Auf 760mm durch Österreich II: Über Ybbstal und Waldviertel nach böhmisch Kanada

Weiter geht es auf 760mm durch Österreich. Für heute stand die Ybbstal Bergstrecke und anschließend die Fahrt nach Südböhmen mit einer kurzen Visite im Waldviertel auf dem Plan.

Sonntag 12.08.2018: Ybbstal Bergstrecke und Waldviertelbahn

Wie vereinbart, schlurften wir um acht die Treppe des Bauernhofes herunter zum Frühstücksraum. Was uns dort erwartete, hob die morgendlich träge Stimmung unvermittelt auf ein Niveau zwischen sprachlos und freudig überrascht. Im holzverkleideten Frühstücksraum, stand neben zwei kleinen Tischen ein Großer, mit Schinken- und Käseplatte, Marmelade, Honig, Früchtejoghurt, Cerealien, Obstteller und Fruchtsaft, so reich gedeckter Tisch, dass wir ihn für den Büffettisch hielten. Aber nein, dort standen auch zwei leere, auf uns wartende Gedecke. Schon kam die ältere Dame, die uns gestern das Zimmer gezeigt hatte, mit frischem Kaffee herein und fragte uns allen Ernstes, ob noch irgendetwas fehlen würde, wir sollten einfach Bescheid sagen. Wahnsinn, allein dieses Frühstück war den gesamten Übernachtungspreis von 20 Euronen pro Kopf wert! Die dank zahlreicher Mücken etwas schlaflose Nacht war vergessen und wir ließen uns ausgiebig Zeit zum Frühstücken, dennoch gelang es mir nicht, von Allem zu kosten…

Obwohl die Zeit langsam drängte, leißen wir uns vor der Abreise noch ein wenig Zeit für einen Plausch mit dem freundlichen Ehepaar des Hofes und mussten wie so oft erklären, was uns denn in diese Gegend verschlagen hätte.

Die 70 Kilometer Landstraße von der Unterkunft bei Steyr bis zur Ybbstal Bergstrecke waren in einer guten Stunde zurückgelegt. Für Unterhaltung sorgten während der Fahrt immer wieder Kolonnen von historischen Traktoren, glücklicherweise auf der Gegenfahrbahn. Irgendwo in der Gegen müsste heute ein großes Treffen stattfinden.

Für heute war auf dem museal erhaltenen Teil der Ybbstalbahn Dieselverkehr angekündigt. Der Dieselverkehr barg natürlich den ungemeinen Vorteil, den Zug ohne Kompromisse in beide Fahrtrichtungen ablichten zu können. Einzig der Einsatz der 2190.01 hätte uns dabei einen Strich durch die Rechnung machen können, aber als wir um kurz vor elf in Pfaffenschlag warteten, kam wie erhofft die 2093.01 mit drei Zweiachsern gefahren. Nach der ältesten Schmalspurdampflok 298.102 gestern, bekamen wie nun schon am zweiten Tag der Fahrt auch die älteste Streckendiesellok Österreichs vor die Linse. Wir begleiteten den Zug bis Lunz am See und zurück, wobei die Strecke bekanntlich nicht vor Motiven strotzt, verläuft sie doch meist ein gutes Stück oberhalb der Straße im Wald. Fußläufig wären mit größerem Zeitaufwand sicherlich noch ein, zwei schöne Stellen drin gewesen, allerdings lud der Fahrplan wie so oft nicht gerade zu Wanderungen ein…
Daher warteten wir den Zug auch auf der Rückfahrt wieder in Pfaffenschlag ab und fuhren ihm anschließend nach Kienberg-Gaming voraus.


Mit dem ersten Zug des Tages verlässt 2093.01 gegen 11:00 Pfaffenschlag.


Eher aus der Not geboren war das Bild am Haltepunkt “Gasthof zur Paula”, verdeutlicht aber schön, wie eng und unzugänglich die Strecke aus fotografischer Sicht in weiten Teilen verläuft.


Die mit Baujahr 1930 älteste Streckendiesellok Österreichs beim Umsetzen in Lunz am See.


Abfahrbereit steht 2093.01 mit ihrem kurzen Zug in Lunz am See.


In Pfaffenschlag gelangen bei der Rückfahrt gleich zwei Aufnahmen, das erste bei der Einfahrt in den Bahnhof…


…und ein weiteres bei der Ausfahrt Richtung Kienberg Gaming.


In Kienberg Gaming steht 2093.01 abfahrbereit für die zweite Runde des Tages, welche allerdings erst in gut zwei Stunden starten wird.

