Vom höchsten Punkt der Rhodopenbahn in Avramovo, geht es nun kontinuierlich hinab. In Cherna Mesta erreicht die Strecke den gleichnamigen Fluss, welcher wenig später mit dem Bela Mesta zusammenfließt und fortan den Nestos im gleichnamigen Tal bildet. Nach 86 Kilometern wird schließlich der planmäßige Kreuzungsbahnhof Yakoruda erreicht.
Zur groben Übersicht zunächst wie gewohnt die Gesamtstrecke der Rhodopenbahn im Überblick.
Streckenverlauf zwischen Avramovo und Yakoruda
Avramovo markiert nicht nur den höchsten Punkt der Rhodopenbahn, sondern auch den Übergang von den Rhodopen zum Rila-Gebirge. Fortan thronen bei klarem Blick über den sanften, bewaldeten Bergen, wie wir sie schon aus den Rhodopen kennen, stets die bis zu 2900 Meter hohen, schneebedeckten Gipfel des Rila-Gebirges. Das Rila-Gebirge ist damit das höchste Gebirge der Balkanhalbinsel und gleichzeitig auch das Ziel der Rhodopenbahn, die mit Razlog und Banzko die beiden wichtigsten bulgarischen Wintersportorte am Rande des Hochgebirges ansteuert. Bis dorthin sind allerdings von Avramovo aus, noch fast 50 Kilometer zurückzulegen, auf denen die Strecke rund 500 Meter an Höhe abbaut. Die Zahlen lassen bereits vermuten, dass diese Rampe weit weniger Steil ist und so benötigt die Strecke lediglich hinab nach Cherna Mesta noch einmal zwei Kehrschleifen samt Tunnel und Brücke, um den Grund des Nestostals zu erreichen. Fortan folgt die Strecke in weit weniger spektakulärer Streckenführung dem kontinuierlich abfallenden Nestostal und erreicht mit Yakoruda einen der größeren Orte entlang der Strecke, in welchem drei der vier täglichen Zugkreuzungen auf dem westlichen Abschnitt der Strecke stattfinden. Immer wieder bieten sich entlang dieses Streckenabschnitts Motive, sobald sich das dichte Gestrüpp rund um die Bahntrasse etwas lichtet.
Eines der bekanntesten Motive dürfte wohl die große Kurve von Cherna Mesta, mit der dahinter liegenden Moschee sein. Die in dieser Region ansässigen Pomaken, bilden eine muslimische Minderheit in diesem Teil Bulgariens und bewohnten ursprünglich die zahlreichen kleinen Bergdörfer, auch entlang der Rhodopenbahn. In den vergangenen Jahrzehnten hat die Urbanisierung allerdings auch hier unübersehbare Spuren hinterlassen, sodass teilweise ganze Dörfer nur noch von einer handvoll Menschen bewohnt werden. Dennoch ist die islamische Prägung schon aus der Ferne durch die in den Orten emporragenden Minarette erkennbar. War der Straßenverkehr auf der anderen Seite des Passes noch von dichtem Individual- und Schwerlastverkehr geprägt, begegnen einem hier nun zahlreiche Fuhrwerke der ärmlichen Landbevölkerung.
Zwischen Avramovo und Cherna Mesta kommt die Strecke nur am unbedeutenden Haltepunkt Smolevo kurz zum Vorschein. Die Lichtsituation aus grellweißen Wolken über dunklem Nadelwald, verleitete mich hier zu einer seltenen schwarz-weiß Umsetzung. 77 009-9 erreicht am Nachmittag des 16. Mai 2019 den stets von einem Stationshund in Beschlag genommenen Haltepunkt. Bei Einfahrt des Zuges trollte sich der Hund aber leider vom Bahnsteig.
Die beiden Kehrschleifen zwischen Smolevo und Cherna Mesta liegen wiedermal in dichtem Wald. Lediglich die Brücke unterhalb der oberen Kehrschleife lässt sich fotografisch umsetzen. Kurz nach Mittag zieht 75 008 am 16. Mai ihren Zug Richtung Avramovo.
Das herrliche Licht der abendlichen Zugverfolgung am 18. Mai, konnten wir nun schon in Velingrad-yug und Avramovo genießen. Ein letztes Bild dieser Fahrt entstand gegen halb acht kurz vor der großen Kurve von Cherna Mesta, neben der Moschee des kleinen Ortes. Der Bergschatten erreichte bereits meine Füße und ab der Kurve verschwand auch der Zug mit 75 008 für die restliche Fahrt im Dunkeln.
Am 16. Mai hat 75 008 soeben den Bahnhof von Cherna Mesta verlassen und rollt in die Kurve neben dem Ort in Richtung Velingrad. Wiedermal wurde das eigene Gefährt ungeschickt im Bild abgestellt 😉
In entgegengesetzter Richtung verlässt am 19. Mai 77 009-9 den Bahnhof Cherna Mesta Richtung Dobrinishte. Diese Komposition wird uns von nun an noch häufiger begegnen, war sie doch die einzige, die ich bis ganz zum Ende der Strecke in Dobrinishte begleitete.
Eher bedingt ließ sich die Stelle am Übergang eines Sandweges zwischen Cherna Mesta und Yakoruda umsetzen. Der Fahrer des vorüberziehenden Pferdekarrens, war dafür umso begeisterter von meinem Treiben und grüßte freundlich nach der Durchfahrt von 77 002-4.
Kurzzeitiger Weltuntergang herrschte wettertechnisch am 16. Mai bei der nachmittäglichen Kreuzung der beiden Nachbauloks 77 009-9 und 77 002-4 im Bahnhof Yakoruda.
Wenig später zieht 77 009-9 mit ihrer weiß-roten Garnitur aus dem Bahnhof Richtung Dobrinishte.
Deutlich freundlicher war das Wetter dagegen bei der mittäglichen Kreuzung am 17. Mai. Gerade rollt 77 002-4 aus Dobrinishte kommend in den Bahnhof.
Wenig später wartet der Zug neben 75 006 auf die Abfahrtszeit. Yakoruda ist einer der größeren Orte entlang des westlichen Streckenabschnittes und so steigen hier in der Regel zahlreiche Fahrgäste ein und aus.
Die Güterrampe wird auch in Yakoruda schon seit Jahren nicht mehr benötigt. 75 006 wartet am 19. Mai, ebenso wie zahlreiche Fahrgäste, auf den Gegenzug nach Dobrinishte.
Im Gegensatz zu manch anderen Bahnhöfen, hat der Weichenwärter in Yakoruda mit den drei täglichen Kreuzungen sogar ein wenig Beschäftigung. Neben der Weiche, muss der Wärter auch die hinter mir befindliche Schranke des Bahnübergangs heben und senken. Die Schranke ist gesenkt und die Weiche für die Ausfahrt von 75 006 am Nachmittag des 19. Mai gestellt, sodass der Zug Yakoruda Richtung Velingrad verlassen kann.
Die Zugverfolgung am Abend des 18. Mai wurde nach der Aufnahme in Cherna Mesta noch bis Yakoruda fortgesetzt, allerdings aufgrund akuter Verschattung anschließend abgebrochen. Stattdessen ging es bei schönster Abendstimmung über den Pass zurück nach Velingrad. Zuvor entstanden in Yakoruda noch zwei Aufnahmen am kanalisierten Nestos. Einmal mit Blick Richtung Rhodopen…
…und einmal mit Blick Richtung Rila-Gebirge.
Im nächsten und letzten Teil erkunden wir dann den restlichen Teil der Strecke über Belitsa, Razlog und Bansko nach Dobrinishte.