestelle Erdmannsdorfer Straße kam schon wieder eine C11 mit Variobahn 416. Hier verkehren nun auch die Straßenbahnlinien 5 und 6.
Den gesamten Abschnitt der Annaberger Straße entlang der Chemnitz zog sich eine Großbaustelle, sodass erst wieder hinter der Haltestelle Gustav-Freytag-Straße Aufnahmen möglich waren. Dort fuhr mir der Skoda ForCity Classic 911 vor die Linse. 14 dieser Fahrzeuge wurden seit 2018 beschafft. Inzwischen sind alle Wagen ausgeliefert und die Mehrzahl befindet sich nach langer Inbetriebnahme nun im Linieneinsatz.
Neben den sechs im Jahr 2001 für die EBO-Strecke beschafften Variobahnen 411-416, wurden für das Stadtnetz ebenfalls 24 Variobahnen beschafft. Die Wagen 601 bis 614 sind Einrichtungswagen und verfügen im Gegensatz zu den Zweirichtern auf der Türseite über sechs anstelle von nur vier Doppeltüren. Die zehn Zweirichter für das Stadtnetz erhielten die Nummern 901-910. An der Haltestelle Moritzhof konnte der Einrichter 612 aufgenommen werden.
Nach wie vor keine echte Schönheit ist die Chemnitzer Innenstadt. Von der Zentralhaltestelle fährt der Zweirichter 901 auf der Linie 3 zur neuen Strecke zum Technopark.
Am roten Turm kam dann vom Hauptbahnhof die Variobahn 412 Richtung Stollberg. Schön zu erkennen sind hier die elendig langen Doppelhaltestellen, die an allen von den Linien C13-C15 bedienten Haltestellen im Straßenbahnbereich errichtet wurden.
Hinter der Haltestelle Roter Turm nochmals eine der neuen Skoda-Bahnen in Gestalt von ForCity 911.
An der Zentralhaltestelle hatte ich einige Minuten gestanden um einen Überblick über die eingesetzten Fahrzeuge zu bekommen. Dabei waren mir zumindest noch zwei Tatra-Züge aufgefallen. Während ich beim Ersten die Liniennummer nicht erkennen konnte, fuhr die zweite Traktion auf der Linie 1/2 von Schönau über Brückenstraße nach Bernsdorf. Zuletzt war der Zug in Richtung Bernsdorf unterwegs. Also wurde ein kleiner Mittagsimbiss gekauft und ich fuhr ein Stück die Strecke nach Schönau entlang, auf der mir der Tatra-Zug dann folgen müsste. An der Haltestelle Kappler Drehe fand ich ein passendes Motiv samt schattigem Platz zum Warten und verdrückte nach schon wieder rund 30 Kilometern Fahrt ein saftiges Sandwich. Schon der übernächste Kurs Richtung Schönau war dann die T3D-M Traktion aus 515 und 516.
T3D-M 515 und 516 erreichen die Haltestelle Kappler Drehe in Richtung Schönau. Die seltsamen amerikanischen Wassertürme sind Repliken und werden als Apartments vermietet. Sicher gut geheizt bei der mittlerweile gut brutzelnden Mittagssonne…
Von der Strecke nach Schönau zweigt zwischen den Haltestellen Am Feldschlösschen und der Endschleife Schönau die Guerickestraße ab, in der ich durch Zufall Überbleibsel des einstigen Schmalspursystems entdeckte.
Der Umlauf der 1/2 war nun einmal rum und weitere Tatras waren hier nicht im Einsatz. Also nahm ich den selben Zug nochmal an der Bahnhofstraße zwischen Zentralhaltestelle und Falkeplatz auf.
Und ein letztes Mal an der Haltestelle Annenstraße Richtung Bernsdorf.
Nun wollte ich mich den neuen Regional-Stadtbahnen der Linien C13-C15 widmen, die mir im Stadtnetz bereits einige Male vor die Linse gefahren waren. Die 12 Zweikraftfahrzeuge vom Typ CityLink sind für den Einsatz unter BOStrab und EBO zugelassen. Im Straßenbahnbereich verkehren die Fahrzeuge unter 750V Gleichstrom. Für das nicht elektrifizierte Eisenbahnnetz im Norden von Chemnitz verfügen die Fahrzeuge zusätzlich über zwei Dieselmotoren, welche den Strom für die Fahrmotoren liefern. Besonderes Merkmal sind die verschiedenen Einstiegshöhen der Fahrzeuge. Für Mittelflurbahnsteige verfügen die Wagen über zwei rote Türen mit einer Einstiegshöhe von 600mm. Die zwei weißen Türen haben eine Einstiegshöhe von 435mm für Niederflurbahnsteige. Für die Niederflurbahnsteige der Straßenbahn mit 290mm Höhe passen diese Türen wiederum auch nicht, sodass im gesamten, von den Regional-Stadtbahnen bedienten Straßenbahnnetz, Doppelhaltestellen mit je 240mm und 380mm Bahnsteighöhe errichtet wurden. Auf diese Weise stehen an allen Haltepunkten wenigstens zwei barrierefreie Einstiege zur Verfügung.