Über den weiteren Verlauf des Tages wurden wir uns schnell einig: Hier jetzt über zwei Stunden zu warten bis der Zug zur zweiten Runde aufbrechen würde, wobei wir nicht mal wirklich Motive auf dem Zettel hatten, erschien uns irgendwie wenig sinnvoll, zumal wir bis heute Abend auch noch nach Jindřichův Hradec kommen wollten.
Stattdessen schien es deutlich ergiebiger, auf dem Weg nach Tschechien noch zwei Stündchen an der Waldviertelbahn vorbei zu schauen, wo heute zwei Dieselzüge im Einsatz sein würden.
Wir nahmen also die rund 140 km unter die Räder, welche sich jedoch hinzogen wie Kaugummi. In Nord-Süd Richtung gibt es hier einfach keine wirklich leistungsfähige Straße – gut, wer will schon aus der österreichischen Pampa ins tschechische Nichts fahren – und so dauerte die Fahrt auch dank zahlreicher Umleitungen über kleinste Sträßchen gut zweieinhalb Stunden.
Im Waldviertel positionierten wir uns gleich mal für den sogenannten Wackelsteinexpress, welcher in der Hauptsaison jeden Mittwoch, Samstag und Sonntag mit einer 2091 den Ast nach Heidenreichstein bedient. Bei Aalfang gelang ein erstes Bild der blutorangen 2091.09 auf dem Weg nach Alt Nagelberg.


2091.09 kurz vor Aalfang auf dem Weg nach Alt Nagelberg.


Ein weiteres Bild gelang bei Langegg.


Ihrem Namen alle Ehre macht die Waldviertelbahn zwischen Langegg und Alt-Nagelberg. Eine kleine Lichtung am Bahnübergang der L66 ermöglicht die Aufnahme von 2091.09 in ihrem typischen Lebensraum 😉

In Alt-Nagelberg hat der Wacklsteinexpress Anschluss an den nachmittäglichen Kurs von Litschau nach Gmünd. Zum Einsatz kam heute die creme-rote 2095.005, von der NÖVOG als V5 eingereiht. Nicht nur die Doppelausfahrt wird in Alt-Nagelberg regelmäßig zelebriert, sondern auch die parallele Einfahrt in den Bahnhof und so wartete die 2091 am Beginn der Doppelspur geduldig auf die etwas später ankommende 2095, um Seite an Seite in den Bahnhof einzufahren. Dabei fuhr die aus Fotografensicht hintere Lok konstant eine halbe Loklänge voraus, wie man es sich nicht schöner hätte wünschen können. Da wussten die Lokführer eindeutig was sie taten!
Nach der Doppeleinfahrt begleiteten wir die 2095 noch bis Gmünd.


Paralleleinfahrt der 2095.005 und 2091.09 in Alt Nagelberg.


2095.005 verlässt Alt Nagelberg Richtung Gmünd.


In Gmünd bahnt sich der Zug den Weg zwischen den Neubaugebieten hindurch zum Bahnhof.

Nach einer kurzen Visite der doch recht befremdlich anmutenden Abstell- und Bahnhofsanlagen in Gmünd, welche eher eine im 10min Takt verkehrende S-Bahn vermuten lassen, machten wir uns auf den Weg die letzten 25 km über die Grenze nach Nová Bystřice. Als kleinen Vorgeschmack auf die nächsten zwei Tage erreichten wir gerade zur rechten Zeit die Strecke zwischen Albeř und dem Endpunkt Nová Bystřice, als T47.015 gegen 19:00 den Endpunkt ansteuerte.
Nach seiner schnellen Wende in Nová Bystřice begleiteten wir den Zug bis zu seinem und unserem Ziel: Jindřichův Hradec. Der doch Mitte August schon recht tiefe Sonnenstand zwischen 19:00 und 20:00 ermöglichte zwar nicht mehr wirklich viele Aufnahmen, allerdings eignete sich die Fahrt für ein erstes Bekanntmachen, bzw. in Erinnerung Rufen der Strecke, immerhin war mein bislang einziger Besuch im Jahr 2014 auch mehr auf der Durchreise. Bei Blažejov gelang dann noch ein letztes Bild für den Tag im allerletzten Licht, welches auch leicht in einer Siffschicht verendete.


T47.015 erreicht zwischen Albeř und Nová Bystřice gleich den Endpunkt des südlichen Streckenastes.


Einen kurzen Moment früher lag die Stelle noch im schönsten Abendlicht, allerdings ließ sich T47.015 etwas Zeit und kam kurz hinter Blažejov nur noch im letzten Sonnenschimmer durch.

Trotz der zähen Kurverei durch die österreichische Pampa, waren wir mit dem Tag sehr zufrieden und freuten uns jetzt darauf, in den nächsten zwei Tagen die abwechslungsreichen Schmalspurstrecken durch böhmisch Kanada etwas genauer kennenzulernen. In Jindřichův Hradec checkten wir einfach mal ganz dreist im ersten Hotel am zentralen Marktplatz ein. Zunächst wollte man uns zwar diverse teurere Zimmer und Suiten andrehen, irgendwann hatten wir die Rezeptionisitin, die uns partou kein einfaches Doppelzimmer geben wollte (vielleicht war auch die leichte Sprachbarriere schuld…) allerdings so weit, dass sie uns einige Zimmer im Hotel zeigte. Darunter war dann plötzlich auch ein einfaches Doppelzimmer mit Bad. Mehr wollten wir doch garnicht – vielen Dank. Trotz der zentralen Lage blieb der Preis noch leicht unter österreichischem Nivau und wir genehmigten uns nach dem Wechsel einiger Euronen in Kronen, noch eine große Pizza nebenan und ich freute mich anschließend auf die erste lange, erholsame Nacht seit drei Tagen.

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