Vom Technopark kommend erreicht CityLink 435 die Haltestelle Theater und wird anschließend in die große zweigleisige Blockumfahrung am Hauptbahnhof einfahren. Anders als die Straßenbahnen, wird der Wagen dort allerdings nicht durch die Blockumfahrung wenden, sondern am neuen Nahverkehrsterminal im Hauptbahnhof auf das Eisenbahnnetz mit dem Ziel Mittweida übergehen.
Zwei Motive hatte ich mir im Laufe des Vormittages herausgesucht, welche am Nachmittag schön ins Licht rücken sollten. Als erstes steuerte ich die Zschoppau-Brücke an der C15 zwischen Niederwiesa und Braunsdorf im Nordosten von Chemnitz an. Vom Hauptbahnhof führte mich die Route dabei rund 10 Kilometer wunderbar durch die besseren Viertel der Stadt und das grüne, hügelige Umland von Chemnitz. In Braunsdorf angekommen, hatte ich auf der Autobrücke stehend noch gut 20 Minuten auf die C15 Zeit, welche im nahen Niederwiesa kreuzt. Ich verzog mich also lieber in den kühlen Schatten des Waldes und trat erst kurz vor Durchfahrt der C15 ins grelle Sonnenlicht.
Von der parallelen Autobrücke bietet sich am Ortsrand von Braunsdorf am Nachmittag ein wunderbare Blick auf die Bahnbrücke über die Zschoppau. CityLink 439 überquert im dieselelektrischen Betrieb die Brücke Richtung Niederwiesa.
An die Brücke schließt sich Richtung Braunsdorf ein langes flaches Viadukt an, das die Zschoppau-Auen überbrückt und die Strecke auf die Höhe des Haltepunktes im Ort bringt. Nach der Kreuzung in Niederwiesa folgt der Gegenzug mit CityLink 442.
Nun musste in Niederwiesa erstmal ein Bäcker als dringende Stärkung für den letzten Tagesordnungspunkt herhalten: Als zweites Motiv hatte ich mir das auch bei Eisenbahnfotografen nicht unbekannte Bahrebachmühlenviadukt bei Wittgensdorf im Nordwesten von Chemnitz herausgesucht. Ursprünglich wurde der 225m lange und 27m hohe Viadukt zur Überbrückung des Bahrebachs errichtet. Später wurde durch die gemauerten Brückenbögen die Autobahn 4 hindurch gebaut. Für den Ausbau der A4 auf drei Spuren zur Jahrtausendwende, waren die Brückenbögen allerdings zu schmal, sodass ein einzigartiger Umbau vollzogen wurde: Drei der mittigen Pfeiler wurden im unteren Bereich entfernt und durch eine tragende Durchfahrt für die jeweils drei Richtungsfahrbahnen der Autobahn ersetzt, sodass das Viadukt heute seinerseits auf einer Brücke steht.
Rund 15 Kilometer um den Norden der Stadt herum, erreichte ich gegen Abend den Bahrebachmühlenviadukt, der heute über die sechsspurige A4 führt. Nach einer Viertelstunde kam ein unerkannt gebliebener CityLink auf der C13 nach Burgstädt über den Viadukt. Ein fotogener Stau aufgrund eines Liegenbleibers, hatte sich im Laufe der Wartezweit leider aufgelöst. Das hätte ein schönes Symbolbild abgegeben…
Spätestens beim Anblick der nahenden dunklen Wolkenfront beschloss ich nun um kurz nach 18 Uhr schnellstmöglich den Rückzug anzutreten. Im Westen um Chemnitz herum ging es getrieben von den Gewitterwolken nun die gut 25 Kilometer zurück. Durch Zufall kam ich dabei kurz vor Stollberg auf der anderen Seite des Rapsfeldes zwischen Niederdorf und Paffenhain heraus, an dem ich bereits gestern und heute Morgen zahlreiche Aufnahmen geschossen hatte. Zugegeben hätte sich hier nun eine lange Wagenschlange deutlich besser gemacht als die kurzen Variobahnen, die knallrote Farbe hob das Fahrzeug dennoch wunderbar vor der bereits bedrohlich nahen, dunklen Wolkenkulisse und dem fast verblühten Rapsfeld ab.
Eine Variobahn der C11 zwischen Niederdorf und Pfaffenhain kurz vor dem Weltuntergang.
Jetzt aber nichts wie weg hier – mit einer letzten Kraftanstrengung erreichte ich vor dem großen Weltuntergang Stollberg, wo sich der heutige, 100km große Kreis schloss. Schnell das Rad verladen und zurück zur Ferienwohnung, an der das große Gewitter in 12 Kilometer Entfernung schlussendlich vorbeizog.
Für morgen ist noch einmal reichlich Sonnenschein angesagt, bevor das Wetter umschlagen und deutlich wechselhafter werden soll. Für einen Besuch in Zwickau werden die prognostizierten acht Sonnenstunden aber allemal genügen…